Keine Chance dem Müll – Die K.R.A.K.E. räumt auf
Wenn eine Plastiktüte im Meer landet, braucht sie etwa 20 Jahre, bis sie vollständig zerfallen ist. Der Kölner Verein K.R.A.K.E. (Kölner Rhein-Aufräum-Kommandoeinheit) sorgt dafür, dass Müll möglichst gar nicht erst im Meer landet. Vereinsgründer und Schauspieler Christian Stock räumt gemeinsam mit einer Gruppe Freiwilliger am Rhein den Müll auf.
Darum geht’s
Die Idee entstand bei Dreharbeiten in Nepal
Schauspieler ist sein Beruf, die Natur ist seine Leidenschaft. Darum versucht Christian Stock Natur und Tiere zu schützen und räumt freiwillig den Müll von fremden Menschen weg. Er ist Gründer, Organisator und 1. Vorsitzender des K.R.A.K.E. e.V., der Kölner Rhein-Aufräum-Kommando-Einheit. Mehrmals im Monat ist Christian mit 20 bis 90 Helferinnen und Helfern unterwegs am Rheinufer. Ausgestattet mit Mülltüten, Handschuhen und Greifzangen, arbeiten sie sich Meter für Meter voran und sammeln alles auf, was dort nichts zu suchen hat. Bei jeder Müllsammelaktion kommt bergeweise Müll zusammen, den andere achtlos weggeworfen haben, obwohl wir in Deutschland ein ausgefeiltes Abfall- und Recyclingsystem haben. In Nepal sieht das ganz anders aus, weiß Christian: „Da wird der Müll in den Fluss geschoben, dann kommt irgendwann der Monsun und treibt alles Richtung Indien und auf das Meer hinaus. Oder der Müll wird zu einem Berg aufgetürmt und angezündet.“
2016 besucht Christian Nepal für Dreharbeiten zu einem von ihm produzierten Dokumentarfilm. Er sieht die Müllberge und ist entsetzt, aber er weiß, dass es sich um ein globales Problem handelt: „Das ist auch unser Müll, der nach Asien exportiert wird. Darum müssten wir West-Europäer bei uns anfangen!“ Ein Jahr später gründet er die K.R.A.K.E..
Wo Menschen sind, ist auch Müll
Zunächst sammelt Christian noch allein Müll auf, wenn er unterwegs ist oder am Rheinufer grillt. Dann motiviert er seine Kumpels mitzumachen. Es dauert nicht lange und eine ganze Gruppe freiwilliger Helfer hat sich gefunden. „Jedes Stück Plastik, das wir gemeinsam einsammeln, ist eins, das nicht im Meer landen kann“, sagt Christian. Seine Motivation ist eindeutig der Umweltschutz, denn er ist mit viel Natur um ihn herum aufgewachsen: „Ich bin auf dem Land groß geworden, darum liegen mir Natur und Tiere am Herzen. Als ich vor einigen Jahren in die Stadt kam, war das erstmal ein Schock für mich. Aber da, wo Menschen sind, ist auch Müll. Und dort, wo viele Menschen sind, ist viel Müll. Also habe ich mir gesagt: Arsch hoch und selbst etwas anfangen!“
Inzwischen besteht die K.R.A.K.E. aus mehr als 5600 Sympathisanten. 40 bis 90 Leute kommen regelmäßig zu Sammelaktionen. Mehrmals im Monat, manchmal sogar jedes Wochenende, treffen sich die Freiwilligen für ein paar Stunden zum Müllsammeln. Die Gruppe ist bunt gemischt, sagt Christian: „Bei uns triffst du sämtliche Gesellschaftsschichten und Berufe: Rentner, Studenten, Anzugträger, Hausfrauen, Hundebesitzer, Lehrer oder Chemielaboranten. Einige machen beruflich etwas anderes, das gar nichts mit Umweltschutz zu tun hat. Vielleicht ist das Müllsammeln ein Ausgleich für sie. Man tut etwas Gutes und sammelt Karmapunkte“.
Gutes Tun bedeutet manchmal auch, gegen Windmühlen zu kämpfen. Wenn die Gruppe irgendwo Müll aufgesammelt hat, sieht es zwei Tage später oft wieder genauso vermüllt aus wie vorher. Da heißt es hartnäckig bleiben und mit Aufklärung für mehr Bildung zum Thema Umweltschutz sorgen. Bei einigen Leuten wirkt es, wenn sie sehen, wie die Aufräum-Kommando-Einheit um sie herum Müll sammelt: „Meistens sammeln wir demonstrativ und wortlos vor den Menschen“, erzählt Christian. „So werden Denkprozesse in Gang gesetzt.“ Christian spricht auch schon mal Gruppen an, die ihre Zigarettenkippen wegschnipsen.
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Dabei ist es ihm wichtig nicht den Zeigefinger zu heben, sondern anderen auf Augenhöhe zu begegnen. Er ist kein „Hardcore-Öko“, wie er selbst sagt. „Ich würde mich aber schon als Umweltaktivist bezeichnen. Ich brenne dafür und habe – das klingt vielleicht pathetisch – meine Lebensaufgabe gefunden.“ Darum versucht er nicht nur die Müllverursacher zu erreichen, sondern auch die Politik. Er führt beispielsweise Gespräche mit der Stadtverwaltung oder dem Grünflächenamt. Für diesen Einsatz hat der Verein im vergangenen Jahr den Ehrenamtspreis der Stadt Köln bekommen. „Das ist wunderbar“, sagt Christian, „aber trotzdem wird oft noch gehen uns gearbeitet. Das Grünflächenamt schreddert beim Rasenmähen den Plastikmüll und verteilt alles, weil selten jemand vor dem Mähen aufräumt und das Ordnungsamt sanktioniert nicht. Wir arbeiten daran, dass dies besser wird.“ Trotzdem lassen sich die Sammlerinnen und Sammler nicht entmutigen.
Ekelige, überraschende und schockierende Funde
Wer mit Müll zu tun hat, hat automatisch auch mit ekligen Dingen zu tun. Für die ganz üblen Dinge wie Exkremente oder Spritzen, gibt es die Greifzange. Das soll niemand anfassen müssen. Ab und zu finden sich Münzen an, Handys oder Portemonnaies. Wertsachen werden selbstverständlich abgegeben. Manchmal entdecken die Freiwilligen skurrile Dinge. Einmal war es ein Rollator und dann war da noch das: „Ich habe mal einen vollen Urinkatheter gefunden und mich gefragt, was wohl die Geschichte dahinter sein mag“. Und dann sind da noch die schockierenden Funde: „Eine befreundete Gruppe in Dormagen hat mal eine Leiche gefunden. Ich hoffe, das passiert uns nicht, aber es gehört wohl leider auch dazu.“
Glücklicherweise gibt es auch die schönen Funde. Als der Rhein einmal sehr niedrig stand, entdeckte Christian einen Mammutzahn. Der steht jetzt bei ihm zu Hause in der Vitrine.
Müll sammeln können alle
Du musst dich nicht unbedingt einer Gruppe anschließen um Müll aufzusammeln und die Umwelt zu schützen. Aber gemeinsam macht es mehr Spaß. Wann die nächsten Sammelaktionen der Kölner Truppe stattfinden, liest du auf Facebook, Instagram, im Newsletter und auf der Homepage des K.R.A.K.E. e.V. Aber der Verein ist nicht die einzige Müllsammelgruppe in Deutschland. Es gibt ein großes Netzwerk und Christian kennt viele der anderen Gruppen wie die in Düsseldorf, Bergisch-Gladbach, in Frechen und Dormagen, aber auch in Stuttgart, Berlin und im brandenburgischen Rathenow. Willst du dich einer Müllsammelgruppe in deiner Gegend anschließen, wende dich an Christian: „Ich kenne im Zweifel immer jemanden, der schon vor Ort ist und kann einen Kontakt herstellen.“
Gerade erst haben die K.R.A.K.En zum dritten Mal das große Rhine Cleanup veranstaltet. 700 Helferinnen und Helfer haben das Rheinufer vom Müll befreit. Neben den Müllsammelaktionen peilt Christian mit dem Verein ein noch größeres Ziel an: „Wir wollen eine Müllfalle im Rhein installieren. Damit wird der Müll an der Wasseroberfläche eingefangen.“ Die Genehmigung ist beantragt. Jetzt heißt es: warten und weiter Müll sammeln.
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