Verkehrssicher durch die Fahrradsaison

80 Millionen Fahrräder und E-Bikes wurden 2020 auf Deutschlands Straßen gezählt. Damit hat fast jeder bei uns ein Fahrrad. Kein Wunder: Es ist ein umwelt- und ressourcenschonendes, sportliches Fortbewegungsmittel. Wir haben die wichtigsten Tipps rund um das Thema Fahrradsicherheit zusammengetragen, damit du immer gut ans Ziel kommst.

Darum geht’s:


Die wichtigsten Regeln fürs Radfahren

Wer mit dem Fahrrad unterwegs ist, teilt sich die Straßen mit vielen anderen Verkehrsteilnehmenden. Nicht überall gibt es Radwege. Vor allem in den Städten ist es voll auf den Straßen, was zu gefährlichen Situationen führen kann. Darum lautet die oberste Devise: Kenne und beachte die Verkehrsregeln! Das sagt Alexander Baur. Er ist leidenschaftlicher Radfahrer und ehrenamtlicher Rescuebiker bei den Maltesern in Göppingen, eine Sanitätsstaffel auf dem Fahrrad: „Es ist egal, ob man in der Stadt oder auf der Landstraße fährt. Ich muss immer wissen, was nach den Verkehrsregeln erlaubt ist und die gilt es auch einzuhalten. Eine rote Ampel ist eine rote Ampel. Auch wenn keiner kommt, muss ich halten.“

Rücksicht, Umsicht, Vorsicht und vorausschauendes Fahren sind die Zutaten für eine sichere Fahrt mit Fahrrad. Alexander empfiehlt, immer den Kopf oben zu halten und aufmerksam zu sein. So erkennst du Gefahrensituationen schnell, beispielsweise wenn vor dir ein Bus hält. In diesem Fall solltest du immer einkalkulieren, dass der Bus gleich wieder losfährt oder dass Menschen plötzlich auf die Straße laufen. “Vorausschauendes Fahren ist nicht nur für einen selbst wichtig, sondern rettet im Zweifel sogar Leben“, sagt Alexander.

Die größten Gefahrenstellen in der Stadt

Die Verkehrsregeln gelten für Stadt und Land gleichermaßen. Die Stadtfahrt unterscheidet sich dennoch von der gemütlichen Radtour auf sichereren Fahrradwegen auf dem Land. Die typischen Gefahrensituationen sind beispielsweise beim Abbiegen an Kreuzungen, erklärt Alexander: „Die Autofahrerin beziehungsweise der Autofahrer vergisst beim Rechtsabbiegen den Schulterblick und die Person auf dem Rad ist im toten Winkel. Die Kreuzung birgt immer ein großes Gefahrenpotenzial, gerade wenn ich als Fahrradfahrerin oder Fahrradfahrer geradeaus fahren möchte.“

Der zweite große Gefahrenpunkt im Stadtverkehr sind Ampelkreuzungen. Häufig ist Selbstüberschätzung hier ein Problem. Mit dem Fahrrad ist es anders als mit dem Auto. Noch mal schnell über eine gelbe Ampel fahren, ist keine gute Idee. „Auch ein Fahrrad hat einen Bremsweg“, so Alexander. „Eine Vollbremsung mit dem Fahrrad hat völlig andere Auswirkungen auf die Fahrradfahrerin oder den Fahrradfahrer als beim Auto. Hier wirken die kinetischen Kräfte direkter auf den Menschen, der auf dem Rad im Gegensatz zum Auto kein Airbag, keine Knautschzone oder größere Schutzbarrieren hat.“

Dort, wo es weniger hektisch zugeht, unterschätzen wir die Gefahren häufig. Das betrifft unter anderem verkehrsberuhigte Zonen oder ruhige Straßen in Wohngebieten. „Im Vergleich zum normalen Straßenverkehr sind Wohngebiete in einer anderen Art und Weise unübersichtlich“, erklärt Alexander. „Es gibt viele parkende Autos am Straßenrand und viele Ein- und Ausfahrten.“ Wegen dieser Unübersichtlichkeit können Radler schnell übersehen werden, selbst wenn Autofahrerinnen und Autofahrer sehr langsam aus der Einfahrt fahren. Du solltest also immer damit rechnen, dass irgendwo ein Auto aus einer Seitenstraße oder der Garage fährt oder ein Ball auf die Straße rollt und ein Kind hinterherläuft. An Parks und Grünanlagen könnten Hunde auf die Straße rennen und Frauchen oder Herrchen direkt hinterher.
Grundsätzlich gilt: Immer der Situation angemessen fahren, sowohl was die Geschwindigkeit als auch die Fahrweise betrifft. Das ist in der Stadt wie auch auf Landstraßen und bei Fahrten im Gelände wichtig.

Sicher fahren auf Landstraßen und im Gelände

Für Fahrten außerorts empfiehlt Alexander, möglichst den Seitenstreifen oder die Nebenstrecke parallel zur Landstraße zu nehmen. Dort teilt man sich den Weg allerdings mit anderen Radfahrerinnen und Radfahrern, Fußgängerinnen und Fußgängern oder Inlineskatern. „Vor allem diejenigen, die auf Leistung fahren, wählen oft die Landstraße“, sagt Alexander. Wenn man also lieber auf der Straße fährt oder es keine andere Möglichkeit gibt, dann heißt es: Vorsicht vor allem bei Überholmanövern durch Autos oder Lkw! „Wenn ich merke, dass sich die Autos hinter mir stauen, dann ist es sicherer, an einer Ausbuchtung kurz rechts rauszufahren“, so Alexanders Rat. „Ich kann dann alle anderen überholen lassen und schütze mich selbst, weil ich die Fahrzeuge weniger zu Überholmanövern animiere“.

Als Rescuebiker kennt sich Alexander natürlich auch bestens im Gelände aus. „Die größte Gefahr hierbei ist, dass man sich selbst überschätzt. Das kann das Gefälle am Berg sein, das doch stärker ist, als man dachte. Der Abflug über den Lenker ist dann eventuell schnell passiert und kann schmerzhaft enden.“
Wer längere Touren plant, sollte genügend Pausen einplanen und ausreichend Verpflegung mitnehmen. „Wenn man normalerweise nur mal mit dem Rad zur Arbeit fährt oder kleinere Touren macht, sollte man nicht bei 35 Grad zu einer 60-Kilometer-Tour aufbrechen“. Besonders für längere Touren sollten Radlerinnen und Radler immer ein kleines Notfall-Kit dabeihaben. Aber auch für die Fahrt zur Arbeit lohnt sich die ein oder andere Anschaffung.

Das solltest du bei jeder Fahrt dabeihaben

In Deutschland gibt es keine Helmpflicht für Radfahrerinnen und Radfahrer. Und trotzdem schützt der Helm deinen Kopf bei Unfällen und Stürzen, darum sollte er nicht fehlen. „Man muss auch unterscheiden zwischen leistungsbezogenem und hobbymäßigem Fahren“, sagt Alexander. „Wenn man mit dem Mountainbike eine einfache Tour durch den Wald macht, dann reicht die übliche Schutzausrüstung, also ein Helm. Je anspruchsvoller die Strecke ist, umso mehr Schutzmaßnahmen sind empfohlen. Wenn beispielsweise jemand schwierige Wege oder extreme Gefälle fährt, dann sollte man einen speziellen Helm nehmen, der das Gesicht, insbesondere Kinn und Mundbereich, zusätzlich schützt und erweitern mit Protektoren für Rücken, Ellenbogen und Knie.“

Zusätzlich zur passenden Kleidung und Schutzausrüstung empfiehlt Alexander je ein technisches und ein medizinisches Notfall-Kit. Das technische Kit ist ein Flick-Set. „Das besteht aus Reifenheber und einer Art Pflaster für den Fahrradschlauch, mit dem schnell ein Loch im Reifen geflickt werden kann.“ Zusätzlich kannst du ein kleines Multitool-Werkzeug fürs Fahrrad mitnehmen. „Die haben etwa die Größe eines Schweizer Taschenmessers und beinhalten beispielsweise gängige Größen von Inbusschlüsseln. Damit kann man einen Reifen wechseln oder auch mal die Bremse nachziehen“.

Auch für die Fahrt zur Arbeit lohnt sich ein kleines medizinisches Notfall-Set, denn eine Schürfwunde gibt es schnell einmal. Im Fachhandel bekommst du handliche Täschchen, in denen das Wichtigste drin ist. Du kannst dir auch selbst ein Notfall-Kit zusammenstellen und den Inhalt zum Beispiel in einem Untersuchungshandschuh verstauen, so Alexanders Geheimtipp. „Das passt dann sogar in die Tasche eines Fahrradtrikots.“ Dafür brauchst du:

  • 1-2 Paar Untersuchungshandschuhe
  • 1 Dreiecktuch
  • mindestens ein Verbandspäckchen
  • 1-2 sterile Kompressen
  • 1 Rettungsdecke
  • ein paar zugeschnittene Pflasterklebestreifen für die schnelle Versorgung von Wunden.


Und jetzt nur noch Reifendruck und Bremsen vor jeder Fahrt geprüft und das Radeln kann losgehen.

Ist das Rad Verkehrssicher?

Was sich von selbst verstehen sollte: Dein Fahrrad, mit dem du auf öffentlichen Straßen unterwegs bist, muss gemäß der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) ausgerüstet und somit verkehrssicher sein. Folgende Elemente dürfen daher nicht fehlen:

  • Eine helltönende Klingel
  • Zwei voneinander unabhängige Bremsen (Achtung: Der starre Gang bei einem Fixie beziehungsweise Bahnrad zählt nicht als Bremse.)
  • Zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale, die mit Rückstrahlern ausgestattet sind
  • Weißer Frontscheinwerfer und Frontreflektor (oft in Kombination)
  • Ein rotes Rücklicht und ein roter Rückstrahler (oft in Kombination)
  • Wahlweise zwei Speichenreflektoren pro Rad, Reflektorstreifen, oder reflektierende Speichenclips


Weitere Informationen zur Verkehrssicherheit des Fahrrads findest du zum Beispiel auf der Seite des adfc.

Wer sind die Rescuebiker?

Angefangen hatte alles 2005 mit einem Waldlauf des örtlichen Leichtathletikverbandes, den die Malteser Göppingen mit ihrem Sanitätsdienst betreuten. Damals hatten die Ehrenamtlichen die Idee, die Läuferinnen und Läufer mit dem Fahrrad zu begleiten, um kontinuierlich zur Stelle sein zu können. Die Idee kam so gut an, dass die Fahrradstaffel immer häufiger angefragt wurde. Inzwischen bestehen die Rescuebiker aus acht Mountainbikern mit einer umfassenden und hochmodernen Notfallausrüstung für die medizinische Erstversorgung.

Die Ehrenamtlichen tragen alles in einem Rucksack auf dem Rücken. Neben den üblichen Verbandsmaterialien gehören ein Blutdruck- und ein Blutzuckermessgerät dazu sowie spezielle formbare Aluminiumschienen für die Versorgung von Gelenk- und Knochenverletzungen. Die Rescuebiker betreuen Veranstaltungen und Festivals in ganz Europa.


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