Umzug ins Pflegeheim: Wann ist die Zeit gekommen?
Zuhause ist es am schönsten. Doch wenn ein selbstbestimmtes Leben im eigenen Heim nicht mehr möglich ist, sollten Sie über den Umzug in ein Alten- oder Pflegeheim nachdenken. Ihre Selbstbestimmung muss dabei nicht verloren gehen.
Ab wann ein Umzug unvermeidbar ist
Über vier Millionen Menschen in Deutschland gelten als pflegebedürftig. So meldete es das Statistische Bundesamt zuletzt zum Jahresende 2019. 80 Prozent unter ihnen werden zu Hause betreut. In unserer heutigen Gesellschaft ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Menschen so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden führen. Das umfangreiche Angebot ambulanter Pflegedienste und der Ausbau von digitalen Assistenzsystemen für Hilfsbedürftige macht dies möglich. So können potenzielle Versorgungslücken bei der familiären Betreuung geschlossen werden. In bestimmten Fällen ist es jedoch empfehlenswert, in ein Alten- oder Pflegeheim umzuziehen.
Bei einer Demenz beispielsweise reicht die ambulante Unterstützung in der Regel nicht mehr aus. Unabhängig davon sollten sich Betroffene und Angehörige eine wichtige Frage stellen, sagt Stefan Nolte, Referatsleiter Altenpflege der Maltesern in Duisburg: „Habe ich zu Hause noch Lebensqualität? Sehr viel kann ambulant geleistet werden. Wenn aber aufgrund der Unterstützungsbedürftigkeit die Vereinsamung droht, weil ich nicht mehr rausgehen und keine sozialen Kontakte mehr pflegen kann, dann ist das der Punkt, an dem man den Umzug in eine Einrichtung überdenken sollte.“ In diesen Fällen bietet ein Pflegeheim, auch Seniorenheim genannt, Vorteile wie Barrierefreiheit, Geselligkeit und spezielle Pflege und Betreuungsangebote, die in den unterschiedlichsten Lebenslagen ein möglichst selbstbestimmtes Leben sicherstellen soll. Für Menschen mit Demenz bietet es den nötigen geschützten Raum.
Alten- oder Pflegeheim? Die Unterschiede
Das Altenheim ist ein Auslaufmodell. Ursprünglich war es als Wohnheim für Seniorinnen und Senioren gedacht, die noch keinen Pflegebedarf haben, aber nicht mehr alles im Haushalt alleine machen wollen. Mit dem gesellschaftlichen Wandel wurden die klassischen Altenheime abgeschafft, sagt Stefan Nolte: „Heutzutage bleiben die Menschen so lange wie möglich zu Hause. Erst wenn es dort nicht mehr geht, zieht man in ein Pflegeheim.“ Auch im Pflegeheim geht es darum, weiterhin ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. Darauf sind die pflegerischen Maßnahmen ausgerichtet. Einzelzimmer sind inzwischen der Standard und es gibt ein großes Angebot an Aktivitäten.
Die passende Pflegeeinrichtung finden
Wenn ein Umzug unvermeidbar ist, dann sollte die Einrichtung am besten in der vertrauten Umgebung sein, also möglichst nahe dem aktuellen Wohnort. Die meisten Einrichtungen präsentieren ihr Angebot im Internet, so auch die Malteser. Vielleicht gibt es Nachbarinnen oder Nachbarn, Bekannte oder Freunde, die bereits in einem Altenheim wohnen. In jedem Fall ist es wichtig, sich einen umfangreichen Eindruck zu verschaffen, sagt Stefan Nolte: „Ich plädiere immer dafür, mich vorher in der Einrichtung umzuschauen. In einem guten Pflegeheim darf ich mich frei bewegen. Das ist wichtig, denn es geht um die Atmosphäre. Ist es hell oder dunkel? Ist es verschwiegen oder wird auch gelacht? Man sollte sich immer fragen: Kann ich mir vorstellen, hier zu leben?“
Über den Versorgungsvertrag mit der gesetzlichen Pflegeversicherung sind Leistungen und Preise für Pflegeheime in Deutschland weitestgehend festgeschrieben. Von daher sind die meisten Einrichtungen vergleichbar. Den Unterschied machen die Atmosphäre und das persönliche Empfinden. Sind mir abwechslungsreiche Aktivitäten besonders wichtig, ein gemütlicher Aufenthaltsraum oder ein schöner Garten? Ist die Wahl getroffen, steht der Umzug an.
Ablauf des Umzuges
Ein Umzug in ein Pflegeheim kann heutzutage schnell vonstattengehen. Wartelisten sind kaum noch ein Thema, dank der vielen ambulanten Angebote. Zunächst bedarf es eines Heimvertrages, den die Betroffenen mit der gewünschten Pflegeeinrichtung abschließen. Dabei wird auch die Finanzierung geklärt. Einen Teil deckt die gesetzliche Pflegeversicherung ab, abhängig vom Pflegegrad. Dieser muss gegebenenfalls ermittelt werden. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Zuschüsse zu bekommen. In diesem Fall müssen entsprechende Anträge gestellt werden. Idealerweise begleiten Angehörige Sie während dieses Prozesses, sagt Stefan Nolte: „Das ist schon eine kleine Herausforderung. Doch die Einrichtungen sind immer bemüht, dies möglichst reibungslos zu gestalten.“ Der Umzug muss ebenfalls selbst organisiert werden und damit steht die Entscheidung an: Welche Möbel und Dinge nehme ich mit? Grundsätzlich gestalten die Bewohnerinnen und Bewohner ihre Zimmer selbst mit den eigenen Möbeln. Nur das Bett wird gestellt, denn dies ist eine feste Vorgabe für die optimale Pflege der Bewohnerinnen und Bewohner und den Arbeitsschutz der Pflegekräfte.
Alternativen zum Heim
Neben einem Pflegeheim gibt es noch weitere Möglichkeiten, im Alter sicher und selbstbestimmt zu wohnen. Eine Möglichkeit bietet das Betreute Wohnen, auch als Wohnen mit Service bekannt. Dabei handelt es sich um Wohngebäude oder -anlagen mit kleineren Wohnungen für ein oder zwei Personen sowie Gemeinschaftsräumen. Das Haus und die Wohnungen sind barrierefrei gestaltet. Es gibt zusätzliche Services wie einen Hausnotruf. So kann jede beziehungsweise jeder in seinen eigenen vier Wänden leben, ohne zu vereinsamen. Allerdings sollte man sich die Anbieter stets genau ansehen: „Das Betreute Wohnen ist keine gesetzliche Leistung und damit nicht geregelt. Es ist sinnvoll, einen zertifizierten Träger wie die Malteser auszuwählen. Das Zertifikat stellt sicher, dass wir in der Preisgestaltung transparent sind und einen gewissen Standard bei den Leistungen bieten.“ Zusätzlich kann man einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch nehmen, wie in jeder eigenen Wohnung.
Eine weitere Alternative zum Pflegeheim ist eine Wohngemeinschaft für Pflegebedürftige. Diese besteht aus einer großen Wohnung oder einem Haus mit mehreren Zimmern und einem Gemeinschaftsraum. Hier leben drei bis zwölf Personen. Alle haben ein eigenes Zimmer. Eine sogenannte Präsenzkraft unterstützt den Alltag der Bewohnerinnen und Bewohner durch regelmäßiges Kochen, Wäschewaschen und Putzen. Und auch hier kann, je nach Bedarf, zusätzlich ein ambulanter Pflegedienst in Anspruch genommen werden. Dieser ist unabhängig von dem Anbieter der Wohngemeinschaft. Es gibt auch spezielle Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz. So werden sie sicher begleitet und umfassend versorgt, ohne ihren persönlichen Freiraum zu verlieren. Stefan Nolte ist sich sicher: „Diese Wohnform hat sich in Deutschland bereits verbreitet und wird sich auch noch weiterentwickeln. Das Spektrum der Möglichkeiten, im Alter betreut und versorgt zu wohnen, nimmt zwar zu. Jedoch wird das Pflegeheim weiterhin, wenn auch in einer weiterentwickelten Form, eine Variante bleiben.“
Einen alten Baum verpflanzt man nicht
Emotional gesehen steckt in dem alten Sprichwort eine Menge Wahrheit. Für die Seele und das Wohlbefinden eines alternden Menschen ist es immer von Vorteil, im eigenen Zuhause versorgt zu werden – bestenfalls sogar selbstständig und selbstbestimmt. Wenn jedoch der Alltag nicht mehr allein, mit ambulanter Pflege oder von Angehörigen bewerkstelligt werden kann, ist der Umzug in eine geeignete Pflegeeinrichtung vermutlich eine gute Alternative. Wenn es nicht mehr anders geht, sehen Sie den Umzug nicht zu negativ, sondern als Chance. Genießen Sie die Angebote, die sich Ihnen bieten und vielleicht ist auch ein bisschen Zeit für KulTour.