Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst,
manchmal kann man das Gefühl haben, mindestens jeder Zweite habe ein „Burn-out-Syndrom“, sei ausgebrannt, erschöpft, depressiv, am Ende seiner Kräfte. Manche reagieren mit innerem und äußerem „Rückzug“, andere mit „Rücken“.
Im Einsatz
Der eine Kollege wegen Depressionen schon seit sieben Wochen krank geschrieben. Die andere mit kaputten Knien in der Reha. Der nächste sowieso dauerkrank. Und die anderen im Dauereinsatz. Doppelschichten, kaum mehr freie Tage, Erholung ein Fremdwort. So geht’s nicht lange gut, denken alle. Aber irgendwie geht’s dann doch immer weiter.
Tipps in Hülle und Fülle
Wenn es darum geht, gute Tipps zu bekommen, wie man Stress vermeiden und Erholung gewinnen kann, reicht ein kurzer Blick ins Internet. An Ratgebern mangelt es nicht: Mach Yoga, iss Vegetarisch, atme richtig, lege Steinkreise, reise nach Island, bau ökologisch … An vielen Tipps ist sicher Richtiges und Hilfreiches zu finden, aber dennoch scheint es ja nicht so einfach zu sein mit dem rechten Umgang mit Belastung und Entlastung, der auch dauerhaft hilft.
Wie kann‘s auf Dauer gelingen?
Wie kann es uns gelingen, mit den vielen verschiedenen Anforderungen und auch Überforderungen in unserem Leben umzugehen?
Einmal mehr möchten wir mit Ihnen auf das Malteserkreuz schauen. Die acht Spitzen verweisen, wie schon beschrieben wurde, auf die acht Seligpreisungen. Die vier innenliegenden Ecken werden den vier Kardinaltugenden zugeordnet. Dies sind Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maßhaltung.
Kardinal? Tugend?
Das Wort ‚Tugend‘ ist verwandt mit ‚taugen‘. Tugenden haben heißt lebenstauglich sein. An den vier genannten Tugenden hängt alles – wie die Tür in den Angeln. Deswegen heißen sie ‚Angel-Tugenden‘, auf Latein ‚Kardinal-Tugenden‘. Ihre Zusammenstellung findet sich bereits in der antiken Philosophie, und auch im Alten Testament sind sie bezeugt (vgl. Buch der Weisheit 8,7). Die Tugenden bezeichnen eine Richtschnur, um ein erfülltes, gutes, sinnvolles Leben zu führen. Hier ist nicht die Rede von irgendwelchen theoretischen Gebilden, sondern von einer grundsätzlichen Haltung, aus der heraus ich mich in jeder Situation für eine konkrete Handlung entscheide.
Konkrete Entscheidungshilfe
Die Tugenden sind vielleicht nicht so „in“ wie Wellnessangebote oder Klangschalenmassage. Aber sie geben seit Jahrhunderten Menschen eine Wegweisung für ein gelingendes Leben. Sie lassen sich z.B. so ins Heute übersetzen:
Klugheit heißt nicht „Intelligenzquotient“, sondern Klugheit ist die Fähigkeit, zu erkennen, worauf es in meinem Leben ankommt, und zu unterscheiden, was jeweils richtig und wichtig ist.
Die Klugheit fragt mich: Was ist jetzt dran? Wann sollte ich reden und wann besser schweigen? Was tut mir gut und was nicht? Wie viel Zeit bekommt meine Arbeit und wie viel meine Familie? Was ist es wert, dass ich mich dafür engagiere?
Gerechtigkeit heißt nicht „das Gleiche für alle“, sondern sie meint den festen Willen, den Menschen und Gott das zu geben, was ihnen zusteht.
Die Gerechtigkeit fragt mich: Was ist meine Aufgabe, und was überlasse ich aus guten Gründen den anderen? Was brauche ich, und auf was kann ich zu Gunsten anderer verzichten? Was nehme ich mir, und was kann ich geben?
Tapferkeit heißt nicht „Augen zu und durch“, alles zu klaglos zu ertragen und immer die Zähne zusammen zu beißen, sondern sie hilft auch in Schwierigkeiten, das Gute (!) entschieden und ausdauernd anzustreben.
Die Tapferkeit fragt mich: Was ist es, das „das Gute“ ist, um welches Gut geht es mir, was ist mein Ziel? Wie konsequent will/muss ich sein? Braucht es jetzt meine Geduld? Oder meine Durchsetzungskraft?
Mäßigung heißt nicht „immer Zucht und Ordnung“, sondern bewahrt uns davor, Extrempositionen einzunehmen, schützt uns vor übermäßigem Genuss und auch vor unangemessener Askese, also vor Über- und Untertreibung.
Die Maßhaltung fragt: Habe ich einen gesunden Tagesablauf? Ist das jetzt wirklich notwendig? Kann ich das Essen genießen? Brauche ich das?
„Tugend will ermuntert werden, Bosheit kann man schon allein“, meint Wilhelm Busch. Das ist sicher überspitzt, aber es trifft doch etwas Wahres: Wir müssen dranbleiben an unserem Ziel, wir müssen unseren inneren Schweinehund immer wieder überwinden. Das ist eine prima Prävention von Überforderung und eine echte Selbstfürsorge: mit Gott zusammen mein Leben gestalten, mich führen lassen und vor allem: mich lieben lassen, wie es nur Gott kann.