Aktuelle Zahlen zum Engagement in Deutschland
Ehrenamtsmonitor #8-2: Wie robust ist der Zivilschutz in Deutschland?
In einer Zeit zunehmender Unsicherheit und wachsender Risiken fühlen sich viele Menschen in Deutschland weder ausreichend informiert noch vorbereitet, um sich und andere bei Naturkatastrophen, Großschadensereignissen oder Kriegen zu schützen. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Malteser. An der Umfrage vom 29. November bis 2. Dezember 2024 nahmen 2.169 Personen teil. Die Ergebnisse sind repräsentativ nach Alter (ab 18 Jahren), Geschlecht und Religion.
Das Gefühl der Unsicherheit und Bedrohung wächst
Die gesellschaftliche Gefährdung hat nach Einschätzung der 2.169 Befragten in den letzten fünf Jahren merklich zugenommen. Besonders die Bedrohung durch bewaffnete Konflikte und Kriege ist für 72 Prozent der Befragten deutlich gestiegen. Ähnlich hoch sind die Sorgen in Bezug auf den Erhalt des sozialen Zusammenhalts, den 65 Prozent als schwächer werdend ansehen. 64 Prozent schätzen die öffentliche Sicherheit problematischer ein als vor einigen Jahren.
Information über Krisen: Staatliche Stellen und Organisationen sind nachrangige Quellen
Die Mehrheit der Befragten (54%) fühlen sich über zuvor genannte Gefährdungen und deren Folgen (eher) ausreichend informiert. Für 39% ist die Informationslage nicht ausreichend. Als wichtigste Quelle für relevante Informationen dienen vor allem Nachrichten und Berichte in den Medien (69%). Soziale Medien (32%) und der Freundes- und Bekanntenkreis (30 %) sind merklich wichtiger für das Informationsverhalten als Informationen von staatlichen Stellen (20%) und von Organisationen und Verbänden oder durch Parteien und Vereine.
Viele Menschen fühlen sich auf zunehmende Krisen schlecht vorbereitet
Das Bedürfnis sich selbst schützen zu können, ist bei 38 Prozent der Befragten gestiegen. Bei 29 Prozent der Befragten trifft das auch auf das Bedürfnis anderen helfen zu können zu. Allerdings: Nur knapp ein Drittel der Befragten sieht sich darauf (eher) gut vorbereitet. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) sieht hier deutlichen Nachholbedarf. Besonders Ältere fühlen sich zwar gut informiert, sehen sich aber schlechter in der Lage, aktiv zu handeln.
Eigenvorsorge: eigentlich wichtig, aber praktisch vernachlässigt
Immerhin: Drei von vier Befragten stimmen zu, dass Eigenvorsorge notwendig ist, um sich und andere in Krisen und Katastrophen zu schützen. Allerdings bleibt die Umsetzung hinter den Erwartungen zurück. Die Hälfte der Befragten hat bisher keinerlei Vorsorge getroffen, auch wenn 27 Prozent dies in Erwägung ziehen. Erst jeder Vierte hat Vorräte an Lebensmitteln, Getränken und Medikamenten angelegt, 17 Prozent haben sich auf Stromausfälle vorbereitet und etwa jeder Zehnte hat in den letzten 12 Monaten einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert.
Die Hilfsbereitschaft ist groß, aber es fehlt an der Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung im Bevölkerungsschutz
Auch in Bezug auf das ehrenamtliche Engagement im Katastrophenschutz gibt es in Deutschland noch deutlichen Bedarf. 38 Prozent der Befragten würden sich allenfalls spontan engagieren wollen, 23 Prozent würden eine Basisqualifizierung absolvieren, aber nur 17 Prozent würden sich als Spontanhelfer registrieren lassen, um auch gezielt in Notlagen eingesetzt werden zu können.
„Der Aufbau eines robusten Zivilschutzsystems drängt: Wir sehen eine große Hilfsbereitschaft, aber gleichzeitig auch die Verunsicherung. Das Bewusstsein wächst, dass der gefühlte Vollkaskostaat angesichts der vielen Herausforderungen nur noch Teilkasko mit Selbstbeteiligung anbieten kann. Wenn Eigenvorsorge und Engagement wichtiger werden, braucht es auch staatliche Strukturen, die die Bevölkerung stärker einbinden und auf Krisensituationen vorbereiten.“
General a.D. Martin Schelleis, Bundesbeauftragter für Krisenresilienz, Sicherheitspolitik und zivil-militärische Zusammenarbeit bei den Maltesern.
Feste Größe im Bevölkerungsschutz: Malteser
Als eine große, anerkannte Hilfsorganisation im Bevölkerungsschutz stellen die Malteser mehr als 50.000 ehrenamtliche Einsatzkräfte für den Einsatz zur Gefahrenabwehr und im Katastrophenfall. Fast 400.000 Menschen absolvieren jedes Jahr einen Erste-Hilfe-Kurs bei den Maltesern.
Blick zu den nördlichen Nachbarn
Die skandinavischen Länder legen traditionell und gerade auch in jüngster Zeit großen Wert auf den Ausbau des Zivil- und Bevölkerungsschutzes, und setzen dabei auf eine Kombination aus staatlicher Aufklärung, regelmäßigen Übungen und einem gestärkten Gemeinsinn. Die große Mehrheit der Befragten (78 Prozent) sieht im schwedischen Zivil- und Katastrophenschutz ein Modell, um den Zivilschutz hierzulande zu stärken.