Aktuelle Zahlen zum Engagement in Deutschland

Ehrenamtsmonitor #7: Zivil- und Selbstschutz: Ist Deutschland bereit für den Krisenfall?

In den letzten fünf Jahren hat sich das Gefühl der Bedrohung, entsprechend auch das Sicherheitsgefühl in Deutschland deutlich verändert. Die Sorge der Menschen vor Krisen und Naturkatastrophen ist deutlich gestiegen. Das zeigt der aktuelle, repräsentative Malteser Ehrenamtsmonitor. Gleichzeitig offenbaren die Ergebnisse einen starken Nachholbedarf bei der Vorbereitung, um sich selbst schützen und auch anderen helfen zu können.

An der Umfrage, die YouGov im Auftrag der Malteser im Juni 2024 durchgeführt hat, nahmen 2.080 Befragte teil. Die Umfrage ist repräsentativ nach Alter (ab 18 Jahren), Geschlecht und Religion.

Aktuell und repräsentativ

Der Ehrenamtsmonitor misst den Puls der Gesellschaft beim Thema ehrenamtliches Engagement. Dreimal jährlich ermittelt das Befragungsinstitut YouGov im Auftrag der Malteser durch repräsentative Kurzumfragen die Sicht der Bevölkerung auf wichtige gesellschaftliche Fragen mit Bezug zum Ehrenamt.

Als eine der großen Hilfsorganisationen in Deutschland sind die Malteser interessiert daran, die Ansichten und Einstellungen der Menschen besser zu verstehen, um so noch bessere Hilfs- und Unterstützungsangebote machen zu können. Dazu ermittelt der Ehrenamtsmonitor regelmäßig auch, welche Rolle dem Ehrenamt bei der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen beigemessen wird und wie es um die Engagementbereitschaft bestellt ist. 

Beim aktuellen Ehrenamtsmonitor geht es um die Frage: Zivil- und Selbstschutz in Deutschland: Sind wir auf Krisenfälle vorbereitet?

Frühere Ausgaben des Malteser Ehrenamtsmonitors finden Sie in unserem Archiv.

Das Sicherheitsgefühl in Deutschland schwindet

Die Mehrheit der Befragten empfindet das öffentliche Leben in vielen Bereichen als stärker gefährdet als noch vor fünf Jahren. Insbesondere Fragen der Sicherheit und des sozialen Zusammenhalts stehen im Fokus. Deutlich gestiegen ist demnach die Sorge vor Kriegen und auch die Bedrohung durch Naturkatastrophen wird als zunehmendes Risiko wahrgenommen. Dagegen tritt die Sorge vor einer erneuten Pandemie in den Hintergrund. Auffällig ist: Das Bedrohungsgefühl ist bei den über 55-Jährigen am größten und fällt bei allen abgefragten Problemen signifikant höher aus als bei jüngeren Altersgruppen.

Wie hat sich die Gefährdung der Gesellschaft in Deutschland in den folgenden Bereichen in den letzten 5 Jahren im Vergleich zu den 5 Jahren davor verändert?

Eine stärkere Gefährdung der Gesellschaft in den folgenden Bereichen sehen:

Wissen zum Selbstschutz und Hilfekompetenz sind ausbaufähig

Eine der wichtigsten Fragen angesichts der Stimmungslage ist, ob die Menschen in Deutschland bereit und in der Lage sind, sich selbst und anderen im Notfall zu helfen.

Die wachsende Besorgnis führt bei 43 Prozent der Befragten zu einem gestiegenen Bedürfnis, sich selbst schützen zu können. Jeder Dritte will auch anderen besser helfen können als bisher. Allerdings fühlen sich fast die Hälfte (45 Prozent) der Bürgerinnen und Bürger nicht ausreichend informiert, wie man sich bei Krisen und Katastrophen richtig verhalten sollte. Noch mehr Menschen (51 Prozent) trauen sich nicht zu, im Ernstfall auch angemessen handeln zu können. Dabei schätzen die Männer ihr Wissen und Können deutlich besser ein als Frauen dies tun.

Eigenvorsorge: vernachlässigte Bürgerpflicht?

Insgesamt sieht eine deutliche Mehrheit Eigenvorsorge als „Bürgerpflicht“ an. Fast 4 von 5 Befragten stimmen der Aussage zu, dass jeder selbst Vorsorge zum Schutz in Notfällen treffen sollte. In der Praxis allerdings hat bislang die Hälfte der Befragten noch keine Eigenvorsorge betrieben: Immerhin 27 Prozent haben aber schon darüber nachgedacht; für 23 Prozent ist das bislang kein Thema. Wer hingegen bereits vorsorgt, macht dies am ehesten durch Anlegen von Vorräten an Lebensmitteln, Getränken und Medikamenten, gefolgt von Vorbereitungen für einen Stromausfall und der Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Kurs. Umfassend vorbereitet ist demnach erst eine Minderheit.

Betreiben Sie derzeit eine private Eigenvorsorge für mögliche Katastrophen oder Krisen? Wenn ja, welche der folgenden Maßnahmen haben Sie bereits in Eigeninitiative ergriffen, um auf einen möglichen Notfall vorbereitet zu sein? Ich habe …

Besorgt, hilfsbereit – und nur eingeschränkt engagementbereit

Die wahrgenommene Zunahme der Gefährdung führt nicht zwingend auch zu mehr Bereitschaft, sich ehrenamtlich in der Gefahrenabwehr und zum Schutz anderer zu engagieren. Nur bei 13 Prozent ist die Engagementbereitschaft gestiegen, bei 8 Prozent ist sie sogar gesunken. Bei der großen Mehrheit (57 Prozent) jedoch hat sich die Bereitschaft zum Engagement dagegen nicht verändert.

Welche der folgenden ehrenamtlichen Aktivitäten zur Bewältigung von gesellschaftlichen Krisen oder Naturkatastrophen wären Sie bereit unter Berücksichtigung Ihrer aktuellen Lebensumstände zu übernehmen?

Fragt man diejenigen, die sich ein Ehrenamt auch vorstellen können (1.228 Personen), nach der bevorzugten Art des Engagements, möchten sich die meisten allenfalls spontan einbringen (46 Prozent). 19 Prozent würden sich offiziell als Spontanhelfende registrieren lassen und 16 Prozent würden auch eine Basisschulung absolvieren, um besser helfen zu können. Lediglich 11 Prozent würden in einer Hilfsorganisation organisiert helfen. Zusammen mit den 5 Prozent der Befragten, die angeben, bereits in einer Hilfsorganisation zu sein, beläuft sich das Potenzial für den klassischen organisierten Bevölkerungsschutz somit auf 16 Prozent.


„Die Bereitschaft zu Eigenvorsorge und die Hilfsbereitschaft müssen weiter gefördert werden. Wir Malteser und andere Hilfsorganisationen tun dies unter anderem mit der Breitenausbildung in Erster Hilfe und Selbstschutzinhalten. Aber wir brauchen auch eine ausreichend große und gut ausgebildete Zahl von Einsatzkräften, die mit anderen Akteuren in der Gefahrenabwehr effektiv zusammenarbeiten können. Die Umfrage zeigt die Unsicherheit vieler Menschen, wie sie ein solches Engagement mit ihrer Lebensplanung vereinbaren können. Die Malteser bieten die Möglichkeit, das Ehrenamt flexibel zu gestalten, damit der Einsatz möglichst keine Belastung darstellt.“

Markus Bensmann, Leiter der Notfallvorsorge bei den Maltesern

Soll eine Dienstpflicht kommen?

Als Antwort auf die Herausforderungen der „Zeitenwende“ und anderer gesellschaftlicher Probleme, ist die Einführung einer Dienstpflicht nach der Schulzeit zurück auf der politischen Agenda. Eine Mehrheit (61 Prozent) befürwortet eine Dienstpflicht für alle jungen Menschen nach der Schule. 30 Prozent stimmen dieser Lösung (eher) nicht zu. Je älter die Befragten, desto höher ist die Zustimmung für eine solche Dienstpflicht: Bei den über 55-Jährigen sind knapp drei Viertel dafür, während „nur“ 37 Prozent der 18- bis 24-Jährigen, die davon in der persönlichen Lebensplanung unmittelbar betroffen sein könnten, einer solchen Dienstpflicht zustimmen.

Inwiefern stimmen Sie folgender Aussage zu? Eine Dienstpflicht für alle jungen Menschen nach der Schule sollte eingeführt werden.

Dabei werden die Vorteile einer allgemeinen Dienstpflicht durchaus gesehen: 69 Prozent glauben, dass die Dienstpflicht die Solidarität junger Menschen mit der Gesellschaft stärkt, 67 Prozent sehen, dass dadurch wichtige Werte verankert werden, und 66 Prozent erhoffen sich eine Entlastung des Personalmangels in der Pflege und im sozialen Bereich. Für 65 Prozent ist die Dienstpflicht eine Möglichkeit, den Zivil- und Bevölkerungsschutz zu stärken. Aber nur 59 Prozent sehen sie als notwendig für die Landesverteidigung.


Malteser im Zivil- und Bevölkerungsschutz

Die Befähigung der Bürgerinnen und Bürger zum Selbstschutz und zur Hilfe für andere bildet eine der wesentlichen Säulen der Arbeit der Malteser. Jährlich nehmen im Durchschnitt mehr als 350.000 Menschen an den Erste-Hilfe-Kursen teil, die die Malteser in ganz Deutschland anbieten. Als eine der großen nicht-staatlichen Hilfsorganisationen stellen die Malteser ehrenamtliche Einsatzeinheiten für die öffentliche Gefahrenabwehr bei Krisen und Katastrophen.

„Die gegenwärtigen Krisen zeigen mehr denn je, wie notwendig ein leistungsfähiger Katastrophenschutz ist. Wir Malteser stehen zu unserer Verpflichtung, benötigen aber klare Entscheidungen und eine bessere Ausstattung und Finanzierung, um die an uns herangetragenen Anforderungen bewältigen zu können.“

Markus Bensmann, Leiter der Notfallvorsorge bei den Maltesern

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