Singen im Alter: Geheimrezept für Gesundheit und Glück
Singen ist nicht nur förderlich für die Gesundheit, es macht auch richtig Spaß. Besonders in einer Gemeinschaft bringt es Menschen zusammen, sorgt für gute Laune und vertreibt Einsamkeit. Selbst bei Demenzerkrankungen kann es Erinnerungen aktivieren und das Wohlbefinden steigern.
Darum geht’s:
So gesund ist Singen (insbesondere) im Alter
Kaum etwas regt unser Gehirn so an wie Musik: Ganz gleich, ob wir leise Melodien summen, lauthals vor dem Radio unsere Lieblingssongs mitsingen oder im Chor gemeinsam musizieren. Wer regelmäßig singt, fühlt sich besser und leistet aktiv etwas für seine Gesundheit. Zahlreiche Studien bestätigen, dass Singen unser Abwehrsystem verbessert, das Herz-Kreislauf-System und die Atmung stärkt, Stress abbaut und das Wohlbefinden steigert. Nach nur einer Viertelstunde Singen soll der Körper durch die intensivierte Atmung mehr Sauerstoff aufnehmen und sich der Herzrhythmus stabilisieren. Die Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System lässt sich mit leichtem Sport vergleichen. Im Hinblick auf die vielen positiven Aspekte des Singens verwundert es wenig, dass Forschende bereits in den 90er Jahren feststellten: Menschen, die Mitglieder von Chören oder Gesangsgruppen sind, haben eine höhere Lebenserwartung als Menschen, die nicht singen.
Warum profitieren gerade ältere Menschen, wenn sie regelmäßig singen?
Musik und Singen regen das Gehirn an, verbessern die kognitiven Fähigkeiten und können helfen, Demenz und geistigen Abbau zu verlangsamen. Beim Singen muss man sich schließlich Melodien und Texte merken und abrufen, dazu ist ein hohes Maß an Konzentration nötig, um Noten zu treffen und den Text richtig zu platzieren. Diese Vielseitigkeit trainiert und fördert die Vernetzungsfähigkeit des Gehirns.
Viele ältere Menschen sind aktiv mit Musik aufgewachsen
Dass gerade ältere Menschen gerne singen, stellt Markus Lebeck, Leiter Ergotherapie des Malteserstifts Haus St. Birgitta in Lübeck-Travemünde, immer wieder fest: „Für die ältere Generation war Musik häufig noch ein großes Thema. Es wurde noch viel in der Familie gesungen, viele haben Chorerfahrungen, es gab eine breite musikalische Früherziehung. Dieses Wissen können viele Bewohnerinnen und Bewohner sehr leicht abrufen.“ Im Haus St. Birgitta wird Musik in vielfältiger Hinsicht angeboten – etwa im Demenzbereich, mit gemeinsamen Chorauftritten bei Festen und Feiern oder aber auch in einer Gymnastikgruppe. „Wir singen immer nach den Gymnastikübungen – oft eine halbe Stunde. Das ist entspannend, eine tolle Atemübung und macht allen Spaß.“ Gerade, weil das Angebot so niedrigschwellig sei, würde es so gut angenommen: „Viele verbinden mit Gesang positive Erinnerungen, man braucht keine besonderen Kenntnisse, muss nicht körperlich fit sein, kann sich direkt aktiv einbringen – über Musik kann man andere Menschen sehr leicht erreichen.“
Warum ist Singen auch für Demenzerkrankte so wichtig?
Darüber hinaus wecken Musik und Gesang oft Emotionen und Erinnerungen, die tief im Gedächtnis verwurzelt sind. „Alte Texte und Melodien sind in Bereichen des Gehirns abgespeichert, in denen es um Automatismen geht“, erklärt Markus Lebeck. Leiter Ergotherapie des Malteserstifts Haus St. Birgitta in Lübeck-Travemünde, „das sind oftmals die letzten Fähigkeiten, die bei einer Demenzerkrankung verlorengehen.“ Das Singen mit Patientinnen und Patienten sei daher ein fester Bestandteil: „Im Demenzbereich ist am meisten Schwung, wenn wir singen – dort machen eigentlich alle gerne mit.“ Die Lieder, die Betroffene aus der Vergangenheit kennen, können starke emotionale und kognitive Reaktionen bewirken und helfen, das Gedächtnis zu stimulieren. Diesen Effekt macht man sich beispielsweise auch bei Demenzkonzerten zu nutze.
Singen im Alter macht glücklich
Das Singen setzt nicht nur Glückshormone wie Dopamin oder Serotonin frei, sondern sorgt nachweislich auch dafür, dass der Körper mehr Immun-Botenstoffe produziert. Damit wirkt Singen wie ein Antidepressivum – ohne Nebenwirkungen. Ein weiterer wichtiger Aspekt des Gesangs ist die soziale Komponente. Das gemeinsame Singen oder Musizieren sorgt für ein starkes Gemeinschaftsgefühl. In einer Gruppe zu singen, vermittelt das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein und dazuzugehören. „Das merken wir auch in unseren Gruppen“, sagt Markus Lebeck, „wir lernen gegenseitig voneinander. Alle, die teilnehmen, haben auch eine Meinung zu den Liedern und bringen sich ein. So kommt es immer wieder zu schönen gemeinschaftlichen Erlebnissen.“
So kann Singen auch gegen Einsamkeit helfen
Gesangsgruppen und Chöre bieten hervorragende Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen und soziale Bindungen einzugehen oder zu pflegen. Das sind essenzielle Aspekte, um etwas gegen Einsamkeit im Alter zu unternehmen. Singen in einer Gruppe bedeutet auch, dass man gemeinsam Emotionen teilt und über die Musik Gefühle ausdrücken kann. Das stärkt das Selbstwertgefühl, vermittelt Geborgenheit und steigert das körperliche und seelische Wohlbefinden gerade bei älteren Menschen. Es gibt dabei viele Wege, eine passende Gesangsgruppe oder einen Chor zu finden:
- Lokale Musikschulen, Kirchengemeinden und Volkshochschulen bieten häufig offene Singkreise an, die speziell auf Seniorinnen und Senioren abgestimmt sind.
- Auch kulturelle Vereine, Seniorenzentren oder Freizeitgruppen in der Umgebung organisieren oft regelmäßige Treffen für Chöre oder musikalische Aktivitäten.
- Online-Plattformen und soziale Netzwerke bieten zudem die Möglichkeit, lokale Gesangsgruppen zu finden oder sich digital zu vernetzen.
- Besonders Chöre, die sich auf bestimmte Musikstile spezialisiert haben, bieten für jedes Interesse das passende Angebot – egal ob klassische Chormusik, Volkslieder oder moderne Stücke.
- Ein Anruf oder ein Besuch im lokalen Kulturzentrum kann ebenfalls eine wertvolle Anlaufstelle sein, um musikalische Gemeinschaften zu entdecken.
Singen mit den Maltesern
Von der Jugendarbeit bis zu Angeboten für Ältere – es gibt viele Gesangsangebote der Malteser – wie etwa den Malteser-Chor für Geflüchtete. Der Chor für Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, richtet sich gezielt an Geflüchtete aus der Ukraine. Er steht unter dem Motto „Musik verbindet – gemeinsames Singen im Ukraine-Ankunftszentrum Berlin-Tegel“. In Neckar-Alb gibt es zudem den Kinder- und Jugendchor „Scherzo“, der sich speziell an jüngere Geflüchtete aus der Ukraine richtet.