„Ich bin viel mutiger geworden!“

Der Tod gehört für sie zum Leben dazu: Die 27-Jährige Studentin Anika engagiert sich in der Trauerbegleitung von Kindern. Uns hat sie erzählt, warum dieses Ehrenamt ihr so am Herzen liegt.

Darum geht's

Trauer ist nicht nur traurig

Wenn ein geliebter Mensch stirbt, bleibt oft eine große Lücke – und fast immer eine tiefe Trauer. Mit der allein zu sein ist nicht leicht. Die Malteser bieten deshalb ganz verschiedene Formen der Trauerbegleitung an. Etwa Trauercafés, Trauergruppen für Erwachsene, für Jugendliche und auch für Kinder. Eine der Ehrenamtlichen, die sich in dem Bereich engagiert, ist Anika aus Dortmund. Die Studentin ist seit zwei Jahren in der Sterbebegleitung in einem Hospiz aktiv und seit einiger Zeit auch Trauerbegleiterin für Kinder. Wenn sie anderen von ihrem Ehrenamt erzählt, stutzen die meistens erstmal. „Das könnte ich nicht“ , heißt es dann. Das Thema Tod schreckt viele ab. „Das vielleicht größte Vorurteil, mit dem ich immer wieder konfrontiert werde, ist, dass es sicher sehr bedrückend ist in den Trauergruppen“, erzählt Anika. „Dabei ist Trauer nicht nur traurig. Klar wird bei uns geweint. Aber es gibt auch ganz viele schöne und sogar lustige Momente.“ 


Es geht nicht nur um den Tod, sondern auch ganz viel ums Leben.

Anika, Trauerbegleiterin


Trauerbegleitung: ein geschützter Raum für Gefühle

Einmal im Monat verbringt Anika für ein paar Stunden Zeit mit Kindern, die eine enge Bezugsperson verloren haben. Eltern, Geschwister, Freunde. „Wir bieten den Kleinen einen geschützten Raum für ihre Trauer. Wir basteln, lesen, singen, reden und nähern uns spielerisch den Gefühlen, die die Kinder allein oft nur schwer einordnen können. Wir helfen ihnen, mit Schuldgefühlen besser umzugehen. Wollen das Selbstwertgefühl der Kinder stärken, sie auch mal auf andere Gedanken bringen“, erzählt die 27-Jährige. „Und wir machen ihnen Mut, ihre Trauer auszuleben. Wir sperren den Tod nicht aus. Viele Menschen denken, dass Trauer das Problem ist. Dabei ist Trauer die Lösung von allem. Sie rauszulassen ist wirklich befreiend.“

Anikas Sicht auf den Tod hat sich verändert

Trauernde kämpfen oft mit einem schlechten Gewissen. Darf ich auch mal nicht traurig sein? Wann darf ich wieder lachen? Wirkt das nicht so, als hätte ich vergessen? „Das ist für viele sehr schwierig“, weiß auch Anika. „Wir zeigen ihnen, dass man seinen Weg auch mit Trauer weitergehen darf. Dass das Leben weitergehen darf – und der tote Mensch trotzdem Teil von einem bleibt. Trauer ist schmerzvoll, sie muss jedoch durchlebt, erfahren und angenommen werden, um auch neue Schritte im Leben gehen zu können.“ Für Anika selbst gehört der Tod inzwischen ganz selbstverständlich zum Leben dazu. „Durch meine ehrenamtliche Arbeit hat sich meine Perspektive verändert“, erzählt sie. „Früher war der Tod mir ferner, das ganze Thema ein bisschen beklemmend für mich. Dann wurde mir klar, dass wir den Tod alle gemeinsam haben. Ganz gleich, ob arm oder reich, völlig unabhängig von unserer Geschichte. Diese Erkenntnis war wunderschön und hat mir einen anderen Umgang mit dem Thema ermöglicht.“

Ein Ehrenamt, bei dem man viel zurückbekommt

Offen mit dem Thema Tod umgehen, dahin schauen, wovor so viele Angst haben – das wünscht sich Anika auch von anderen. „Es tut gut, sich mit dem Sterben auseinanderzusetzen. Ich bin viel mutiger geworden.“ Und es ist ein Ehrenamt, in dem man sehr viel zurückbekommt. „Trauerarbeit braucht Mut und Spontanität. Dann entsteht aus ihr immer etwas Schönes“, sagt Anika. „Es gibt so viele rührende Momente. Zum Beispiel, wenn Kinder sich das erste Mal öffnen, ihre Trauer mit mir teilen, Vertrauen fassen. Mir geht wirklich oft das Herz auf.“ Ihr gefällt, dass sie sich immer wieder auf Menschen und ihre Geschichte einstellen muss. Denn Trauer ist individuell. „Manchmal muss ich ganz schön kreativ sein, um Zugang zu einem Kind zu bekommen. Ich empfinde das als schöne Herausforderung“, sagt Anika.  

Eine wertschätzende Art und eine akzeptierende Haltung zum Tod sind wichtig

Wer sich in der Trauerbegleitung engagieren möchte, sollte offen und interessiert, einfühlsam und wertschätzend sein. Es braucht eine akzeptierende Haltung zum Tod und den Mut, fremden Tränen zu begegnen. Ob jung oder alt – jeder kann sich engagieren und anderen helfen. Anika kann die Arbeit Interessierten nur ans Herz legen: „Man begleitet einen Menschen auf einem ganz besonderen Weg, wird dankbarer und aufmerksamer fürs Leben. Das ist eine einzigartige Erfahrung, von der man wirklich sehr lange zehrt.“

So wirst du Trauerbegleiter oder Trauerbegleiterin

Trauerbegleitung ist keine Therapie. Dennoch brauchst du fundiertes Wissen, um Menschen auf ihrem Weg begleiten zu können. Die Malteser bieten verschiedene Lehrgänge an, in denen du dich zum Trauerbegleiter oder zur Trauerbegleiterin ausbilden lassen kannst. Sie gehen in der Regel über mehrere Wochenenden. Hier findest du alle Infos über die Trauerarbeit der Malteser und dein mögliches Engagement.

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