Familie zerstritten: Wie eine Wiederannäherung klappen kann
Kleine Streitereien in der Familie sind normal. Führt ein Streit jedoch zu einer langjährigen Kluft in der Familie, kann dies für alle Beteiligten zu einer Last werden. Besonders im fortgeschrittenen Alter. Gerade dann sollten Sie nicht den Mut verlieren und versuchen, den Streit – sofern möglich – beizulegen.
Gründe für familiäre Zerwürfnisse
Streit ist nicht gleich Streit. Ein Konflikt zwischen erwachsenen Geschwistern geht oft bis in die Kindheit oder Jugend zurück, auf Probleme im Elternhaus oder ungleiche Behandlung. Nicht selten hinterlassen diese Erlebnisse tiefe Spuren in der Psyche.
Wenn sich Eltern mit ihren erwachsenen Kindern zerstreiten – oder auch andersherum – können auch hier die Ursachen weit zurückreichen. In den meisten Fällen schwelen Konflikte über Jahre hinweg und eskalieren eines Tages. Nicht immer muss eine „böse Absicht“ dahinterstehen. So kann es durchaus sein, dass sich Kinder im Erwachsenenalter von ihren Eltern distanzieren, weil diese sich einfach nicht ausreichend aus ihrem Leben zurückziehen. Aber auch aktuellere Lebensereignisse bergen Streitpotenzial, seien es neue Partnerinnen und Partner oder finanzielle und berufliche Themen wie zum Beispiel der Verzicht auf die Übernahme des traditionsreichen Familienbetriebs.
In einigen Fällen sitzt der Grund für das Zerwürfnis noch tiefer, ist in der Kindheit oder Jugend zu finden und kommt für die ältere Generation manchmal wie aus dem Nichts. Ein Kontaktabbruch ist immer ein Zeichen großer innerer Not und für alle Beteiligten schmerzhaft und psychisch extrem belastend. Kontaktversuche werden dann ignoriert oder geblockt und es herrscht Funkstille. Kann in einer derart verfahrenen, komplexen Situation eine Wiederannäherung gelingen?
Schritt für Schritt wieder zusammenfinden
Möchten Sie diesen schwer aushaltbaren Zustand überwinden? Sind Sie bereit, dafür Kompromisse einzugehen sowie Zeit und Arbeit zu investieren? Suchen Sie einen Startpunkt, um Ihre Situation zu verbessern? Dann können diese Tipps Ihnen möglicherweise helfen:
Erste Schritte: Treffen Sie Entscheidungen
Für die Lösung eines Streits gibt es, wie so oft, keine Patentlösungen. Doch so banal es klingen mag: Der erste Schritt ist immer Ihre Entscheidung, endlich etwas ändern zu wollen. Es empfiehlt sich, nicht sofort zum Telefon zu greifen, da sich die Gegenseite dadurch schnell bedrängt und überrumpelt fühlen könnte. Eine möglicherweise bessere Option ist ein klassischer Brief – auch als E-Mail – der von der angeschriebenen Person zu einem selbstgewählten Zeitpunkt in Ruhe und auch mehrfach gelesen werden kann. Und auch Ihnen kann das Schreiben dabei helfen, sich mit den auslösenden Momenten des Streits selbstkritisch zu beschäftigen. Seien Sie ehrlich, beschreiben Sie Ihre Sicht der Dinge – und versuchen Sie aber gleichzeitig auch, die Position Ihres Gegenübers zu verstehen. Anschuldigungen können einen Versöhnungsprozess schon im Keim ersticken.
Professionelle Hilfe: Die Familientherapie
Wenn auf beiden Seiten grundsätzlich die Bereitschaft zur Aussprache besteht, sollten Sie professionelle Hilfe in Betracht ziehen. Die erste Adresse hierfür sind familientherapeutische Einrichtungen. Hier finden Sie Expertinnen und Experten, die als Mediator die Gespräche unterstützen und Konflikte objektiv analysieren können. Die neutrale Umgebung und Moderation tragen dazu bei, Gespräche in eine konstruktive Richtung zu lenken und ihnen auch bei hoher Emotionalität neues Streitpotenzial zu nehmen.
Natürlich müssen sich vorab alle Beteiligten des Streits bereiterklären, diesen Schritt zu wagen. Eine solche Therapie ist alles andere als einfach und funktioniert nur, wenn die Teilnehmenden sich darauf einlassen.
Wenn eine gemeinsame Therapie nicht möglich ist, Sie vielleicht das Gefühl haben, die Situation nicht deuten zu können, und sich der Streit merklich auf Ihre Psyche auswirkt, kann auch eine Einzeltherapie helfen.
Die Suche nach Kontaktmöglichkeiten
Ist der Kontakt unter Familienmitgliedern schon länger abgebrochen, ist es manchmal schon eine Herausforderung, die entsprechenden Personen zu finden. Wohnort und Adresse können sich ändern, ebenso wie Telefonnummern oder E-Mail-Kontakte. Hier hilft es oft, im Internet auf die Suche zu gehen. Häufig wird man auf Plattformen wie Facebook, XING oder LinkedIn fündig. Wenn Sie in diesen Medien selbst nicht aktiv sind oder auch unsicher, bitten Sie Freunde um Hilfe, sofern Sie diese in Ihr Vorhaben „einweihen“ möchten.
Ein anderer Weg sind professionelle Agenturen wie zum Beispiel Wiedersehen macht Freude, die sich auf die Suche von Personen spezialisiert haben. Diese verfügen über große Netzwerke und Kontakte zu Behörden. Zudem kennen sie die speziellen Herausforderungen einer Zusammenführung und agieren demnach sehr diskret und sensibel. Eine Erfolgsgarantie gibt es leider nie. Und falls auf der anderen Seite eine Kontaktaufnahme einfach nicht erwünscht ist, sollte diese Tatsache natürlich akzeptiert werden.
Wenn die Annäherung nicht mehr klappt
So ein Kontaktabbruch ist immer eine individuelle Angelegenheit. Manchmal kann eine Funkstille sogar heilsam sein, indem sie beiden Parteien Zeit zum Reflektieren einräumen, was eine Annäherung zu einem späteren Zeitpunkt erleichtert oder überhaupt erst ermöglicht.
Doch so funktioniert es natürlich nicht immer. Wenn partout kein Kontakt mehr erwünscht ist und sämtliche Annäherungsversuche schon im Keim erstickt werden, gibt es wenig, was Sie noch unternehmen könnten. Wichtig ist, dass Sie mit diesem Schmerz nicht alleine bleiben. Vertrauen Sie sich einer guten Freundin oder einem Freund an und sprechen Sie gegebenenfalls mit einer Therapeutin oder einem Therapeuten.