Kinderarmut in Deutschland
Deutschland gilt als reiches Land. Dennoch ist jedes siebte Kind von Armut bedroht. Wo liegen die Ursachen dafür? Welche Auswirkungen hat Kinderarmut? Und welche Maßnahmen werden dagegen ergriffen?
Darum geht's:
So viele Kinder in Deutschland leiden unter Armut
Du glaubst, Armut sei nur ein Thema in Entwicklungsländern? Allein in Deutschland sind 14 Prozent aller Kinder von Armut bedroht. Das sind 2,1 Millionen Mädchen und Jungen unter 18 Jahren. Doch was heißt das genau? Und ab wann gelten Kinder in Deutschland als arm?/p>
Es werden unterschiedliche Formen von Armut definiert: die absolute, die relative und die gefühlte Armut. Kinder, die in Deutschland als armutsgefährdet eingestuft werden, fallen meist unter die relative Armut, weil sie und ihre Familien im Vergleich zu ihrem jeweiligen sozialen Umfeld weniger Geld zur Verfügung haben.
Die Armutsquote wird am Einkommen gemessen: Wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (Bundesmedian) zur Verfügung hat, gilt als armutsgefährdet. Zahlen gibt es dazu vom Statistischen Bundesamt aus dem Jahr 2023: Der sogenannte Schwellenwert für Armutsgefährdung lag demnach für Alleinlebende bei 1.314 Euro netto im Monat und bei einer vierköpfigen Familie mit Kindern unter 14 Jahren bei rund 2.759 Euro netto im Monat. Ein Problem dabei: Der Bundesmedian gilt für das gesamte Bundesgebiet. Regionale Unterschiede wie teurere Mieten in Ballungszentren werden dabei nicht berücksichtigt.
Was sind die Ursachen von Kinderarmut?
Kinder sind abhängig von ihren Eltern. Wenn diese nur wenig Geld verdienen oder auf Sozialleistungen angewiesen sind, bleibt für die Kinder nicht viel übrig. Selbst das Kindergeld, das jeder Familie zusteht, wird beispielsweise mit dem Bürgergeld verrechnet.
Einer der größten Faktoren für Kinderarmut ist das Bildungsniveau der Eltern. 37 Prozent der Kinder, deren Eltern einen niedrigen Schulabschluss und keine Berufsausbildung haben, sind von Armut betroffen. Im Vergleich dazu: Haben die Eltern einen Meistertitel oder ein abgeschlossenes Studium, sind 5,8 Prozent der Kinder armutsgefährdet. Das liegt vor allem daran, dass Menschen mit einem niedrigen Bildungsstand meist ein geringeres Einkommen haben.
Ein weiterer Faktor ist die allgemein angespannte Wirtschaftslage als Folge der Corona-Pandemie und der Kriege in Europa. Arbeitslosigkeit der Eltern und steigende Lebenshaltungskosten verschärfen die Situation in vielen Familien. Vor allem sind Kinder von Alleinerziehenden von Armut betroffen. 2023 waren 41 Prozent der unter 18-Jährigen armutsgefährdet, die bei nur einem Elternteil leben. Unter anderem sind mangelnde Betreuungsmöglichkeiten ein Problem, sodass der Elternteil nur in Teilzeit arbeiten kann. Je mehr Kinder in einem Haushalt leben, desto größer wird auch hier das Armutsrisiko. 30 Prozent der Familien mit zwei Erwachsenen, die drei oder mehr Kinder versorgen, galten 2023 als armutsgefährdet.
Was bedeutet es für Kinder in Deutschland, arm zu sein?
Kinderarmut in Deutschland ist nicht gleichbedeutend mit Obdachlosigkeit oder fehlender Nahrung. Familien, die in Deutschland von Armut betroffen sind, haben eine gesicherte Existenz, leben aber oft nur mit dem Nötigsten. Täglich eine warme Mahlzeit ist leider nicht für alle Kinder in Deutschland selbstverständlich. Betrachten wir Armut nicht nur als finanzielles Problem, sondern auch als soziales, dann ist in Deutschland jedes vierte Kind von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen. Soziale Ausgrenzung durch Armut entsteht deshalb, weil die Kinder auf vieles verzichten müssen, das für Gleichaltrige ganz selbstverständlich ist.
Wenn in der Schule Klassenfahrten oder Theaterbesuche anstehen, müssen manche Kinder zu Hause bleiben, weil die Eltern das Geld dafür nicht aufbringen können. Sie gehen nicht, wie andere mit neuen Büchern, Stiften und Schulranzen zur Schule. Auf Nachhilfe müssen sie auch häufig verzichten. Wenn sie zu Kindergeburtstagen eingeladen werden, können Kinder aus ärmeren Familien keine teuren Geschenke mitbringen wie ihre Klassenkameraden. Von einem eigenen Smartphone oder den angesagten Markenklamotten können diese Kinder nur träumen. Manche müssen im Winter sogar frieren, weil ihre Eltern keine warme Kleidung kaufen können. Taschengeld ist für sie nicht selbstverständlich und fürs Schwimmbad oder das Kino ist ebenfalls kein Geld da. Sport im Verein kostet Geld, genauso wie der Musikunterricht. In vielen Fällen haben die Eltern kein Auto und können ihre Kinder gar nicht erst zum Training fahren.
Beim Thema soziale Ausgrenzung von Kindern durch Armut steht Deutschland im EU-weiten Vergleich eher schlecht da. In mehr als der Hälfte aller EU-Staaten gibt es weniger armuts- oder ausgrenzungsgefährdete Kinder als hierzulande.
Hilfsangebote der Malteser in Deutschland
Für Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren Verhältnissen gibt es viele regionale Angebote der Malteser mit dem Fokus unter anderem auf Bildung, verschiedene Arten von Betreuung, das Ermöglichen sozialer Teilhabe und gesunde Ernährung.
Einige Beispiele sind: das Kölner Angebot „Satt & Schlau“, das Projekt „Mach Mit!“ des Mainzer Integrationsdienstes, die Lesepaten der Diözese Augsburg und das ehrenamtliche Mentorenprojekt „Balu & Du“, über das wir hier geschrieben haben.
Weitere Projekte der Malteser und Spendenmöglichkeiten findest du auf der Malteser-Seite zum Thema Kinderarmut. Infos zum Thema gibt es außerdem auf den Seiten „Bedürftigen- und Obdachlosenhilfe“ und „Spenden für Menschen ohne Krankenversicherung“. Warum Letzteres so wichtig ist, haben wir hier beschrieben. Möchtest du die Arbeit der Malteser in Deutschland unterstützen, kannst du dich in deiner Region ehrenamtlich engagieren oder eine Spende an die Malteser entrichten.
Bitte beachten Sie: Sobald Sie sich das Video ansehen, werden Informationen darüber an Youtube/Google übermittelt. Weitere Informationen dazu finden Sie unter Google Datenschutzerklärung.
Welche Folgen hat Kinderarmut?
Wer in seiner Kindheit Armut erlebt, leidet häufig das gesamte Leben darunter. Zu den mittel- und langfristigen Folgen gehören die folgenden Faktoren:
- Bildungsarmut: Viele Kinder brauchen Hilfe bei den Hausaufgaben. Doch nicht alle Eltern können sich ausreichend um die Bildung ihrer Kinder kümmern und sich auch keine Nachhilfe oder dergleichen leisten. Ohne guten Schulabschluss fällt es den Kindern schwer, einen Beruf zu erlernen, mit dem sie später selbst ausreichend Geld verdienen können.
- Psychische und soziale Störungen: Von Armut Betroffene können oft nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, weil ihnen das Geld dafür fehlt. Darunter leiden Kinder ganz besonders. Ihre mangelnden Möglichkeiten, was Kleidung, Ernährung, Freizeit- und Konsumangebote angeht, führen oft zu Stigmatisierung, Stress und Isolation. Die Kinder schämen sich für die ärmlichen Lebensumstände, ziehen sich zurück, verlieren ihre Hoffnung für die Zukunft und Ansprüche an sich selbst. Daraus resultieren wiederum psychische Krankheiten und Depressionen, die bei Kindern aus einkommensschwachen Haushalten deutlich öfter auftreten als bei Kindern von wohlhabenden Eltern.
- Beeinträchtigung der Gesundheit: Gesunde Lebensmittel sind teurer, genauso wie ärztliche Vorsorgeuntersuchungen. Durch den Mangel an ausgewogener Ernährung, medizinischer Versorgung und ausreichender Bewegung leidet die Gesundheit der Kinder langfristig.
Spendenaktion selbst anlegen
Mit dem Spendenaktionstool der Malteser kannst du selbst eine Spendenaktion für ein Malteser Hilfsprojekt anlegen. Das Angebot eignet sich besonders gut für Anlässe wie Unternehmens- oder Vereinsfeiern, kann aber prinzipiell von jeder Person oder Institution genutzt werden. Auf der Seite des Tools klickst du einfach auf den grünen Button zum Starten der Spendenaktion und legst sie danach über das Formular an. Dann entscheidest du dich für ein Hilfsprojekt und teilst die Aktion.
Wie lässt sich Kinderarmut bekämpfen?
Verschiedene Studien belegen: Kinder aus armen Familien bleiben häufig ihr ganzes Leben lang arm. Ein Patentrezept gegen Kinderarmut gibt es nicht. In erster Linie muss sich die Politik darum kümmern und viele Faktoren verbessern, damit Kinder nicht mehr von Armut betroffen sind. Hier ein paar Beispiele:
- Finanzielle Förderungen für Familien sind sehr aufwendig und kompliziert zu beantragen. Wenn alle Leistungen zum Beispiel zu einer Kindergrundsicherung zusammengefasst würden, würden viele bürokratische Hürden für die Eltern wegfallen.
- Kultur und Freizeit kosten Geld. Erhielten Kinder kostenlos Zugang zu Theater und Schwimmbad, könnten sie gesellschaftlich und sozial mithalten.
- Nicht immer werden faire Löhne bezahlt. Trotz Vollzeitjob können manche Eltern ihre Familie nicht optimal versorgen.
- Kita nur bis mittags, Schulschluss um eins? Wenn es mehr Betreuungsmöglichkeiten für Kinder gibt, könnten Eltern das Familienleben besser organisieren. Kinder profitieren von der professionellen Förderung, die sie beispielsweise in der Vorschule oder der Ganztagsschule erhalten.
Kinderarmut: Hier finden Betroffene Hilfe
Viele Hilfsorganisationen engagieren sich gegen Kinderarmut in Deutschland. Bekannte Vereine sind etwa die Malteser, das Deutsche Kinderhilfswerk, die Arche oder das SOS Kinderdorf. In jeder Stadt gibt es Angebote, die den Eltern beispielsweise bei Behördengängen helfen und den Kindern Abwechslung in der Freizeit bieten – mit Kochen, Sport, Basteln und Musik. Wenn du helfen möchtest, kannst du dich ehrenamtlich engagieren oder die Arbeit der Vereine mit einer Spende unterstützen.