Friedensdienst in der Ukraine: „Das ist surreal!“
Leonie Theis leistete noch wenige Tage vor Ausbruch des Krieges einen sozialen Friedensdienst in der Ukraine. Uns berichtet sie, wie sie die Situation vor Ort erlebt hat und wie sie die aktuellen Geschehnisse wahrnimmt.
Darum geht's:
- Vorzeitige Rückkehr nach Deutschland
- Immer mehr Menschen suchen im Westen der Ukraine Schutz
- Plötzlich Krieg statt Frieden
Vorzeitige Rückkehr nach Deutschland
Es ist Krieg, und sie war da: Leonie Theis war zum „Sozialen Friedensdienst im Ausland“ in der Ukraine. Zehn Tage vor Kriegsbeginn am 24. Februar verlässt sie auf Geheiß der Bundesregierung das Land. „Jetzt sehe ich bei der Kriegsberichterstattung im Netz und im Fernsehen Städte und Orte, in den ich vor Kurzem noch war. Das ist surreal“, sagt die 24-Jährige. „Grausam“. Sie schluckt mehrfach, als sie am Telefon davon erzählt, dass sie so „wahnsinnig herzlich in Ivano-Frankivsk aufgenommen wurde“. Die dortigen Freiwilligen der Malteser Ukraine sind fast alle in ihrem Alter. „Spontan“, erzählt sie, hatte sie sich für die Ukraine als Land ihres freiwilligen Dienstes entschieden. Indien, wo sie eigentlich 13 Monate helfen wollte, kam in der Corona-Pandemie nicht infrage.
Unterstütze die Malteser in der Ukraine
Die Malteser sind noch immer in der Ukraine und den angrenzenden Ländern aktiv und unterstützen zum Beispiel die Geflüchteten und entsenden Hilfstransporte. Mit einer Spende kannst du ihre Arbeit in der Ukraine unterstützen.
Immer mehr Menschen suchen im Westen der Ukraine Schutz
Im August 2021 beginnt ihr Friedensdienst: Ein Erste-Hilfe-Wettbewerb mit mehreren hundert ehrenamtlichen Frauen und Männern aus allen Teilen der Ukraine findet in der Malteser Zentrale in Ivano-Frankivsk statt. „Da war ich sofort voll drin.“ Die jungen Ukrainerinnen und Ukrainer sprechen Englisch, manche ein bisschen deutsch. Sie hält von Deutschland aus den Kontakt zu ihnen, so gut es eben geht. Telegram und Instagram sind ihre Kanäle, um in ihrem Heimatort Schöndorf (bei Trier) auf dem Laufenden zu bleiben – und mitzuleiden. Was plötzlich passiert, ist für sie nicht zu fassen.
Umso wichtiger das Gespräch mit ihrer älteren Schwester, ihren Eltern, ihrem Freund. Und dann ist da noch ihre Mit-Freiwillige, die Ähnliches erlebt: „100.000 Sprachnachrichten schicke ich jeden Tag zu Vivienne, die in Bayern lebt.“ Zu den älteren Ukrainerinnen, mit denen sie über Monate hinweg jeden Tag in der Suppenküche für arme Menschen zusammengearbeitet hat, ist der Kontakt leider völlig abgebrochen. „Auch sie haben mich so unglaublich herzlich aufgenommen, obwohl wir uns nur mit Händen und Füßen verständigen konnten. Die haben sich von Sprachbarrieren gar nicht aufhalten lassen. Es hat einfach super funktioniert – ich vermisse sie sehr.“ Die Suppenküchen der Malteser und der Caritas sollen bedürftige Menschen versorgen: Arme, Ältere, Kinder aus Kinderheimen und – schon seit dem Kriegsbeginn im Osten der Ukraine im Jahr 2015 – immer mehr Vertriebene, die im Westen des Landes Schutz suchten.
Plötzlich Krieg statt Frieden
Ins Herz geschlossen hat Leonie auch die Kinder in den Kinderheimen, die die ukrainischen Malteser schon seit ihrer Gründung in den 90er-Jahren mit unterstützen. Zum Nikolaustag im Dezember – nach dem Kalender der ukrainisch-orthodoxen Kirche am 19. Dezember – soll jedes Kind ein Geschenk seiner Wahl erhalten. Private Spender werden gebeten, Geld oder das Geschenk selbst bei den Maltesern abzugeben, damit diese dann den Kindern eine Freude machen können. „Wie die Kinder sich freuen, wie ihre Augen leuchten, als wir die kleinen Geschenke verteilen, ist einfach toll“, sagt Leonie.
Ihr Engagement wollte Leonie in den nächsten Monaten noch in zahlreichen anderen Diensten für bedürftige Menschen einbringen. Der Krieg gegen das ganze Land hat den Friedensdienst von Leonie und ihrer Mit-Freiwilligen jetzt jäh beendet. Wie es für die Fachinformatikerin, die am Klinikum in Trier arbeitet, in den nächsten Wochen weitergeht, weiß sie noch nicht. Wie auch? Gefühlt steckt sie noch mittendrin in der Ukraine, bei den Freunden, Kolleginnen und Kindern.