Nigeria: Flucht vor Hunger, Gewalt und Krankheit
Das Leiden der Menschen in Nigeria ist vielschichtig und dauert nun schon lange Zeit an. Krankheiten, Hunger und Flucht verschärfen die Situation. Gerade Mädchen und Frauen werden zudem häufig Opfer sexueller Gewalt. Wie die Malteser die Menschen in Nigeria und in Deutschland unterstützen, liest du hier.
Darum geht's:
- Wie ist die Lage in Nigeria?
- Boko Haram in Nigeria – die Menschen fliehen vor dem Terror
- Wie geht es den Geflüchteten in Nigeria und der Tschadsee-Region?
- Wo kommen die Geflüchteten unter?
- Wie helfen die Malteser in Nigeria?
- Gibt es spezielle Unterstützung für Mädchen und Frauen?
- Kommen viele Geflüchtete nach Deutschland?
Wie ist die Lage in Nigeria?
Nigeria ist mit 200 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern das bevölkerungsreichste Land Afrikas und inzwischen auch eine der größten Volkswirtschaften der Region. Vom Ölreichtum profitieren allerdings nur wenige – fast 50 Prozent der Menschen in Nigeria leben unter der Armutsgrenze. Dazu kommt eine weit verbreitete Kriminalität im Land, Korruption gehört zum Alltag, nur 40 Prozent der Haushalte sind an das ohnehin instabile Stromnetz angeschlossen, Straßen, Brücken und die gesamte Infrastruktur verfallen zunehmend. Mehr als 1,1 Millionen Kinder konnten Ende 2019 nicht zur Schule gehen. Mit ca. 55 Jahren zählt die Lebenserwartung trotz des Rohstoffreichtums zu den niedrigsten weltweit.
Boko Haram in Nigeria – die Menschen fliehen vor dem Terror
Das Land gerät durch den Terror der islamistischen Gruppe Boko Haram seit rund zehn Jahren immer wieder in die Schlagzeilen. Es gibt vor allem im Norden, Nordosten und Nordwesten des Landes häufig Anschläge auf Menschen, Einrichtungen und ganze Ortschaften – Experten sprechen von mittlerweile 30.000 Todesopfern. Die dramatischen Folgen: Fast eine Viertelmillion Nigerianerinnen und Nigerianer sind in die Nachbarländer geflohen, im eigenen Land waren 2020 laut UNO Flüchtlingshilfe rund 2,6 Millionen Menschen auf der Flucht. Allein krisengeplagten Nordosten des Landes benötigen laut Humanitarian Response Plan etwa 8.4 Millionen Menschen humanitäre Hilfe.
Wie geht es den Geflüchteten in Nigeria und der Tschadsee-Region?
Sowohl in Nigeria wie auch in den drei Nachbarländern Kamerun, Tschad und Niger ist das Gesundheitssystem in problematischem Zustand. Entsprechend schwierig sind die Bedingungen sowohl für die ins benachbarte Ausland geflohenen wie auch für die mehr als zwei Millionen Binnenflüchtlinge in Nigeria. Die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR weist darauf hin, dass die angespannte Sicherheitslage, die ökonomische Instabilität, die schweren klimatischen Bedingungen und wiederkehrenden Epidemien sowie der eingeschränkte Zugang zur Grundversorgung die Schutzmaßnahmen zugunsten der Betroffenen erheblich erschweren.
Wo kommen die Geflüchteten unter?
In den Flüchtlingslagern bekommen die Notleidenden Zelte und Leichtbauhütten, damit sie wenigstens ein Dach über dem Kopf haben. Außerdem werden Lebensmittel und Hilfsgüter, verteilt. Es gibt zwar eine medizinische Versorgung, sie ist jedoch in vielen Lagern unzureichend. Eine große Rolle spielt die Solidarität der lokalen Bevölkerung. So leben rund Dreiviertel der Vertriebenen nicht in organisierten Camps, sondern in informellen Unterkünften oder bei Einheimischen. Die Nahrungsmittelrationen des Welternährungsprogramms WFP und anderer Hilfsorganisationen reichen nicht aus. Sehr viele Geflüchtete sind unterernährt, vor allem Kleinkinder. Die hygienischen Verhältnisse in den Notunterkünften sind ebenfalls unzureichend, ein Problem, das durch Corona noch einmal massiv verschärft wurde. Auch die Sicherheitslage der internationalen Helferinnen und Helfer vor Ort ist ein ständiges Thema. Immer wieder kommt es in Nigeria zu Angriffen oder Selbstmordattentaten auf Flüchtlingseinrichtungen.
Wie helfen die Malteser in Nigeria?
Malteser International engagiert sich seit 2017 in Nigeria. Zuerst in der Hauptstadt des Bundesstaates Borno, in Maiduguri, im Nordosten des Landes, seit Anfang 2019 auch in Pulka, das ebenfalls im Nordosten liegt. Damit reagierten die Malteser auf die dramatische Lage in der Region. Vermehrt war es zu Morden und Entführungen gekommen, deshalb flüchteten phasenweise 50.000 Menschen in die nur 20.000 Einwohner zählende Stadt Pulka, die von einer Militärgarnison geschützt ist. Vor Ort sind nur wenig internationale Hilfsorganisationen aktiv. Neben Hunger, Durst und der Angst vor Übergriffen ist auch die Wasser- und Hygienesituation sehr schwierig. Gezielt versuchen die Malteser vor Ort die Situation für die Geflüchteten in diesem Bereich zu verbessern. Sie unterstützen die Versorgung durch Trinkwasser, installieren Brunnen und kümmern sich um die hygienischen Bedingungen durch den Bau von Wassersystemen, Latrinen, Toiletten und durch das Verteilen von Hygieneartikeln. So sollen auch Krankheiten wie Cholera, die durch verunreinigtes Wasser ausgelöst werden, verhindert werden.
Gibt es spezielle Unterstützung für Mädchen und Frauen?
Vor allem Mädchen und Frauen sind in Nigeria einem großen Risiko ausgesetzt, Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt zu werden. Vor, während und auch nach ihrer Flucht. Es kommt zu Entführungen, Vergewaltigungen, psychischer Gewalt, Zwangsverheiratungen und Menschenhandel. Malteser International hat mehrere Rückzugsorte speziell für Mädchen und Frauen eingerichtet. Dort bieten sie auch psychosoziale Betreuung für Betroffene sexueller Gewalt an. Außerdem gibt es gezielte Weiterbildungsmöglichkeiten, die die Frauen langfristig unabhängig machen und ihnen die Chance geben sollen, für sich selbst zu sorgen.
Kommen viele Geflüchtete nach Deutschland?
Einige tausend Nigerianerinnen und Nigerianer kommen jedes Jahr auch nach Deutschland, auf der Suche nach Sicherheit oder einfach nach einem besseren Leben. Ihre Chancen, Asyl zu bekommen, sind allerdings niedrig. Die Ablehnungsquote beträgt mindestens 80 Prozent. 2020 etwa wurden von 3.303 Erstanträgen auf Asyl von Nigerianerinnen und Nigerianern nur 303 positiv beschieden. Der Grund: Die deutschen Behörden gehen davon aus, dass der größte Teil der Geflüchteten aus Nigeria auch innerhalb ihres eigenen Landes Schutz finden könnten.
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