Nostalgie: Die Sehnsucht nach der Vergangenheit

Voller Nostalgie denken wir zurück an die guten alten Zeiten. Schön wars! Das sehnsuchtsvolle Schwelgen in Erinnerungen hatte lange Zeit keinen guten Ruf. Inzwischen gibt es neue wissenschaftliche Erkenntnisse über Nostalgie und ihre vielen positiven Effekte. 

Nostalgie erklärt: Erinnerungen an vergangene Zeiten

Ein Lied, ein Geruch oder ein altes Foto genügt und schon schwelgen wir nostalgisch in Erinnerungen. Nostalgie ist besser als ihr Ruf: Inzwischen weiß man, dass dieses besondere Gefühl viele positive Effekte auf uns hat. Es gibt jedoch auch eine Schattenseite.

Was ist Nostalgie?

Stellen Sie sich vor, Sie treffen einen netten Menschen aus Ihrer Schulzeit zufällig wieder. Alte Erinnerungen werden wach und je länger Sie sich unterhalten, desto mehr Erlebnisse fallen Ihnen wieder ein. Während Sie in Erinnerungen schwelgen, fühlen Sie wieder die Leichtigkeit und Freude von damals und sehnen sich in diese Zeit zurück. Gleichzeitig ist da auch ein Gefühl von Traurigkeit, weil das alles vergangen ist und auch nicht wiederkehren wird. Nostalgie ist ein ganz besonderes Gefühl. Es entsteht immer dann, wenn wir uns an die bemerkenswerten Erlebnisse in unserem Leben zurückerinnern.  

Im Gegensatz zum rein kognitiven Erinnern, zum Beispiel an eine Jahreszahl oder einen Namen, spielen bei der Nostalgie Emotionen eine große Rolle – vor allem Freude und Traurigkeit. Die nostalgischen Erinnerungen an die guten alten Zeiten werden von bestimmten Sinneseindrücken ausgelöst. Das kann ein Foto sein oder ein Ort, an dem Sie früher oft waren, ein Geruch, ein Geschmack oder ein Lied, das im Radio läuft. Sofort sind Sie in Gedanken beim Wanderurlaub in Österreich, auf dieser einen legendären Silvesterparty oder im Ferienlager, als Sie Ihren ersten Kuss bekamen. Je mehr wir in unserem Leben erlebt haben, umso mehr Erinnerungen haben wir. Darum sind ältere Menschen oft nostalgischer. Grundsätzlich hat Nostalgie allerdings nichts mit dem Alter zu tun. Wer Mitte zwanzig ist, kann beim Gedanken an die erste große Liebe oder den Schulabschluss ebenso nostalgisch werden. 

 

Früher war alles besser

Selbstverständlich erinnern wir uns nicht nur an die schönen Momente im Leben. Auch die Erinnerungen an schmerzhafte Trennungen und den Tod eines geliebten Menschen stimmen uns nostalgisch. Interessant dabei ist, dass wir die Erinnerungen oft etwas beschönigen und uns mehr auf das Positive konzentrieren. Zwar bedauern wir den Verlust, aber in der Erinnerung sind wir dankbar für die gemeinsame Zeit. Genau genommen sehnen wir uns nach einer romantisierten Form unserer Vergangenheit, die es so gar nicht gab. Dadurch kann der Eindruck entstehen, dass früher alles besser war. Hinter diesem Phänomen steckt ein evolutionärer Sinn. Ein Mensch würde bestimmte Erfahrungen niemals freiwillig wiederholen, wenn die Erinnerung daran nicht etwas beschönigt würde wie zum Beispiel bei einer Geburt. Das ist alles andere als ein Zuckerschlecken und viele Mütter würden womöglich kein zweites Kind bekommen, wenn nicht die Erinnerungen an den Stress und die Schmerzen verblassen würden. Ähnlich verhält es sich bei einer Trennung oder Scheidung. In unserer Erinnerung wiegen die schönen Momente stärker als der Verlust. Übrigens erinnern wir uns an emotionale Ereignisse aus unserer Kindheit und Jugend meistens viel besser. Das liegt daran, dass dies eine besonders prägende Zeit für jeden Menschen ist, in der so viele Dinge zum ersten Mal erlebt werden. Das formte unsere Persönlichkeit und prägt sich deshalb stärker im Gedächtnis ein.

Negative Gefühle mit Nostalgie bekämpfen

Lange Zeit hatte Nostalgie einen schlechten Ruf und galt sogar als neurologische Störung. Inzwischen hat die Wissenschaft erkannt: Nostalgie bringt verschiedene psychologische Effekte mit sich, die für uns Menschen wichtig sind. Studien haben gezeigt, dass wir mit Nostalgie negative Gefühle bekämpfen. Fühlen wir uns bedeutungslos, sind von Einsamkeit betroffen, traurig oder bedroht von dem Gedanken an die eigene Endlichkeit, dann bedienen wir uns schöner Erinnerungen. Diese Erinnerungen zeigen uns, dass wir in der Vergangenheit Probleme gelöst und Krisen gemeistert haben und sehr wohl von Bedeutung sind. Probleme im Hier und Jetzt kommen uns dadurch weniger gewichtig vor, wir bekommen eine positivere Sicht auf die Zukunft und fühlen uns besser. Nostalgie ist also eine Form der Selbstregulation. Forscherinnen und Forscher haben beobachtet, dass Nostalgie als Bewältigungsstrategie vor allem in gesellschaftlich schwierigeren Zeiten eingesetzt wird. Vermutlich werden deshalb alte Trends immer wieder zum Leben erweckt. Mit ihnen soll auch das gute Lebensgefühl zurückkehren. 

Das leistet Nostalgie für uns

Es ist noch gar nicht lange her, nämlich bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, als die Psychologie davon überzeugt war, dass Nostalgie unglücklich machen und Ängste vor der Zukunft schüren würde. Inzwischen ist das alles widerlegt. Nostalgie hat sehr viele positive Effekte. Untersuchungen haben ergeben, dass diese Art des Erinnerns unser Wohlbefinden steigert, indem wir uns jünger, wacher und optimistischer fühlen. Außerdem wird unser Selbstwertgefühl gestärkt, vor allem wenn wir an vergangene Erfolgserlebnisse denken. Wir langweilen uns weniger, wenn wir in der Vergangenheit schwelgen und fühlen uns weniger einsam. Gemeinsame Erinnerungen und das Zelebrieren von Traditionen wirken wie ein Klebstoff für Beziehungen, denn Nostalgie verstärkt das Zugehörigkeitsgefühl und wirkt identitätsstiftend. So sind beispielsweise Paare insgesamt zufriedener, wenn sie sich öfter an gemeinsame Erlebnisse wie Urlaube erinnern. 

Die Schattenseite der Nostalgie

Als kleine Fluchtmöglichkeit aus dem Alltag ist Nostalgie eine wunderbare Strategie. Allerdings bietet sie keine dauerhafte Lösung, denn die positiven Effekte der Nostalgie wirken nur kurzfristig. Wer einsam ist oder sich in einer schwierigen Lebenslage befindet, kann die negativen Aspekte mit nostalgischen Erinnerungen lediglich abmildern, das Problem verschwindet dadurch aber nicht. Vielmehr besteht die Gefahr, dass wir die Vergangenheit zu sehr verklären und in alten Zeiten festhängen, weil diese doch so viel schöner waren.  

Andersherum ist es ebenso gefährlich: Wer bei nostalgischen Erinnerungen eher die Verluste bedauert, statt sich über das vergangene Glück zu freuen, wird in der Gegenwart tendenziell unglücklicher sein. In solchen Fällen sollten Sie unbedingt nach Möglichkeiten suchen, die Ihre Situation im Hier und Jetzt verbessern. Sprechen Sie mit einem Angehörigen über Ihre Situation oder mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt. Außerdem können Sie Angebote wie die Telefonseelsorge nutzen. 

 


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