Leistungssport im Alter: Hohes Alter, hohes Niveau
Sport im Alter hält fit und gesund – das ist längst kein Geheimnis mehr. Doch wie sieht es aus, wenn dieser Aspekt zur Nebensache wird und die erbrachte Leistung in den Vordergrund rückt? Mit dieser Fragestellung setzt sich der folgende Artikel auseinander.
Was ist eigentlich “Leistungssport“?
Sport ist einer der zentralen Faktoren, wenn es darum geht, die Gesundheit zu fördern. Auch das Sporttreiben im höheren Alter ist davon nicht ausgeschlossen. Darüber hinaus gibt es aber auch ältere und sogar hochaltrige Personen, bei denen die erzielte Leistung im Fokus steht und die Gesundheitsförderung in den Hintergrund rückt. Ist dies der Fall, so spricht man von Leistungssport. Weitere damit einhergehende Eigenschaften sind:
- Ein größerer Zeitaufwand durch ein erhöhtes Trainingspensum
- Auch die Intensität während des Trainings nimmt zu und geht dabei über ein moderates Level hinaus
- Die Steigerung der eigenen Leistung und der sportliche Erfolg nehmen eine zentrale Rolle ein
- Es ist anzunehmen, dass das Training primär dem Zweck dient, sich mit anderen zu messen
Wettkämpfe für Seniorinnen und Senioren
Für besonders ambitionierte Sportlerinnen und Sportler der höheren Altersklassen gibt es Wettbewerbe wie die Masters Games oder die World Masters Athletics. Bei diesen treten Sportbegeisterte gehobenen Alters gegeneinander an und kämpfen auf internationaler Ebene um Medaillen.
Natürliche Grenzen: Abnehmende Leistungsfähigkeit im Alter
Aber auch wenn es durchaus noch einige leitungsorientierte Athletinnen und Athleten im gehobenen Alter gibt, sind den Bestleistungen in diesen Altersklassen definitiv Grenzen gesetzt. Das hat mehrere Gründe. Zum einen nimmt die maximale Sauerstoffaufnahme – auch VO2max genannt – mit steigendem Alter ab, was zu einer verringerten Versorgung der Muskeln mit Sauerstoff führt. Zum anderen sinkt auch die Menge an produziertem Testosteron. Das hat zur Folge, dass der Körper an Muskelmasse verliert und zeitgleich mehr Körperfett einlagert. Neben diesen Faktoren kommt es zusätzlich noch zu einer Abnutzung der Muskelfasern und zu Einlagerungen von Stoffwechselendprodukten. Des Weiteren benötigt der Körper mit steigendem Alter auch mehr Zeit zur Regeneration, was dazu führt, dass er zwischen den Trainingseinheiten längere Ruhephasen benötigt, um wieder leistungsfähig sein zu können. Somit kommt es bei älteren Athletinnen und Athleten insgesamt zu einem niedrigeren Trainingsumfang im Vergleich zu jüngeren Sportlerinnen und Sportlern.
Die Kombination dieser Faktoren führt in Summe dazu, dass der menschliche Körper mit zunehmendem Alter an Leistungsfähigkeit verliert. Dies zeigt sich insbesondere bei sportlichen Betätigungen mit einer hohen Belastungsintensität. Daher ist vermehrt zu beobachten, dass sich ältere Sportlerinnen und Sportler im Ausdauersport vornehmlich auf längere Distanzen spezialisieren, da diese zwar eine kontinuierliche, jedoch auch eine moderatere Belastung erfordern. Nichtsdestotrotz sind Sporttreibende hohen Alters immer noch trainierbar. Allerdings sollten das Maß an Belastung und die angestrebten Leistungen sinnvoll angepasst werden.
Leistungssport – Früh übt sich
Einige Ambitionierte mögen sich nun vielleicht die Frage stellen, ob der Einstieg in den Leistungssport für sie noch möglich ist. Diese Frage sollte jedoch sehr individuell betrachtet werden. Denn je nach Trainingslevel und ausgeführter Sportart kann es mehr oder weniger ratsam sein, im gehobenen Alter noch einmal sportliche Höchstleistungen erzielen zu wollen. Falls Sie also mit dem Gedanken spielen sollten, besprechen Sie dies am besten mit einer Ärztin oder einem Arzt.
Generell lässt sich jedoch sagen: Wer bereits früh mit dem Leistungssport angefangen hat, der profitiert auch im höheren Alter noch davon. Das bestätigt auch der ehemalige Leichtathlet Paul-Heinz Wellmann. Der Olympia-Dritte von 1976 legte sich bereits in seiner Jugend auf seine Sportart fest und erzielte in dieser herausragende Ergebnisse – vom Hessischen Jugendmeister zum Deutschen Jugendmeister bis hin zu Platz zwei bei der U20 Junioren EM. Im Jahr 1971 belegte er mit nur 20 Jahren den siebten Platz bei den Europameisterschaften in Helsinki über 1.500 Meter. Fünf Jahre später gelang ihm bei den Olympischen Spielen in Montreal dann sein größter Erfolg mit dem Gewinn der Bronzemedaille, ebenfalls bei einem Lauf über 1.500 Meter. Zwar musste Paul-Heinz Wellmann sich schon recht früh aus dem Profi- und auch Leistungssport aufgrund einer Verletzung verabschieden, jedoch zehrt er noch heute mit über 70 Jahren von der körperlichen Fitness, die er sich bereits im jungen Alter erarbeitet hat. So berichtet er von immer noch spürbaren Effekten, wie einer hohen Ausdauer, einem gesunden Herz-Kreislauf-System und einer stabilen Muskulatur. Dank der harten Arbeit ist sein Körper auch heute sportlich immer noch auf einem hohen Niveau.
Aber nicht nur körperlich sieht Wellmann Vorteile. So lernte er als Leistungssportler zudem Dinge wie mentale Stärke, Konzentration, Vertrauen, Teamgeist und Respekt. Das hat laut Wellmann zur Folge, dass viele ehemalige Sportlerinnen und Sportler an den erlernten Abläufen festhalten und auch im Alter immer noch bewusst leben und dranbleiben. Bestes Beispiel ist sein ehemaliger Trainer, der bereits über 90 Jahre alt ist, aber immer noch in Form bleibt und nahezu täglich Sport treibt.
Auf das richtige Maß kommt es an
Bei dem Thema Wettkampfsport im Alter ist Wellmann allerdings gespalten. Gerade Sportarten, welche dem Körper eine hohe Belastung abfordern, sieht er kritisch – Hürdenlauf oder Stabhochsprung beispielsweise. Von derlei Sportarten geht nämlich ein erhebliches Verletzungsrisiko aus, besonders im Alter! Dennoch sagt er, dass alle Sportlerinnen und Sportler ihre eigenen Grenzen für sich selbst abwägen und entscheiden müssen, auf welchem Niveau er oder sie Sport betreiben möchte.
„Wenn ich gesund im Alter durch das Leben gehe, ist die Palette der Dinge, die ich tun kann, viel größer, als wenn ich krank bin.“
Auch wenn er das Betreiben von Leistungssport im Alter skeptisch sieht, so ist er für gemäßigte Betätigungen aus gesundheitlichen Aspekten „Feuer und Flamme“. Er selbst liebt es, sich zu bewegen – sei es Spazieren gehen, Radfahren, Golf spielen, Nordic Walking oder der Besuch im Fitnessstudio. „Man muss dranbleiben“, sagt er. Und auch die sozialen Kontakte mit anderen Menschen darf man dabei nicht außer Acht lassen. „Wir wollen soziale Kontakte haben und nicht nur zu alten Menschen. Auch zu jungen Menschen, um jung im Kopf zu bleiben.“, fügt Wellmann hinzu. Denn dies geht schließlich am besten, wenn man Gemeinsamkeiten hat. Und eine gemeinsam ausgeübte Sportart ist hierzu ein toller Anlass. Schlussendlich geht es für ihn vor allem darum, das Leben noch lebenswerter zu machen und die positiven Effekte des Sports in den Vordergrund zu rücken, denn Gesundheit ist das wertvollste Gut, das man hat!