Kinderarmut in Deutschland

Deutschland gilt als reich. Dennoch ist jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Wo die Ursachen dafür liegen, welche Auswirkungen die Kinderarmut hat und welche Maßnahmen dagegen ergriffen werden, erfährst du hier.

Darum geht's:


So viele Kinder in Deutschland leiden unter Armut

Du glaubst, Armut ist nur ein Thema in Entwicklungsländern? Allein in Deutschland ist mindestens jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Das sind fast drei Millionen Mädchen und Jungen unter 18 Jahren. Doch was heißt das genau? Und ab wann gelten Kinder in Deutschland als arm?

Es werden unterschiedliche Formen von Armut definiert – und zwar die absolute, die relative und die gefühlte Armut. Kinder, die in Deutschland als armutsgefährdet eingestuft werden, fallen meist unter die relative Armut, weil sie und ihre Familien immer noch mehr Geld zur Verfügung haben als arme Menschen in Entwicklungsländern.

Die Armutsgrenze wird am Einkommen gemessen: Wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (Bundesmedian) zur Verfügung hat, gilt als armutsgefährdet.

Zahlen gibt es dazu aus dem Jahr 2020: Der sogenannte Schwellenwert für Armutsgefährdung lag dabei für Alleinlebende bei 14.076 Euro im Jahr, für Familien war er dementsprechend höher. Bei einem Paar mit zwei Kindern unter 14 Jahren etwa bei 29.560 Euro. Ein Problem dabei: Der Bundesmedian gilt für das gesamte Bundesgebiet, er berücksichtigt keine regionalen Unterschiede – wie etwa teurere Mieten in Ballungszentren.

Was sind die Ursachen von Kinderarmut?

Kinder sind abhängig von ihren Eltern. Wenn die nur wenig Geld verdienen oder auf Sozialleistungen angewiesen sind, bleibt für die Kinder nicht viel übrig. Selbst das Kindergeld, das jeder Familie zusteht, wird beispielsweise mit Hartz-IV-Sätzen verrechnet.

  • Der Hauptrisikofaktor, in Deutschland unter Armut zu leiden, ist Arbeitslosigkeit. Mehr als die Hälfte aller Erwerbslosen ist derzeit armutsgefährdet.
  • Ein weiterer Faktor ist die familiäre Situation: Etwa 42 Prozent aller Menschen, die in einem Haushalt von Alleinerziehenden leben, waren in den vergangenen Jahren armutsgefährdet. Das betraf auch diejenigen, deren Elternteil feste Jobs hatte: Mehr als jede oder jeder fünfte erwerbstätige Alleinerziehende (22,3 Prozent) war etwa 2019 armutsgefährdet. Einer der Gründe können mangelnde Betreuungsmöglichkeiten für Kinder sein, sodass das Elternteil nur in Teilzeit arbeiten kann. Daneben tritt Kinderarmut in Familien mit mehr als drei Kindern gehäuft auf, vor allem, wenn nur ein Elternteil erwerbstätig ist. 
  • Der Bildungsstand spielt ebenfalls eine Rolle: Je höher er ist, desto weniger sind die Menschen statistisch von Armut betroffen. Menschen mit einem niedrigen Bildungsstand hingegen haben geringere Chancen, von ihrer Erwerbsarbeit gut leben zu können.

Was bedeutet es für Kinder in Deutschland, arm zu sein?

Kinderarmut in Deutschland ist nicht gleichbedeutend mit Obdachlosigkeit oder fehlender Nahrung. Familien, die in Deutschland von Armut betroffen sind, haben eine gesicherte Existenz, leben aber oft nur mit dem Nötigsten. Täglich eine warme Mahlzeit ist für arme Kinder in Deutschland nicht selbstverständlich. Die Kinder müssen auf vieles verzichten, was für andere Gleichaltrige selbstverständlich ist. Armut ist deshalb nicht nur ein materielles, sondern auch ein gesellschaftliches Problem.

Wenn in der Schule Klassenfahrten oder Theaterbesuche anstehen, müssen manche Kinder zu Hause bleiben, weil die Eltern das Geld dafür nicht aufbringen können. Sie gehen nicht, wie andere, mit neuen Büchern, Stiften und Schulranzen zur Schule. Auf Nachhilfe müssen Kinder aus armen Familien häufig verzichten.

Hilfsangebote der Malteser in Deutschland

Für Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren Verhältnissen gibt es zahlreiche regionale Angebote der Malteser, bei denen es unter anderem um Bildung, mannigfaltige Betreuung, das Ermöglichen sozialer Teilhabe sowie gesunde Ernährung geht.

Exemplarisch können das Kölner Angebot „Satt & Schlau“, das Projekt „Mach Mit!“ des Mainzer Integrationsdienstes, die Lesepaten der Diözese Augsburg sowie das ehrenamtliche Mentorenprojekt „Balu & Du“, über das wir auch bereits berichtet hatten, genannt werden.

Weitere Projekte sowie die Möglichkeit, die Arbeit der Malteser mit einer Spende zu unterstützen, findest du auf der Malteser-Seite zum Thema Kinderarmut. Infos zum Thema sind zudem auf den Seiten „Bedürftigen- und Obdachlosenhilfe“ und „Spenden für Menschen ohne Krankenversicherung“. Warum Letzteres so wichtig ist, haben wir hier erörtert.

Möchtest du die Arbeit der Malteser in Deutschland unterstützen, kannst du dich in deiner Region ehrenamtlich engagieren oder eine Spende an die Malteser entrichten.

Kinder aus ärmeren Familien haben es in vielen Lebenslagen schwerer: Wenn sie zu Kindergeburtstagen eingeladen werden, können sie keine teuren Geschenke mitbringen wie die Klassenkameraden. Arme Kinder haben oft kein eigenes Smartphone und können keine angesagten Markenklamotten tragen. Im Winter frieren einige, weil die Eltern keine warme Kleidung kaufen können. Taschengeld ist für sie nicht selbstverständlich und fürs Schwimmbad oder das Kino ist ebenfalls kein Geld da. Sport im Verein kostet Geld, genauso wie der Musikunterricht. In vielen Fällen haben die Eltern kein Auto und können ihre Kinder gar nicht erst zum Training fahren.

Bitte beachten Sie: Sobald Sie sich das Video ansehen, werden Informationen darüber an Youtube/Google übermittelt. Weitere Informationen dazu finden Sie unter Google Datenschutzerklärung.

Wie hat sich die Corona-Krise ausgewirkt?

Corona hat die Lage für die betreffenden Kinder und Jugendlichen noch deutlich verschärft – in vielfacher Hinsicht:

  • Gerade Eltern, die vielleicht in Teilzeit oder als Minijobber gearbeitet haben, gehörten häufig zu der Gruppe derjenigen, die als erste ihre Jobs verloren haben beziehungsweise denen kein Kurzarbeitergeld zustand.
  • Auch zahlreiche Unterstützungsangebote außer Haus für benachteiligte Kinder waren während des Lockdowns nicht gegeben – wie Jugendtreffs, Hausaufgabenhilfen, Mittagstische für Kids.
  • Jede und jeder sechste Minderjährige lebt zudem in beengten Wohnverhältnissen: Mit 16,4 Prozent sind die unter 18-Jährigen sogar die Altersgruppe, die am häufigsten davon betroffen ist. Das führte beim Homeschooling für die betreffenden Mädchen und Jungen zu deutlichen Nachteilen: Sie hatten einerseits nicht die räumlichen Möglichkeiten, sich zurückzuziehen, anderseits fehlte auch häufig die technische Ausstattung. Laut Bertelsmann Stiftung haben etwa „24 Prozent der Kinder im Grundsicherungsbezug keinen internetfähigen PC im Haushalt“. Damit besteht das Risiko, dass die betroffenen Kinder Lerninhalte versäumt und den Anschluss an ihren Klassen verloren haben.

Welche Folgen hat Kinderarmut?

Wer in seiner Kindheit Armut erlebt, leidet häufig sein gesamtes Leben darunter. Zu den mittel- und langfristigen Folgen gehören unter anderem:

  • Bildungsarmut: Viele Kinder benötigen Hilfe bei den Hausaufgaben. Doch häufig können sich die Eltern nicht genug um die Bildung der eigenen Kinder kümmern und sich auch keine Nachhilfe oder dergleichen leisten. Ohne guten Schulabschluss fällt es den Kindern schwer, einen Beruf zu erlernen, mit dem sie später selbst Geld verdienen können.
  • Psychische und soziale Störungen: Von Armut Betroffene können oft nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, weil ihnen das Geld dafür fehlt. Darunter leiden Kinder ganz besonders. Ihre mangelnden Möglichkeiten, was Kleidung, Ernährung, Freizeit- und Konsumangebote angeht, führen oft zu Stigmatisierung, Stress und Isolation. Die Kinder schämen sich für die ärmlichen Lebensumstände, ziehen sich zurück, verlieren ihre Hoffnung für die Zukunft und Ansprüche an sich selbst. Daraus resultieren wiederum psychische Krankheiten und Depressionen, die bei Kindern aus einkommensschwachen Haushalten deutlich öfter auftreten als bei Kindern von wohlhabenden Eltern.
  • Beeinträchtigung der Gesundheit: Eltern geben das vorhandene Geld zu selten für gesunde Lebensmittel aus, da sie vergleichsweise teuer sind. Durch den Mangel an ausgewogener Ernährung, medizinischer Versorgung und ausreichender Bewegung leidet die Gesundheit der Kinder langfristig.

Spendenaktion selbst anlegen

Mit dem Spendenaktionstool der Malteser kannst du selbst eine Spendenaktion für ein Malteser Hilfsprojekt anlegen. Das Angebot ist besonders gut für Anlässe wie Unternehmens- oder Vereinsfeiern geeignet, kann aber prinzipiell von jeder Person oder Institution genutzt werden. Auf der Seite des Tools klickst du einfach auf den grünen Button zum Starten der Spendenaktion und legst sie danach über das Formular an. Dann entscheidest du dich für ein Hilfsprojekt und teilst die Aktion.

Wie lässt sich Kinderarmut bekämpfen?

Verschiedene Studien belegen: Kinder aus armen Familien bleiben häufig ihr ganzes Leben lang arm. Ein Patentrezept, um die Kinderarmut zu bekämpfen, gibt es nicht. Vorrangig muss sich die Politik darum kümmern.

Viele Faktoren müssen sich verbessern, damit Kinder nicht mehr von Armut betroffen sind. Ein paar Beispiele:

  • Finanzielle Förderungen, die Familien vom Staat bekommen können, sind sehr aufwendig und kompliziert zu beantragen. Wenn alle Leistungen zum Beispiel zu einer Kindergrundsicherung zusammengefasst würden, fielen viele bürokratische Hürden für die Eltern weg.
  • Kultur und Freizeit kosten Geld. Erhielten Kinder kostenlos Zugang zu Theater und Schwimmbad, könnten sie gesellschaftlich und sozial mithalten.
  • Nicht immer werden faire Löhne bezahlt. Trotz Vollzeitjob können manche Eltern ihre Familie nicht optimal versorgen.
  • Kita nur bis mittags, Schulschluss um eins? Wenn es mehr Betreuungsmöglichkeiten für Kinder gibt, können Eltern das Familienleben besser organisieren. Kinder profitieren von der professionellen Förderung, die sie beispielsweise in der Vorschule oder der Ganztagsschule erhalten.

Kinderarmut: Hier finden Betroffene Hilfe

Viele Vereine engagieren sich gegen Kinderarmut in Deutschland. Bekannte Vereine sind etwa die Malteser, das Deutsche Kinderhilfswerk, die Arche oder das SOS Kinderdorf. In jeder Stadt finden sich solche Organisationen, die den Eltern beispielsweise bei Behördengängen helfen und den Kindern Abwechslung in der Freizeit bieten – mit Kochen, Sport, Basteln und Musik. Wenn du helfen möchtest, kannst du dich ehrenamtlich engagieren oder die Arbeit der Vereine mit einer Spende unterstützen.

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