Demenzkonzerte: Mit Musik gegen das Vergessen
Musik kann bei Demenzerkranken das Wohlbefinden fördern und Erinnerungen wecken. Spezielle Demenzkonzerte sind genau auf die Bedürfnisse von Besucherinnen und Besuchern mit Demenz ausgerichtet. Mitklatschen und Mitsingen? Ausdrücklich erwünscht!
Was sind Demenzkonzerte?
Demenzkonzerte sind Musikveranstaltungen, die sich speziell an Menschen mit Demenz und ihre (pflegenden) Angehörigen richten. Das Ziel ist, gemeinsam Musik zu genießen und den erkrankten Menschen kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Denn häufig zögern Angehörige, mit an Demenz erkrankten Personen öffentliche kulturelle Veranstaltungen zu besuchen. Zu groß ist die Sorge, aufzufallen oder andere zu stören.
Demenzkonzerte bieten einen geschützten Rahmen, in dem jede Person sein darf, wie sie ist. Die Krankheit gehört dazu und muss nicht versteckt werden, die Musikformate sind genau auf die Bedürfnisse Demenzerkrankter angepasst:
- Die Demenzkonzerte sind nicht zu lang.
- Die musikalischen Inhalte überfordern nicht.
- Mitklatschen und Mitsingen ist bei Demenzkonzerten erlaubt und erwünscht.
- Alle logistischen Herausforderungen , die eine Demenz mit sich bringen kann, werden berücksichtigt – bspw. wird für Barrierefreiheit gesorgt, damit demenziell veränderte Personen im Rollstuhl neben ihren Angehörigen sitzen können oder die Möglichkeit haben, eine barrierefreie Toilette aufzusuchen
- Bei einem Demenzkonzert werden mitunter auch Elemente der Musiktherapie (musikalische Interventionen) integriert, die auf für Demenzerkrankte wichtige Aspekte wie Koordination, Sturzprävention sowie die Förderung der Verbindung beider Gehirnhälften abzielen – denn beim Hören und Mitsingen von Musik werden sowohl die linke als auch die rechte Hälfte aktiviert, um Rhythmen zu erkennen, diese mitzuklatschen oder Texte mitzusingen.
Deutschlandweites Angebot
Demenzkonzerte gibt es inzwischen in vielen deutschen Städten. Ausgerichtet werden sie zum Beispiel von Kirchengemeinden oder Seniorenwohnanlagen, in Opern- oder Konzerthäusern und in schöner Kulisse im Freien.
Wie wirkt Musik bei Demenz?
Musik wirkt grundsätzlich emotionalisierend und kann dabei helfen, das Wohlbefinden zu steigern. Laut der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft e.V. (DMtG) kann Musik zudem unter anderem
- Assoziationen an meist positiv besetzte Erlebnisse in der Vergangenheit aktivieren
- Erinnerungen bei Demenzerkrankten wecken
- gezielt emotionale Fähigkeiten anregen
- eine Gefühlsleere zum Beispiel bei Depressionen füllen und die Erstarrung verflüssigen
Musik kann ein Weg sein, um Menschen mit Demenz in ihrer Erlebniswelt zu erreichen. Denn: Menschen mit Demenz tauchen in ihrer Krankheit zunehmend in die Realitäten ihrer Kindheit und Jugend ein. In dieser Lebensphase machen wir unsere prägenden musikalischen Erfahrungen – und die sind laut DMtG resistent gegen das Vergessen. So kann es durchaus vorkommen, dass ein Mensch mit Demenz seinen eigenen Namen nicht mehr aussprechen kann oder nicht mehr weiß, was er vor einer Stunde getan hat – ein altes Kinder- oder Volkslied geht ihm oder ihr aber noch mühelos und Wort für Wort über die Lippen.
Erleben Menschen mit Demenz auf einem Demenzkonzert, dass sie bestimmte Lieder noch singen können oder dass sie sich an ihnen bekannte Musikstücke erinnern, trägt das laut DMtG effektiv zum Identitätserhalt bei und hilft, Ängste abzubauen und die Lebensqualität zu verbessern. Durch die mögliche Bewegung zur Musik während des Demenzkonzertes werden zudem wichtige Vitalfunktionen wieder angeregt. Selbst wenn kognitive Fähigkeiten schon sehr eingeschränkt sind, kann vertraute Musik zudem emotionale Fähigkeiten anregen. In der Folge können sich Wachheit und Verbalisierungsfähigkeit der Demenzerkrankten verbessern und Erlebnisse aus dem Altgedächtnis können mitunter wieder erzählt werden. Beispielsweise können manche demenziell Veränderte, die die Namen ihrer Angehörigen nicht mehr erinnern, sich teilweise problemlos an die Texte von Liedern aus ihrer Kindheit und Jugend erinnern. Zudem ruft dieses Erinnern manchmal auch noch weitere Erinnerungen hervor, z.B. von Erlebnissen aus der Vergangenheit, die mit den gespielten Liedern verbunden sind.
Musiktherapie wirkt
Weil Musik sich so positiv auswirkt, wird bei Demenz von vielen Expertinnen und Experten auch eine Musiktherapie empfohlen. Sie kann laut Studien dafür sorgen, dass psychodynamisch relevante Verhaltensauffälligkeiten (BPSD) wie Angst, Unruhe, „Mind Wandering“(das Auftreten abschweifender, zusammenhangsloser Gedanken) und Apathie abnehmen.
Warum ist ein kulturelles Angebot für Demenzerkrankte wichtig?
Demenz kann sozial isolieren – und Einsamkeit macht auf Dauer krank. Die psychische und die physische Gesundheit leiden, denn Einsamkeit verursacht seelischen und körperlichen Stress, und das kann unter anderem Depressionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen. Demenzkonzerte sind ein Weg raus aus der Einsamkeit und ermöglichen betroffenen Personen soziale und kulturelle Teilhabe. Und das auch dann, wenn die verbale Verständigung mit anderen Menschen schwieriger oder nicht mehr möglich ist, weil sich ein Mensch mit Demenz sprachlich nicht mehr oder nur noch unzureichend ausdrücken kann: Musik verbindet diese Menschen mit anderen. Sie spricht Gefühle an und ermöglicht Kommunikation, indem Menschen sich, ausgelöst durch die Musik, ruhig, freudig oder traurig zeigen können.
Die Demenzhilfe der Malteser
Auch die Malteser bieten Unterstützung und Hilfe bei Demenz an. Ziel ist es, Menschen mit Demenz und deren Angehörige zu entlasten und für mehr Teilhabe am Leben zu sorgen. Die „Malteser Demenzkompetenz“ zeichnet sich im Kern durch die Aspekte Haltung, Wissen und Handeln aus.