Altersdiskriminierung: Negative Stereotype prägen das Bild

Die Deutschen werden immer älter: Knapp 19 Millionen Menschen hierzulande sind über 65 Jahre – fast sieben Millionen mehr als noch 1991. Doch die Eigenschaften, die viele mit dem Altern verbinden, sind nicht immer positiv: Welche Formen von Altersdiskriminierung es gibt und was dagegen zu tun ist, erläutern wir hier.

Was sind negative Vorurteile gegenüber Älteren?

Unsere Gesellschaft wird älter. Und der demografische Wandel produziert teilweise auch negative Stereotype. Ältere Menschen werden oft als unproduktiv, hilfsbedürftig oder abgehängt wahrgenommen. Aufgrund dieser Vorurteile werden sie negativ behandelt. Die Studie „Ageismus - Altersbilder und Altersdiskriminierung in Deutschland“ im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt, dass negative Stereotype über Ältere fest in der deutschen Gesellschaft verwurzelt sind. So werden ältere Menschen häufig als Blockierer von Fortschritt betrachtet, als „nicht anpassungsfähig“, „nicht fit genug“ und als „zu wenig leistungsfähig“ bezeichnet. Eine Mehrheit der Befragten geht zudem davon aus, dass fast alle älteren Menschen einsam sind. Es ist wichtig zu beachten, dass diese Vorurteile oft nicht der Realität entsprechen und zu Altersdiskriminierung führen können.

Was genau versteht man unter Altersdiskriminierung?

Laut der Definition der Antidiskriminierungsstelle des Bundes liegt eine Diskriminierung vor, wenn Menschen in einer vergleichbaren Situation schlechter behandelt werden und kein sachlicher Rechtfertigungsgrund dafür vorliegt. Dabei sei nicht entscheidend, ob die Benachteiligung vorsätzlich passiert. Von Altersdiskriminierung spricht man, wenn dies aufgrund des Lebensalters geschieht. Dies zählt laut der Antidiskriminierungsstelle zu den häufigsten Formen von Benachteiligung und betrifft insbesondere ältere Personen.

Welche Formen von Altersdiskriminierung gibt es?

Benachteiligungen aufgrund des Lebensalters sind nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Berufsleben und bei Alltagsgeschäften grundsätzlich verboten. Allerdings tritt die Diskriminierung älterer Menschen gerade in diesen Bereichen in verschiedenen Formen auf.

 

  • Im Job: Immer wieder kommt es zur Benachteiligung Älterer im Berufsleben. Dazu gehören Altersgrenzen bei Einstellungen, Übervorteilung bei Beförderungen, Gehaltsunterschiede oder altersbedingte Entlassungen. Immer wieder beschäftigten sich Arbeitsgerichte mit der Frage, ob bestimmte Formulierungen in Stellenanzeigen bestimmte Bewerberinnen und Bewerber benachteiligen. Beispiele dafür sind: „Digital-Natives gesucht“, „Mitarbeitende zwischen 25 und 45 Jahren für eine Bereichsleitung“ oder „Verstärkung für ein dynamisches junges Team“. Eine Umfrage des Jobnetzwerks Xing ergab, dass mehr als ein Viertel der über 50-jährigen Berufstätigen bereits wegen ihres Alters diskriminiert wurde.
  • Bei Finanzdienstleistungen: Ältere Menschen werden häufiger beim Abschluss von Versicherungen oder bei der Vergabe von Krediten durch weitreichende altersbedingte Ausnahmeregelungen benachteiligt. Vor allem bei Krediten und Finanzierungen ist es bislang nicht geregelt, welche Kreditgeschäfte genau in den Anwendungsbereich des Antidiskriminierungsgesetzes mit seinem Gleichbehandlungsgebot fallen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes fordert deshalb, hier Klarheit zu schaffen.
  • Im Gesundheitswesen: Hier kann es zu Nachteilen in der Pflege oder bei der medizinischen Betreuung kommen. So kann es passieren, dass ältere Patientinnen und Patienten schlechter als jüngere behandelt werden, weil sie als generell kränker und kognitiv eingeschränkt wahrgenommen werden. Diese stereotypen Altersbilder können dazu führen, dass ältere Erkrankte als weniger geeignet für bestimmte Behandlungen angesehen werden. Zudem zeigen Studien, dass Ältere seltener in klinische Studien einbezogen werden. Das heißt, dass für diese Altersgruppe weniger Daten über die Wirksamkeit von Behandlungen vorliegen. Diese negativen Altersbilder können auch die Selbstwahrnehmung der Patientinnen und Patienten beeinflussen und zu einem geringeren Vertrauen in das Gesundheitssystem führen.
  • Im öffentlichen Raum: Aufgrund von mangelnder oder altersgerechter Infrastruktur, Barrierefreiheit oder fehlender Rücksichtnahme kann es zu Diskriminierungen kommen. Dadurch kann es auch passieren, dass ältere Menschen sich von sozialen oder kulturellen Aktivitäten ausgeschlossen fühlen. 
  • Im Straßenverkehr: Auch hier sehen ältere Menschen sich häufig mit pauschalen Vorurteilen konfrontiert. Dazu gehören etwa die Bestrebungen, ältere Autofahrende ab einem bestimmten Alter zu Eignungsuntersuchungen zu verpflichten. Dies wird als diskriminierend und als Einschränkung der Mobilität empfunden, da diese Maßnahmen nicht an die tatsächliche Fahrtauglichkeit, sondern allein an das Alter gebunden ist.

Sind nur ältere Menschen von Altersdiskriminierung betroffen?

Nein. Benachteiligung wegen ihres Alters erfahren auch Jüngere. So sehen sich Frauen immer noch mit Vorurteilen über Schwangerschaft und Ausfallzeiten wegen Kinderbetreuung ausgesetzt. Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten werden mit zunehmendem Lebensalter ebenfalls überdurchschnittlich diskriminiert.

 

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Wie kann ich mich gegen Diskriminierung im Alter wehren?

Eine aufgrund ihres Alters benachteiligte Person kann Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen.

 

  • Wichtig dabei: Kennen Sie ihre Rechte und informieren Sie sich über das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Altersdiskriminierung verbietet.
  • Dokumentieren Sie Beweise für diskriminierende Handlungen oder Äußerungen und suchen Sie Unterstützung bei Beratungsstellen oder betrieblichen Beschwerdestellen.
  • Halten Sie Fristen ein: Ansprüche wegen Diskriminierung sollten innerhalb von zwei Monaten geltend gemacht werden.
  • Es gibt auch Bereiche, die vom Rechtsschutz durch das AGG ausgenommen sind, beispielsweise ehrenamtliche Tätigkeiten.

Welche Organisationen helfen Betroffenen von Altersdiskriminierung?

Es gibt eine Reihe von Organisationen, die Betroffenen helfen können, indem sie Beratung anbieten, über Rechte informieren, bei der Dokumentation von Vorfällen unterstützen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten. Es ist wichtig, dass Betroffene wissen, dass sie nicht allein sind und es Anlaufstellen gibt, die ihnen bei der Bewältigung von Altersdiskriminierung zur Seite stehen.

  • Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Diese staatliche Stelle bietet Beratung und Unterstützung für Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, einschließlich Altersdiskriminierung.
  • BAGSO (Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen): Die BAGSO setzt sich gegen jede Form der Altersdiskriminierung ein und bietet Informationen und Unterstützung für Betroffene.
  • Gewerkschaften: Viele Gewerkschaften haben spezielle Abteilungen oder Ansprechpartner für Fälle von Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz. In Unternehmen können sich Betroffene auch an den Betriebsrat wenden.
  • Lokale Antidiskriminierungsbüros: In vielen Städten und Gemeinden gibt es lokale Antidiskriminierungsstellen, die Beratung und Unterstützung anbieten.
  • Rechtsanwälte: Spezialisierte Arbeitsrechtsanwälte können in Fällen von Altersdiskriminierung rechtliche Unterstützung leisten.
     

Was hilft gegen die Vorurteile über ältere Menschen?

Aufklärung und Sensibilisierung sind wichtig, um gegen Vorurteile gegenüber älteren Menschen vorzugehen. Das heißt, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass das Altern kein negativer Prozess ist – sondern im Gegenteil auch viele Vorteile mit sich bringt.

 

  • Erfahrung, Routine und Gelassenheit sind hier sicher an erster Stelle zu nennen. Das ist insbesondere in beruflichen Umfeldern wertvoll, immer mehr Unternehmen erkennen, dass die Erfahrung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein wichtiges Kapital ist. Beispiele dafür sind Konzepte für altersgemischte Teams oder ein betriebliches Altersmanagement, das die Stärken von erfahrenen Arbeitnehmenden gezielt nutzt.
  • Das Gleiche gilt im privaten Bereich. Ganz gleich, ob es um Freundschaften oder Familienangelegenheit geht – die Lebenserfahrung der Älteren ist ein durch nichts zu ersetzender Schatz. Älteren zuzuhören und von ihnen und ihren Erfahrungen zu profitieren, sollte selbstverständlicher werden, als das in unserer Gesellschaft leider noch zu oft der Fall ist.
  • Selbstermächtigung lautet ein weiteres wichtiges Stichwort. Damit ist gemeint, dass ältere Menschen ermutigt werden, für ihre Rechte einzustehen und möglicher Diskriminierung aktiv und selbstbewusst entgegenzutreten. Entscheidend dafür können persönliche Begegnungen sein – also der direkte und regelmäßige Austausch zwischen Jung und Alt.
  • Auch ehrenamtliches Engagement – wie bei den Maltesern – ist eine gute Möglichkeit für ältere Menschen, sich mit ihren Erfahrungen und über viele Jahre erworbenen und optimierten Fähigkeiten einzubringen. Da fördert nicht nur das Selbstwertgefühl der älteren Generationen, sondern bereichert die Gesellschaft als Ganzes.

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