Berufsbild Notarzt: Im Gespräch mit Björn-Thore Hansen

In Sachen Medizin und Rettungsdienst ist er bestens informiert: Björn-Thore Hansen (29) ist Notarzt in Schleswig-Holstein und ehrenamtlicher ärztlicher Leiter der Malteser im Norden. Der Arzt aus der YouTube-Serie „Rettung in Sicht“ erzählt im Interview, was für ihn den Rettungsdienst ausmacht und welche Einsätze er besonders schwierig findet.

Darum geht's:


Warum bist du Notarzt geworden? 

Ich bin mit 16 Jahren zu den Maltesern gekommen, habe unterschiedliche Qualifikationen im Sanitätsdienst durchlaufen und hatte so schon ersten Kontakt zur Notfallmedizin. Für das Studium bin ich von Hamburg nach Kiel gezogen und habe mich weiter ehrenamtlich bei den Maltesern im Sanitätsdienst und im Katastrophenschutz engagiert. Eine Zeit lang habe ich auch als Aushilfe im Rettungsdienst gejobbt. Ich habe also schon früh Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt, der Weg als Notarzt in den Rettungsdienst war für mich dann fast selbstverständlich. Das Feuer war einfach entfacht.

Erste Erfahrungen mit einem Ehrenamt

Du kannst dich übrigens auch ehrenamtlich im Katastrophenschutz im Sanitätsdienst oder im Bereich Erste Hilfe engagieren. Informiere dich hier über Einsatzfelder und über ein Ehrenamt in deiner Nähe!

Wie ging es nach dem Studium weiter?

Ich habe 2020 am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel meine Weiterbildung zum Facharzt für Inneren Medizin und Hämatologie und Onkologie begonnen und war dort unter anderem in der Notaufnahme und Intensivstation im Einsatz. Parallel habe ich meine Ausbildung zum Notarzt absolviert und 2022 meine Prüfung bei der Ärztekammer abgelegt. Seitdem arbeite ich neben meiner Vollzeitstelle in der Klinik in Kiel auch als Notarzt und bin natürlich auch weiterhin ehrenamtlich bei den Maltesern aktiv. Inzwischen als Diözesanarzt der Erzdiözese Hamburg, also als ehrenamtlicher ärztlicher Leiter der Malteser in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg. Für mich ist die Kombination aus Klinik und Rettungsdienst ideal. Das Arbeiten im Rettungsdienst ist anders als das in der Klinik. Im Rettungsdienst kennen wir nur selten die Vorgeschichte der Patientinnen und Patienten und auch die diagnostischen Möglichkeiten sind begrenzt. Um den Patientinnen und Patienten zu helfen, müssen wir oft unter Zeitdruck wichtige Entscheidungen treffen.

Bitte beachten Sie: Sobald Sie sich das Video ansehen, werden Informationen darüber an Youtube/Google übermittelt. Weitere Informationen dazu finden Sie unter Google Datenschutzerklärung.

Ist das für dich die größte Herausforderung im Rettungsdienst?

Ja, auf jeden Fall. Der Teamgeist ist gleichzeitig aber auch die große Stärke. die eingeschränkten Möglichkeiten zwingen uns dazu, als Team zu funktionieren und gemeinsam zu handeln. Außerdem bin ich im Rettungsdienst teilweise mit Krankheitsbildern konfrontiert, mit denen ich im Klinikalltag nicht so viel zu tun habe. Das gilt weniger für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder andere internistische Krankheitsbilder, die auch Teil meiner Facharztausbildung sind. Schwangere und Kinder zu versorgen oder Schwerverletzte nach Unfällen zu behandeln – das liegt schon außerhalb meiner Komfortzone. Aber auch das macht für mich den Reiz an meinem Job als Notarzt aus. Obwohl ich zugeben muss: Ein bisschen Respekt habe ich schon vor der ersten Geburt, die ich vielleicht einmal im Rettungswagen begleiten darf.

Die YouTube-Serie "Rettung in Sicht"

Thore ist Notarzt, Toni arbeitet bei den Maltesern als Notfallsanitäterin. Beide sind für die Menschen im Rettungsdienst aktiv und gewähren dir in der YouTube-Serie "Rettung in Sicht" Einblicke in ihren spannenden Job. Dabei werden auch grundlegende Fragen rund um den Rettungsdienst geklärt: Wenn du zum Beispiel wissen möchtest, warum das Blaulicht eigentlich blau ist, dann schau doch gerne rein.

Was sind für dich schwierige Einsätze?

Einsätze, bei denen Kinder betroffen sind, gehen mir oft nahe. In meiner Zeit als Hospitant während der Notarztausbildung gab es einen großen Wohnungsbrand in Kiel. Der zuständige Notarzt sagte mir, ich soll gleich den ersten Patienten übernehmen – es war ein zwei- bis dreijähriger Junge mit schweren Verbrennungen, der große Schmerzen hatte. Das ist ein Einsatz gewesen, über den ich noch lange nachgedacht habe und über den ich auch mit meinen Freunden und Kollegen gesprochen habe. Das ist übrigens eine Sache, die ich wichtig finde und die bei den Maltesern auch im Ehrenamt selbstverständlich ist: Dass sich die Einsatzkräfte nach belastenden Einsätzen jederzeit über die Einsatznachsorge Unterstützung holen können. Hierfür gibt es bei den Maltesern sogar eine Hotline, über die man 24 Stunden täglich jemanden erreichen kann. Denn es gibt immer wieder Einsätze, an denen man zu „knabbern“ hat, auch wenn die meisten Erfahrungen, die ich als Notarzt mache, sehr positiv sind. 

Hilfe für die Seele nach Einsätzen

Manche Einsätze sind besonders belastend – auch für die Helferinnen und Helfer der Malteser. Hier kommt die Psychosoziale Notfallversorgung zum Einsatz. Sie unterstützt Betroffene bei der Verarbeitung von belastenden Ereignissen. Für Helferinnen und Helfer wird eine Einsatznachsorge angeboten, es gibt zudem präventive Hilfsangebote. Die Notfallversorgung ist telefonisch zu erreichen unter: 0221/9822-9557.

Was macht für dich die Arbeit im Rettungsdienst aus? 

Gemeinsam als Team alles, was wir gelernt haben, auf die Straße zu bringen und den Menschen zu helfen. Ganz gleich, ob es die fürsorgliche Betreuung mit „Klönschnack“ auf dem Weg ins Krankenhaus ist oder wir den Rettungswagen tatsächlich als rollende Intensivstation nutzen müssen. Hierbei ist mir aber eines ganz besonders wichtig: Auch, wenn der Großteil der Einsätze für uns als „Profis“ nicht besonders dramatisch erscheint, darf man nie vergessen, dass das für die Menschen, die wir behandeln, ganz anders ist. Für die Betroffenen ist das eine maximale Ausnahmesituation, die sie stark ängstigt. Einige von ihnen haben Todesangst. Und manchmal geht es ihnen schon besser, nur weil wir da sind und ihnen Sicherheit vermitteln können. Für die Menschen in solchen kritischen Momentan da zu sein, bedeutet mir viel und dafür erfahren wir auch viel Dankbarkeit. 

Was die Arbeit im Rettungsdienst ausmacht: „Gemeinsam als Team alles, was wir gelernt haben, auf die Straße zu bringen und den Menschen zu helfen.“

Was für Eigenschaften sollte man als Notärztin oder Notarzt mitbringen?

Zuerst einmal sollte man Spaß daran haben, im Team zu arbeiten. Der Rettungsdienst ist nichts für Einzelkämpfer oder Einzelkämpferinnen. Jeder und jede ist Profi in seinem Bereich und im Team ergänzen wir uns und kümmern uns gemeinsam um unsere Patientinnen und Patienten. Wir haben teilweise mit unspezifischen Symptomen zu tun, häufig stehen wir unter Zeitdruck, haben nur begrenzt Platz, nur eingeschränkte diagnostischen Möglichkeiten – wir müssen gemeinsam überlegen, was zu tun ist. Diese enge Zusammenarbeit schätze ich besonders.

Was ist noch wichtig?

Man sollte eine gewisse Resilienz mitbringen, unter Druck arbeiten und im entscheidenden Moment auch die Führung übernehmen können. Als Notarzt habe ich auch eine Verantwortung für das Team. Wir erleben immer wieder schwierige Situationen, die uns an unsere Grenzen bringen. Dann empfinde ich es auch als meine Pflicht, für das Team da zu sein. Außerdem ist Einfühlungsvermögen wichtig – ohne Empathie geht es im Rettungsdienst nicht. Wer außerdem keine Probleme mit dem Schichtdienst hat, bringt die nötigen Grundvoraussetzungen mit. Am Ende des Tages erleben wir im Rettungsdienst auch viele schöne Momente und können oft zusammen lachen.

Dein Einstieg in den Rettungsdienst

Du hast Lust bekommen, dich selbst im Rettungsdienst zu engagieren? Über die verschiedenen Ausbildungswege kannst du dich in diesem Artikel informieren. Darüber hinaus haben wir Infos rund um das Thema FSJ und BFD für dich, wo du bereits erst Erfahrungen im Rettungswesen sammeln kannst. Alles Weitere zur Ausbildung und zur Karriere im Rettungsdienst sowie Stellenangebote bei den Maltesern findest du hier.


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