Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst,
mit vollem Namen heißt der Malteserorden „Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom Heiligen Johannes von Jerusalem, genannt von Rhodos, genannt von Malta“. Neben den geschichtlich bedeutsamen Stationen des Ordens wird ein wichtiges Wort genannt, um das es in diesem Brief gehen soll: Der Malteserorden war und ist ein Ritterorden.
Woran denken Sie, wenn Sie das Wort „Ritter“ hören?
Vielleicht an bedeutende Ritter aus der Geschichte, an Ritter aus historischen Romanen oder aus Historienfilmen?Oder an Burgen, Adel, schöne Damen und Ritterspiele? Bei ritterlichen Eigenschaften denken viele an Mut, Einsatzbereitschaft, Kampfesfreude. Ein Ritter ist tapfer, treu und seinem Herrn ergeben.
Was macht den Retter zum Ritter?
Sie stehen als „Retter von heute“ in unmittelbarer Tradition der „Ritter von damals“. Das kann man auch am Äußeren erkennen: Das Kreuz der Malteser wird in Schildform dargestellt, das auf die ritterlichen Ursprünge des Ordens und auf sein Ziel der Verteidigung des Glaubens hinweist.
Wir ziehen heute nicht mehr in den Kampf – oder vielleicht doch? Was gilt es heute zu verteidigen?
Viele von Ihnen nehmen gesellschaftliche Veränderungen wahr, die Ihnen Sorge bereiten: „Hauptsache-Ich-Mentalität“. Ständige Erreichbarkeit ist Pflicht. Zunehmende Vereinsamung. Hohe Erwartungen und Ansprüche. Zeitdruck. Fremdbestimmung – um nur einige zu nennen.
Nun kann ein Einzelner nicht die Welt retten, aber ein Einzelner kann doch etwas tun. Angefangen von der Verweigerung bis hin zum Widerstand, jeder muss für sich seinen Weg finden. Für diesen Weg gilt es sich zu wappnen, sich zu rüsten – und vielleicht können die „ritterlichen Waffen“ des Retters heute sein:
Das Schwert der Nächstenliebe gegen „Was bringt mir das?“
Die Lanze der Hoffnung gegen „Was soll das alles?“
Der Kriegshammer der eigenen Erfahrungen gegen „Alle sind so.“
Der Morgenstern der Treue zu den eigenen Überzeugungen gegen „Heute hier, morgen dort.“
Der Schild der Vernunft gegen beißenden Spott und Ironie
Die Streitaxt der Freundschaft mit Gott gegen „Hauptsache Ich!“
Ein wichtiger Aspekt des Ritterseins fehlt noch
Der auf der nebenstehenden Zeichnung abgebildete Malteserritter kniet. Der Ritter erhebt seine Arme nach oben und bildet mit seinen Händen eine Schale. Seinen Kopf hält er dabei leicht gesenkt. „Nie ist der Mensch so groß, als wenn er kniet“, sagte Papst Johannes XXIII.
An diesem Bild kann man etwas ablesen: Auch wenn der Ritter kniet und sich damit bewusst kleinmacht, wirkt er dennoch nicht kümmerlich oder hilflos. Vielleicht liegt es daran, dass der Malteserritter nicht vor irgendjemandem kniet, sondern vor einem, der wirklich größer und mächtiger ist als er: vor Gott.
Die Frage, die sich für uns davon ableitet, könnte sein: Wem diene ich eigentlich? Dem Erfolg? Dem Stärkeren? Dem Smartphone? Wer ist mein HERR?
Für die Malteserritter und für viele der bis heute für die Malteser Tätigen ist der, vor dem wir knien, Gott. Und er ist es auch, für den wir unsere Hände aufmachen wie eine Schale. Weil wir etwas von ihm erwarten: Dass er uns zeigt, wozu unser Leben gut ist. Dass er uns in der Not Hilfe bringt. Dass er uns führt, wenn wir nicht mehr weiterwissen. Viele Glaubende durften die Erfahrung machen, dass Gott Antworten gibt, dass er treu ist und Hilfe gibt.
Vielleicht haben Sie Zeit und Lust, darüber nachzudenken oder sich auszutauschen: Um was geht es mir, und wem diene ich? Welche Waffen des Ritters will ich heute anlegen? Und letztlich – wer ist Gott für mich?