Trauer & Klöße: Gemeinsam kochen und trauern

Jeden ersten Dienstag im Monat treffen sich Trauernde zum Kochen im Café Vamos Veganos in Berlin-Prenzlauer Berg. Anna Arenz leitet die Gruppe als ehrenamtliche Trauerbegleiterin.

Darum geht's:


Das Projekt „Trauer & Klöße“

Schon früher engagierte sich Anna ehrenamtlich. Seit über vier Jahren lebt die 34-Jährige in Berlin und suchte nun wieder nach einem Ehrenamt. Sie stieß auf das Angebot der Trauerbegleitung bei den Maltesern. Das Thema Tod und Trauer begleitet sie schon lange in ihrem Leben, denn sie hat schon früh ihre Mutter verloren. Von Februar bis Juni 2021 machte Anna neben ihrem Beruf als Referentin bei einem sozialen Projekt die Ausbildung zur ehrenamtlichen Trauerbegleiterin. Dabei lernte sie die Angebote der Malteser für Trauernde kennen – darunter verschiedene Gesprächsgruppen, Cafés und auch ein Angebot, das sich „Trauerkochen“ nennt. Das findet allerdings tagsüber in Karlshorst statt, was am Stadtrand liegt.

Anna kommt die Idee für einen Kochtreff, zu dem auch Berufstätige leicht kommen können, da es erst in den Abendstunden stattfindet. Anna erzählt ihrer Freundin Fiona von der Idee, die sofort ihr veganes Café anbietet. Anna spricht mit ihrer Koordinatorin bei den Maltesern und dann geht alles ganz schnell: Das Projekt „Trauer & Klöße“ startet. Seitdem treffen sich Trauernde jeden zweiten Dienstag im Monat um 18:30 Uhr im Café Vamos Veganos, kochen gemeinsam, essen gemeinsam und spenden einander Trost.
Im Interview erzählt Anna dir, wie die Trauerarbeit bei „Trauer & Klöße“ funktioniert. Außerdem hat sie Tipps für den Umgang mit Trauernden und mit der Trauer selbst.

Warum engagierst du dich so gerne bei „Trauer & Klöße“?

Ich sage mit voller Überzeugung, dass es jeden Monat einer meiner liebsten Termine ist. Auch wenn sich viele Außenstehende das schwer vorstellen können, aber es ist einfach total bereichernd! Wir hatten beim letzten Treffen ein schönes Abschlusswort. Da sagte eine Person, dass es ihr so leidtut, dass wir aus diesem traurigen Grund zusammenkommen. Gleichzeitig kam sie zu dem Schluss, dass unser Treffen ohne diese traurigen Anlässe nie stattgefunden hätte. Diese gemeinsame Zeit, diese netten Erfahrungen, dieses leckere Essen hätten wir sonst nicht. Es sind immer schöne Abende, die allen Beteiligten etwas geben. Alle Menschen, die noch überlegen und sich nicht so richtig trauen, sollen einfach vorbeikommen und es mal ausprobieren. Bei uns gibt es nette Menschen, nette Gesellschaft und gutes Essen. Alle nehmen etwas mit nach Hause –und wenn es am Ende nur ein gefüllter Magen ist.

Engagiere dich in der Trauerarbeit

Du möchtest dich ebenfalls in der Trauerarbeit engagieren? Du kannst Menschen in Gruppen oder auch einzeln in Cafés oder online unterstützen oder Trost spenden. Finde dein Ehrenamt in der Trauerbegleitung von Erwachsenen oder Kindern und Jugendlichen hier.

Was ist das Besondere an diesem Projekt?

Es gibt gleich mehrere Punkte, die ich sehr besonders finde. Wenn ich trauere, brauche ich einen Raum dafür und möchte mit anderen Leuten darüber sprechen. Allerdings glaube ich, dass die Hürde, in eine Gruppe zu gehen und dort etwas sagen zu müssen, für viele relativ hoch ist – sogar für mich selbst. Das Kochen ist sehr schön, weil du bei uns vorbeikommen, einfach nur Gemüse schnippeln und am Ende etwas essen kannst. Du musst gar nichts von dir teilen. Das ist ein ganz sachter Einstieg in ein sehr schweres Thema. Eine andere Besonderheit des Kochtreffs ist, dass essen etwas ist, was vielen Menschen schwerfällt, wenn es ihnen nicht gut geht – insbesondere im Trauerprozess. Es gibt bei uns eine Frau, deren verstorbener Mann regelmäßig gekocht hat. Sie selbst kann gar nicht kochen und kocht auch überhaupt nicht gerne. Darum freut sie sich, wenn wir Rezepte ausprobieren und sie etwas lernen kann.

An wen richtet sich dieses Angebot?

Offiziell sind wir das Angebot für junge Erwachsene, die um einen verstorbenen Menschen trauern. Das hängt vermutlich auch damit zusammen, dass wir, die es anbieten, noch etwas jünger sind. Es liegt aber auch an der Uhrzeit. Zu uns kommen Menschen im Alter von 14 bis Anfang 50. Die Gruppe ist offen für alle, die bereit sind, es auszuprobieren und Lust haben, sich auszutauschen.

Wie läuft ein Kochtreff ab?

Wir haben eine relativ lose Struktur. Wir starten mit einer kleinen Vorstellungsrunde. Ich erkläre den Rahmen, weil es ein paar grundlegende Dinge gibt, die wichtig sind: dass wir nichts nach außen tragen, dass wir wertschätzend miteinander umgehen und dass wir einen wertfreien Raum haben. Dann machen wir eine kleine Eingangsrunde zum Thema Trauer. Hier können alle etwas über sich sagen, müssen sie aber nicht. Und dann kündige ich an, was es zum Essen gibt und wir fangen an zu kochen. Wir starten um 18:30 Uhr und enden spätestens um 21 Uhr. Wenn wir gegessen haben, gibt es eine kleine Abschlussrunde und einen Abschlusssong, der passenderweise „Trauerkloß“ heißt. Das ist unser Aufräumsong.

Welche Tipps hast du für Trauernde?

Ich finde es sehr schwierig, Tipps zu geben, weil es kein Geheimrezept gibt. Wir müssen es aushalten, dass es eben nicht diese eine Sache gibt, die wir machen können, damit es besser wird. Trauer ist – wie wir alle – individuell. Das Wichtigste ist, sich die Zeit und den Raum dafür zu nehmen, wenn es denn geht.

Es gibt auch Lebenssituation, die das nicht zulassen. Vor allem sollte man sich selbst immer sagen, dass es kein Richtig und kein Falsch gibt. Beim Trauern muss ich keinen Ansprüchen gerecht werden. Und es ist durchaus gut, sich Unterstützung zu suchen, auch wenn es manchmal schwer ist, diesen Schritt zu gehen. Weitere Unterstützungsangebote gibt es zum Beispiel bei den Maltesern.

Welche Tipps hast du für den Umgang mit Trauernden?

Solche Sätze wie „Das Leben geht doch weiter“ sind absolute No-Gos; wie alle dieser typischen guten Ratschläge, die wir hin und wieder aus einer Verlegenheit heraus geben. Das funktioniert eigentlich nie. Vergleichen ist auch eher unangebracht. Aussagen wie „Da war es doch so und so“ oder „Guck mal, bei der funktioniert es doch auch“. Das hilft keiner Person in so einer Situation. Auch da gilt – und das ist schwer im Umgang mit Trauernden – das auszuhalten. Ich muss es auch aushalten, dass es der Person schlecht geht. Ich kann ihr diesen Schmerz nicht nehmen. Gut ist, für die Person da zu sein. Praktische Hilfe ist gut. Wenn ich zum Beispiel sehe, die trauernde Person schafft es nicht zu kochen, dann kann ich konkret fragen: „Kann ich dir etwas zum Essen vorbeibringen? Wollen wir essen gehen? Wollen wir gemeinsam kochen?“

Besonders in der Anfangsphase der Trauer, wenn es ganz schlimm ist, sind praktische Alltagsunterstützungen wirklich hilfreich. Es ist aber wichtig, konkrete Vorschläge zu machen. Einfach nur zu sagen: „Hey, ich bin da. Melde dich, wenn du etwas brauchst“, funktioniert oft nicht so gut, weil die Person im Zweifelsfall gar nicht weiß, was sie braucht. Konkrete Vorschläge machen, aushalten, da sein und nicht versuchen, mit guten Ratschlägen die Situation zu lösen, so hilft man Trauernden am besten.

Hilfe, wenn dich die Trauer überwältigt

Erste emotionale Hilfe zu jeder Tages- und Nachtzeit bekommst du bei der Telefonseelsorge unter der kostenlosen Nummer 0800 111 0 111. Hilfe gibt es unter anderem auch bei der Online-Beratung Via von den Maltesern. Auch diese Beratung ist kostenlos.


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