So unterstützen Kinder- und Jugendhospizdienste Familien
Wenn Kinder von Krankheit, Sterben, Tod und Trauer betroffen sind, brauchen sie und ihre Eltern besondere Unterstützung im Alltag. Die bekommen sie von ambulanten Kinder- und Jugendhospizdiensten und in stationären Kinderhospizen.
Darum geht's:
- Was macht eigentlich ein ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst?
- Wie sieht der Alltag in einem stationären Kinderhospiz aus?
- Was unterscheidet die Kinder- und Jugendhospizarbeit von der Hospizarbeit mit Erwachsenen?
- Warum ist die Kinder- und Jugendhospizarbeit so wichtig?
- Wie werden Eltern und Geschwisterkinder vom Hospizdienst unterstützt?
- Wie gehen Kinder, mit dem Tod um?
- Was ist das Besondere an einem Ehrenamt im Kinder- und Jugendhospizdienst?
- Für wen eignet sich ein Ehrenamt im Kinder- und Jugendhospizdienst?
Was macht eigentlich ein ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst?
Ambulante Kinder- und Jugendhospizdienste unterstützen Familien, in denen ein Kind von schweren und lebensverkürzenden Erkrankungen betroffen ist und sterben wird. Immer häufiger sind die Mitarbeitenden der Hospizdienste auch für Kinder und Jugendlichen in Familien da, wenn ein Elternteil schwer erkrankt ist oder sterben wird. Oft werden diese Dienste dann auch als „Familienbegleitdienste“ bezeichnet. Einen dieser Dienste gibt es zum Beispiel bei den Maltesern in Berlin. Die Familien werden durch ehrenamtliche Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleiter betreut – und zwar zu Hause, in ihrem gewohnten Umfeld. Wie genau die Begleitung und Unterstützung aussieht, ist von Familie zu Familie unterschiedlich. „Wir strecken die Hand aus, signalisieren, dass wir da sind und machen im Prinzip alles, was dem Familiensystem hilft“, sagt Theresa Volk. Die 30-jährige Journalistin engagiert sich seit fünf Jahren ehrenamtlich beim Kinder- und Jugendhospizdienst der Malteser in München.
Ob Unterstützung bei den Hausaufgaben, eine Betreuung des erkrankten Kindes, um die Eltern kurzfristig zu entlasten und ihnen eine Pause zu verschaffen, oder auch die Betreuung der gesunden Geschwisterkinder, die zum Beispiel zu Hobbys begleitet werden: Fast alles ist denkbar. Einzig die medizinischen und pflegerischen Aufgaben übernehmen andere Fachdienste. In der Regel besucht eine Begleiterin beziehungsweise ein Begleiter „seine“ Familie einmal pro Woche für drei bis vier Stunden, in besonders schweren Zeiten auch häufiger. Einige ambulante Kinder- und Jugendhospizdienste besuchen auch Schulen, Kindergärten und Jugendgruppen, um dort Fragen zum Thema Trauer zu beantworten oder Workshops zu geben. Zudem können sich Lehrerinnen und Lehrer melden, die Hilfe oder Beratung brauchen. Etwa dann, wenn eine Mitschülerin oder ein Mitschüler verstorben ist und sie nicht wissen, wie sie für die Klasse Räume und Gespräche gestalten können, um den Verlust zu bewältigen.
Jede Familie hat ihre eigene Geschichte
Die Kinder, die von ambulanten Hospizdiensten betreut werden, haben ganz unterschiedliche Krankheitsgeschichten. Einige leiden unter seltenen Gendefekten, andere haben eine Krebserkrankung oder eine Behinderung, die sich lebensverkürzend auswirkt. Die Unterstützung durch den ambulanten Hospizdienst ist für die Familien in der Regel kostenlos. Die Dienste erhalten zudem Fördergelder der Krankenkassen und finanzieren dich durch Spenden.
Wie sieht der Alltag in einem stationären Kinderhospiz aus?
Die meisten Kinder werden durch ambulante Hospizdienste zuhause betreut. Es gibt auch stationäre Kinderhospize – aber die Plätze sind sehr begrenzt. Hier können Familien nicht nur in der letzten Lebensphase des Kindes unterkommen, sondern auch zwischenzeitlich immer wieder Hilfe finden und Kraft tanken. „Der Pflegeschlüssel in den Hospizen ist wirklich toll, den Familien steht jede Menge geschultes Personal zur Seite“, sagt Theresa Volk. „Eltern haben so die Chance, einfach mal durchzuatmen. Das ist unglaublich wichtig, wenn ein Kind schwer krank ist. Es ist wie ein Urlaub vom Alltag.“ Die Kinderhospize bieten professionelle Pflege, eine palliativmedizinische Versorgung und psychosoziale und seelsorgerliche Begleitung an und unterstützen Familien während der Krankheit, beim Sterben und in der Trauerzeit. Eine Übersicht über alle stationären Kinderhospize in Deutschland gibt es beim Bundesverband Kinderhospiz e.V..
Tag der Kinderhospizarbeit
Seit 2006 ist jedes Jahr am 10. Februar der Tag der Kinderhospizarbeit. Der vom Deutschen Kinderhospizverein e. V. ins Leben gerufene Gedenktag soll der Kinder- und Jugendhospizarbeit mehr Sichtbarkeit in der Gesellschaft bringen. Mehr unter www.deutscher-kinderhospizverein.de.
Was unterscheidet die Kinder- und Jugendhospizarbeit von der Hospizarbeit mit Erwachsenen?
„Bei Erwachsenen beginnt die Hospizarbeit in der Regel erst dann, wenn der Tod bereits absehbar ist. Der Kinderhospizdienst wird schon viel früher aktiv“, erklärt Theresa Volk. „Nämlich in dem Moment, wenn eine lebensverkürzende Krankheit festgestellt wird.“ Die Dienste beraten und begleiten von der Diagnose bis über den Tod hinaus. „Wir sind so lange für die Familien da, wie wir gebraucht werden“, sagt Theresa Volk. Das können wenige Wochen sein oder eben auch viele Jahre.
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Warum ist die Kinder- und Jugendhospizarbeit so wichtig?
Die Ehrenamtlichen der Kinderhospizdienste unterstützen die Familien enorm. „Sie kommen extra, um zu helfen. Sie sind für die Familien da, erwarten nichts und sind belastbar“, sagt Barbara Weiland, eine der Koordinatorinnen des ambulanten Kinderhospizdienstes AMALIE. Sie weiß, warum die Unterstützung durch einen Kinderhospizdienst so wertvoll für Familien ist: „Viele Betroffene wollen Freunde und Familie nicht um Hilfe bitten aus Angst, sie zu sehr zu belasten.“ Die Dienste bieten Entlastung – gleichzeitig bescheren die Treffen mit den Begleiterinnen und Begleitern den Kindern kostbare Momente, in denen es einmal nur um sie und nicht um die Krankheit geht. „Der Begleiter oder die Begleiterin kommt nur für mich und er kommt auf jeden Fall – das ist das Gefühl, das wir den Kindern vermitteln möchten“, sagt Barbara Weiland. „Diese Verlässlichkeit ist wahnsinnig wichtig und unglaublich wertvoll für die Kleinen. Es entstehen mitunter tolle Beziehungen zwischen den Begleiterinnen beziehungsweise Begleitern und den Kindern.“
AMALIE – ein Projekt der Malteser und der Stiftung Liebenau
AMALIE steht für „Ambulante Malteser und Liebenau Dienste“ und befindet sich in gemeinsamer Trägerschaft der Stiftung Liebenau und der Malteser. AMALIE arbeitet in zwei Landkreisen: Ravensburg und dem Bodenseekreis. Mehr Infos findest du unter kinderhospizdienst-bodensee.de.
Hinter dem nachfolgenden Link findest du außerdem unseren Artikel über das Projekt AMALIE.
Wie werden Eltern und Geschwisterkinder vom Hospizdienst unterstützt?
Ist ein Kind lebensverkürzt erkrankt, leiden die Geschwister mit. Oft bekommen die gesunden Geschwister dann weniger Aufmerksamkeit und müssen im Familienalltag sehr zurückstecken. Die Ehrenamtlichen vom Kinderhospizdienst kümmern sich deshalb intensiv auch um sie, machen zum Beispiel Ausflüge mit ihnen, gehen Fußball spielen oder Eis essen. „Der Fokus auf die Geschwister ist unglaublich wichtig“, sagt Theresa Volk. Denn: „Viele Kinder wollen ihre Eltern beschützen und sie nicht noch mehr belasten. Deshalb machen sie im Alltag vieles mit sich allein aus. Wir haben ein offenes Ohr, sich uns anzuvertrauen fällt Geschwisterkindern oft leichter.“ Diese Erfahrung macht auch Barbara Weiland immer wieder. „Die Kinder haben die Chance, Gespräche zu führen, für die zu Hause nun mal einfach keine Zeit und kein Raum ist“, sagt sie. Das entlastet auch die Eltern, die oft permanent von einem schlechten Gewissen den gesunden Geschwisterkindern gegenüber geplagt werden. Mitunter verbringen die Ehrenamtlichen auch bewusst Zeit mit den Eltern. „Es kommt durchaus vor, dass sich eine Pflegekraft um das kranke Kind kümmert und wir vielleicht mit der Mutter oder dem Vater einfach mal einen Kaffee trinken gehen“, sagt Theresa Volk. „Gerade Alleinerziehenden tun diese kleinen Auszeiten oft richtig gut.“
Wie gehen Kinder mit dem Tod um?
Kleine Kinder gehen mit dem Thema Tod oft noch anders um als ältere Kinder und Erwachsene. „Ein Gefühl für Zeit entsteht meist erst mit dem 4. oder 5. Lebensjahr“, erklärt Theresa Volk. „Zeit ist beim Sterben aber relevant. So kommt es, dass kleine Kinder den Tod mitunter nur als eine Art Pause sehen und dann so was sagen wie ‚Der ist doch nun lange genug tot, der kann jetzt mal wiederkommen‘.“ Viele Kinder haben keine Scheu, über das Thema Tod zu sprechen. „Es ist für sie normal, auch wenn sie mitkriegen, dass es ihr Umfeld traurig macht“, weiß Theresa. „Das Thema interessiert sie einfach. Da kommen dann Fragen wie: Wie kommt eigentlich der Leichenwagen in den Himmel? Wenn sie älter werden, entwickeln einige Kinder dann aber durchaus auch eine Angst vor dem Tod. Ich spreche dann viel mit den Kindern über das Sterben. Als Ehrenamtliche in diesem Bereich darf man da keine Berührungsängste haben.“
Was ist das Besondere an einem Ehrenamt im Kinder- und Jugendhospizdienst?
Sterben und Trauer sind sehr intim und privat. Als Ehrenamtliche oder Ehrenamtlicher im Kinder- und Jugendhospizdienst nimmst du an diesen Prozessen teil. „Das Vertrauen der Familien zu bekommen, sie auf ihrem Weg zu begleiten, ist einfach schön“, sagt Theresa Volk. Keine Frage: Der Hospizdienst ist ein herausforderndes Ehrenamt. Aber auch eines, bei dem man sehr viel zurückbekommt. „Die Arbeit erdet“, sagt Barbara Weiland. „Man sieht plötzlich das große Ganze, wird dankbarer. Die Begegnungen sind erfüllend und übrigens bei weitem nicht immer traurig. Viele Familien sind sehr stark, das beeindruckt mich immer wieder.“ Das erlebt auch Theresa Volk. „Viele denken, der Dienst ist sehr traurig. Das stimmt nicht. Ich habe tolle Nachmittage und oft viel Spaß mit den Kindern und den Familien. Wir lachen viel!“ sagt sie und ergänzt: „Anderen etwas Gutes zu tun ist richtig erfüllend.“
Für wen eignet sich ein Ehrenamt im Kinder- und Jugendhospizdienst?
Wer sich ehrenamtlich im Kinder- und Jugendhospizdienst engagieren möchte, sollte Empathie, eine gewisse Flexibilität und vor allem Offenheit mitbringen. „Offenheit Menschen gegenüber, aber auch Kulturen und verschiedenen Lebensentwürfen“, sagt Barbara Weiland. Besonders wichtig ist außerdem das eigene stabile Umfeld. „Die Familien sollen entlastet werden“, sagt Barbara Weiland. „Dieses Ehrenamt ist nicht dafür da, um eine eigene Trauer zu verarbeiten. Wir sind belastbare Partnerinnen und Partner. Die Kraft dafür kommt bei fast allen unserer Ehrenamtlichen aus ihrer persönlichen, stärkenden Familiensituation. Die gibt ihnen Energie und sorgt dafür, dass sie besonders gut helfen können.“
Durch eine meist einjährige Ausbildung wird jeder beziehungsweise jeder gut auf das Ehrenamt vorbereitet. „Während der Ausbildung lernt man sehr viel über die Arbeit, über Trauer- und Sterbephasen – aber auch über sich selbst, die eigenen Trigger- und Schwachpunkte“, sagt Theresa Volk. „Das ist total spannend.“ Auch sie findet: Je mehr man mit sich im Reinen ist, umso einfacher ist das Ehrenamt im Kinder- und Jugendhospizdienst. „Etwas Mut, Demut, Lebensfreude und Optimismus schaden auch nicht“, sagt sie. Etwa einmal im Monat treffen sich alle Ehrenamtlichen zum Austausch. „Dabei können wir uns auch mit hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern austauschen und das Erlebte verarbeiten“, erzählt Theresa.
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