Eine Frage der Generation: Wann fühlen Menschen sich alt?

22 Millionen Menschen in Deutschland sind 60 Jahre oder älter – mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Aber sind sie damit schon alt? Wie fühlen sie sich selbst dabei? Wie sehen andere sie? Klar ist: Die Deutschen leben immer länger. Aber: Ab wann ist man heute eigentlich alt?

Ab wann bin ich eigentlich alt?

Beim Blick in den Spiegel fühlen sich manche schon mit Ende 40 plötzlich alt: Wo kommen plötzlich die grauen Haare und die Falten her? Scheinbar über Nacht hat ein Alterungsprozess eingesetzt. Andere haben noch mit Mitte 70 den Eindruck, in der Blüte ihrer Kraft zu stehen und genießen das Leben in vollen Zügen. Ab wann man sich alt fühlt, das ist sehr subjektiv und hängt mit vielen Faktoren zusammen. Der Spruch „Man ist nur so alt, wie man sich fühlt“ trifft zu, da sind sich Altersforscherinnen und Altersforscher einig. Zumindest in Teilen. Denn es wird unterschieden zwischen biologischem und kalendarischem Alter. An letzterem ist nichts zu rütteln. Es zählt das Alter chronologisch vom Tag der Geburt.

Ab wann bin ich rechnerisch alt?

Wenn man allein vom kalendarischen Alter ausgeht, gibt es einige Definitionen und Unterteilungen in Untergruppen. Laut Europarat gehören wir mit 65 Jahren zu den älteren Menschen, für die UNO gilt das schon für die 60-Jährigen.

Allgemein wird hierzulande folgendermaßen differenziert:

 

  • Mit 60 bis 65 Jahren setzt der Übergang ins Alter ein.
  • Die Altersgruppe zwischen 60 und 74 Jahren sind die sogenannten jungen Alten.
  • Mit 75 bis 85 oder laut manchen Definitionen auch 89 Jahren gelten Menschen als hochbetagt.
  • Ab 90 Jahren sind ältere Menschen höchstbetagt.  
  • und ab 100 Jahren langlebig.
  • In der Gerontologie wird deshalb auch zwischen dem dritten und dem vierten Alter differenziert, also zwischen den jungen Alten und den Hochbetagten.

Wie unterscheiden sich das kalendarische und biologische Alter?

Jeder Mensch altert anders und mehr oder weniger ausgeprägt in unterschiedlichen Lebensphasen. Das chronologische Alter ist also nur als Richtwert aussagekräftig – es kann helfen, bestimmte gesundheitliche Veränderungen oder auch Probleme vorherzusagen und einzuordnen. Aber darüber hinaus gibt es eine Reihe unterschiedlicher Faktoren, die den individuellen Alterungsprozess beeinflussen. Laut Max-Planck-Institut sind dafür zu etwa 10 bis 15 Prozent die Gene verantwortlich, weitere wichtige Faktoren bilden äußere Umwelteinflüsse, Krankheiten und oft maßgeblich der jeweilige Lebensstil. Das biologische Alter bezeichnet den jeweils aktuellen Zustand des Körpers und kann mit Hilfe einiger Tests ermittelt werden.

Dabei werden unter anderem folgende Faktoren berücksichtigt:

 

  • das Seh-, Hör- und Tastvermögen
  • der Blutdruck 
  • die Cholesterinwerte
  • kognitive Faktoren wie die Gedächtnisfähigkeit
  • die Reaktionsgeschwindigkeit
  • die Gelenkbeweglichkeit
  • das Verhältnis von Fett- und Muskelmasse
  • Funktionalität und Kapazität der Lunge

 

Das chronologische und das biologische Alter können sich so um viele Jahre unterscheiden.

Was für Altersdefinitionen gibt es noch?

Auch ein berufliches Alter ist zu definieren. Lange war das Eintrittsalter in die reguläre Rente 65 Jahre. Aber viele Seniorinnen und Senioren in Deutschland sind auch schon eher in den Ruhestand gegangen. Der Begriff Senior oder Seniorin im beruflichen Kontext benennt inzwischen also kein direktes Alter mehr. Derzeit wird bis zum Jahr 2031 das Renteneintrittsalter in Deutschland schrittweise nach oben angepasst – die Regelaltersrente ohne Abschläge beginnt bereits jetzt für viele Berufstätige mit 67 Jahren. Und auch ein psychologisches Alter gibt es – es spiegelt wider, wie alt wir uns fühlen und wie wir uns verhalten. Es ist also nicht so einfach, die Frage zu beantworten, ab wann man als alt gilt.

Altern in Zahlen und im Wandel der Zeit

Das Verhältnis zum Alter hat sich in den vergangenen Jahrzehnten erheblich verändert. Das liegt vor allem auch an der sich in Deutschland stetig erhöhenden Lebenserwartung.

 

  • Ab 1871 wurden die ersten allgemeinen Sterbetafeln veröffentlicht. Damals betrug die Lebenserwartung für Frauen 38,5 Jahre und die für Männer 35,5 Jahre. Das hat sich drastisch verändert.
  • Laut Sterbetafel 2020/2022 werden Männer im Schnitt 78,3 Jahre alt und Frauen 83,2 Jahre. 
  • Diese Entwicklung bedeutet auch, dass immer mehr Hochbetagte in Deutschland leben. 1991 gab es hierzulande 1,2 Millionen Menschen über 85 Jahren. Diese Zahl hat sich laut Destatis bis 2022 mehr als verdoppelt – auf 2,7 Millionen Menschen über 85 Jahre.

 

Die Tatsache, dass immer mehr Deutsche viel älter werden als früher, verschiebt natürlich auch das Empfinden, ab wann man alt ist. Seniorinnen und Senioren leben heute ganz anders als früher, nehmen länger aktiv am Leben teil, reisen viel, bekommen meist auch erst später Enkelkinder.

Ab wann beginnt das Altern denn?

Noch ein weiterer Faktor spielt eine Rolle beim Altersempfinden: Wir wissen, dass das körperliche Altern schon früh beginnt, meist viele Jahre, bevor wir es merken.

Wir fangen im frühen Erwachsenenalter, nämlich dann, wenn der Körper ausgewachsen ist, an zu altern. Das ist ein allmählicher Prozess, der lange Zeit von uns unbemerkt bleibt und in der Regel nicht als einschränkend empfunden wird. Doch dieser Prozess schreitet kontinuierlich voran. Schon ab dem 20. Lebensjahr kann die Ausdauer nachlassen, nach und nach treten erste graue Haare und Fältchen auf.

Kann man das Altern verlangsamen?

Da der Lebensstil den Alterungsprozess beeinflussen kann, kann man versuchen, ihn zu bremsen. Dazu können folgende Maßnahmen beitragen:
 

  • Eine ausgewogene, kalorienreduzierte Ernährung mit ausreichend Nährstoffen.
  • Vermeidung von Übergewicht.
  • Regelmäßige Bewegung. Sie erhöht nicht nur die Fitness und wirkt dem Muskelabbau entgegen, sondern trägt auch zur Produktion von Antioxidantien bei.
  • Der Verzicht auf Risikofaktoren wie Nikotin-, Tabletten- oder übermäßigen Alkoholkonsum.
  • Stressreduzierung etwa durch Entspannungsübungen.
  • Ausreichend Schlaf, damit Körper und Geist regenerieren können.

Ab wann fühlen wir uns heute alt?

Laut einer aktuellen Studie der „American Psychological Association“ verschiebt sich unsere Wahrnehmung des Alterns immer weiter nach hinten. Es ging in der Langzeitstudie um die Frage: Ab wann ist man alt? Noch vor einigen Jahren beantworteten 65-jährige Teilnehmende die Frage mit 71 Jahren. Inzwischen hat sich der subjektiv empfundene Altersbeginn bei der gleichen, allerdings später geborenen Altersgruppe auf 75 Jahre erhöht. Außerdem fiel den Forschenden der Humboldt Universität, der Stanford University, der Universität Luxemburg und der Universität Greifwald auf, dass die Befragten mit zunehmendem eigenen Alter auch das Empfinden fürs Altsein weiter nach hinten verschoben. Und: Frauen und Männer urteilen anders – Frauen fühlten sich im Schnitt erst zweieinhalb Jahre später alt.


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