Die psychischen Folgen von Einsamkeit
Einsamkeit wirkt negativ auf die Psyche und die körperliche Gesundheit. Sie ist allerdings keine in der Medizin anerkannte Diagnose. Der Zustand beziehungsweise das Empfinden von Einsamkeit wird eher, wie Armut oder Arbeitslosigkeit, als ein krankmachender Faktor betrachtet. Ihre negativen Auswirkungen gerade auf die Gesundheit von älteren Menschen sind dagegen seit geraumer Zeit belegt. Problematisch wird es, wenn Einsamkeit chronisch wird und mit sozialer Isolation einhergeht.
Einsamkeit verursacht seelischen und körperlichen Stress
Dass Einsamkeit seelischen Stress auslöst, ist lange bekannt. Dabei entsteht häufig ein Teufelskreis: Betroffene schämen sich für ihre fehlenden sozialen Kontakte und ziehen sich noch mehr von anderen Menschen zurück. Das führt zu einem hohen Leidensdruck und wirkt sich negativ auf die Lebensqualität aus. Unterschiedliche Studien haben inzwischen den Zusammenhang von Einsamkeit und Depressionen nachgewiesen.
Und auch die körperlichen Folgen sind schwerwiegend: Das Fehlen von sozialen Beziehungen über einen längeren Zeitraum wird inzwischen als ähnlich gefährlich eingestuft wie übermäßiger Alkoholkonsum, Nikotin, schlechte Ernährung oder ständiger Bewegungsmangel.
Aber soweit muss es ja gar nicht erst kommen. Es gibt Wege, der Einsamkeit präventiv entgegenzuwirken. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Hobby, Sport oder sogar einem ehrenamtlichen Engagement?
Depression: Wenn die Seele krank wird
Wenn das Gefühl der Einsamkeit so übermächtig ist, dass es Ihnen schwerfällt, die einfachsten alltäglichen Dinge zu erledigen, könnte Ihre Seele an einer Depression leiden. Sprechen Sie mit Ihren Freundinnen beziehungsweise Freunden und/oder Ihrer Familie über die Situation und kontaktieren Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt. Lassen Sie sich gut beraten, denn körperliche oder kognitive Erkrankungen im Zusammenspiel mit einer Depression können auch Auswirkungen auf den konkreten Pflegegrad haben, sodass Sie Anspruch auf mehr oder umfangreichere Pflegeleistungen haben. Wenn Sie unsicher sind, ob sie an einer Depression leiden oder zunächst mehr über die Thematik wissen möchten, können Sie sich bei der Deutschen Depressionshilfe beraten lassen.
Schon vor der Pandemie hat sich die Forschung weltweit intensiv mit dem Thema Einsamkeit beschäftigt. Es gibt zahlreiche Studien zu den Folgen von Einsamkeit, vor allem im angelsächsischen Raum, aber zunehmend auch in Deutschland. Sie alle kommen zu dem gleichen Schluss: Chronische Einsamkeit erhöht das Risiko, an Herzinfarkten, Schlaganfällen, Krebs oder Demenz zu erkranken, ganz erheblich.
So erbrachten amerikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer vierjährigen Untersuchung mit 800 älteren Menschen den Nachweis, dass das Risiko, an Altersdemenz zu erkranken, bei einsamen Menschen doppelt so hoch ist. Forscherinnen und Forscher der US-Universitäten Brigham Young und North Carolina werteten rund 150 Studien zum Thema Einsamkeit aus und fassten die Resultate so zusammen: Dauerhafte Isolation erhöht das Sterblichkeitsrisiko genauso wie Rauchen und Übergewicht. Großbritannien stufte das Problem als so gravierend ein, dass Premierministerin Theresa May 2018 eine „Ministerin für Einsamkeit“ ins Amt berief.
Das Dilemma während der Pandemie
Einige ältere Menschen sind fest entschlossen, gegen die Einsamkeit anzukämpfen – sie pflegen Kontakte, gehen gerne einem Hobby nach und bleiben proaktiv mit ihren Mitmenschen in Kontakt. Ist all dies aus Angst vor einer Ansteckung, beispielsweise mit dem Coronavirus, nicht möglich, wird daraus ein echtes Dilemma. Kontakte sind kaum bis gar nicht erlaubt und die Einsamkeit gewinnt ihren Platz zurück im Alltag von vielen älteren Menschen, die eigentlich aktiv dagegen ankämpfen. Aber auch hierfür gibt es Lösungen: Mit dem Telefonbesuch der Malteser sind soziale Kontakte zum Beispiel trotzdem möglich. Geben Sie der Einsamkeit erst gar keinen Raum, achten Sie frühzeitig auf ihr Wohlbefinden, nehmen Sie die Signale ihres Körpers ernst und behalten Sie auch im Alter Ihre Lebensfreude bei.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden begünstigt
Herz-Kreislauf-Erkrankungen können durch chronisches Alleinsein gefördert werden. Bei einsamen Probandinnen und Probanden stellten Medizinerinnen und Mediziner in Studien fest, dass sie einen erhöhten Anteil des Stresshormons Cortisol aufwiesen, das unter anderem entzündungshemmend wirkt. Naomi I. Eisenberger von der Universität Los Angeles (UCLA) unterzog in einer Studie Probandinnen und Probanden einem Stresstest. Die Teilnehmenden mit wenigen Sozialkontakten schütteten in angespannten Situationen deutlich mehr Cortisol aus als diejenigen mit vielen Sozialkontakten.
Andere wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die sich isoliert fühlen, auch ohne Stresssituationen einen dauerhaft erhöhten Cortisolspiegel aufweisen. Das führt dazu, dass die Empfindlichkeit gegenüber Cortisol geschwächt wird. Die Folge: Der Körper kann Entzündungen nicht mehr so effektiv bekämpfen, wodurch Herz-Kreislauf-Leiden deutlich begünstigt werden. Darüber hinaus löst ein erhöhter Cortisolspiegel auch dauerhaft zu hohen Blutdruck und zu hohe Blutzuckerwerte aus. Ein weiterer ungesunder Effekt: Das Stresshormon Cortisol fährt das Immunsystem herunter, sodass die Gefahr von Infekten aller Art steigt.
Soziale Kontakte könnten Sie auf unterschiedliche Art und Weise pflegen. Haben Sie ein Smartphone? Dann können Messenger-Apps Sie zum Beispiel dabei unterstützen, mit Freunden oder der Familie Kontakt zu halten. Hinter dem nachfolgenden Link finden Sie zum Thema Smartphones für Seniorinnen und Senioren ein paar hilfreiche Tipps.
Schlechter Schlaf führt auch zu weniger Belastbarkeit
Die nachhaltigen Auswirkungen von ausreichendem und gutem Schlaf auf unsere Gesundheit sind ausreichend belegt. Umso beunruhigender für Betroffene ist das Resultat einer Untersuchung der Universität Chicago, die zeigt, dass Menschen mit schwachem sozialem Umfeld und fehlenden Beziehungen signifikant schlechter schlafen, schlechter regenerieren – und damit letztlich schneller altern.
Auch auf die Belastbarkeit hat eine (unfreiwillig) einsame Lebensweise erhebliche Auswirkungen. Menschen mit wenigen Sozialkontakten fühlen sich von Stresssituationen und Krisen – wie etwa Corona – stärker bedroht. Das Gefühl der Hilflosigkeit wird intensiver wahrgenommen, weil erfreuliche und entlastende Erlebnisse in der Einsamkeit zu selten sind. Statt Resilienz aufzubauen, entwickeln sie eher ausweichende Vermeidungsstrategien und pessimistische Grundhaltungen. Das führt dazu, dass die Zahl der stressauslösenden Faktoren bei Einsamen deutlich höher ist als bei Menschen, die soziale Beziehungen pflegen.
Dieses ungesunde Ungleichgewicht, so der bekannte amerikanische Einsamkeitsforscher und Psychologe John T. Cacioppo, ist bei Älteren deutlich stärker ausgeprägt als bei jungen Menschen. Der Wissenschaftler führt das darauf zurück, dass die durch anhaltende Einsamkeit ausgelösten Vermeidungsstrategien im Laufe der Lebensjahre dazu führen, dass Einsame immer mehr Probleme bekommen. Das geht sogar so weit, dass laut Cacioppo einsame Menschen wegen ihrer „problematischen sozialen Reaktionen in frustrierenden Jobs feststeckten, weil sie seltener gute Positionen“ bekämen. Die Folge: Mehr Stress auch bei der Arbeit.
Dass Arbeiten für viele Seniorinnen und Senioren auch einen positiven Effekt haben kann, haben wir hier noch einmal genauer beleuchtet. Auch nach dem Eintritt in den Ruhestand bleiben viele Rentnerinnen und Rentnerinnen erwerbstätig, da sie Spaß an der Arbeit haben, den Kontakt zu anderen Menschen suchen und vor allem den Wunsch nach einer Aufgabe besitzen.
Menschen ohne soziale Kontakte achten weniger auf sich
Das größte Risiko bei einem dauerhaften Lebensstil ohne ausreichend soziale Bindungen ist allerdings die damit oft verbundene ungesunde Lebensart. Welche drastischen Folgen das haben kann, belegt die Studienauswertung der Brigham Young University: Menschen mit einem funktionierenden Freundeskreis haben ein bis zu 50 Prozent niedrigeres Sterberisiko.
Der Grund dafür liege vor allem darin, dass Menschen in Beziehungen oder festen Gruppengefügen verantwortungsvoller mit sich selbst und anderen umgehen. Gesundheitsfördernde Aktivitäten wie Sporttreiben oder Kochen werden demnach in Beziehungen und von Gruppengefügen deutlich stärker motiviert als bei Alleinlebenden oder sich isoliert fühlenden Menschen. Auch hier sind die Folgen messbar: Ältere Menschen, die unter Einsamkeit leiden, sind körperlich bis zu 40 Prozent weniger aktiv als ältere, sozial eingebundene Menschen.
Wie wichtig Sport und eine gesunde Ernährung im Alter sind, haben wir in einem anderen Artikel noch einmal zusammengefasst. Wie einfach Sie eine gesunde Ernährung zudem in Ihren Alltag integrieren können lesen Sie hier.
Tipps gegen Einsamkeit im Alter
Was Sie gegen soziale Isolation und das Gefühl der Einsamkeit tun können, haben wir in diesem Artikel noch einmal zusammengestellt. Geben Sie Einsamkeit erst gar keine Chance!