Covid-19 in den Flüchtlingscamps: Schnelle Hilfe ist notwendig!

In der Corona-Krise sind viele vor allem mit sich selbst beschäftigt: Was heißt das für mich, wie geht es weiter in Deutschland, wann bekommen wir unsere Bewegungsfreiheit wieder? Leicht in Vergessenheit gerät dabei die Lage derer, die sich weltweit nicht selbst helfen und schützen können: Flüchtlinge und Vertriebene in überfüllten Lagern sind in allerhöchstem Maße von der Pandemie bedroht. Eine Verbreitung des Virus in Camps, in denen Flüchtlinge auf engstem Raum und unter schwierigen hygienischen Umständen leben, könnte verheerende Folgen haben. Es droht eine Katastrophe, wenn die Menschen nicht rechtzeitig Unterstützung bekommen. Sofortiges Handeln ist nötig!

Darum geht’s:


Wo hilft Malteser International?

Die Malteser sind weltweit vereint und solidarisch im Kampf gegen das Virus engagiert – ganz im Sinne des Hashtags #TogetherAgainstCorona. Malteser International setzt sich dabei in über zwanzig Ländern Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und des Nahen Ostens für den Schutz von Menschen in Not vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus ein. In Uganda etwa haben die Helferinnen und Helfer eine Isolationseinheit eingerichtet, im Libanon sind mobile medizinische Teams unterwegs, in Peru gibt es Projekte speziell für Seniorinnen und Senioren, und in Haiti werden Informationsflyer verteilt. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den Flüchtlingscamps, in denen die Malteser aktiv sind, etwa in Syrien oder in Bangladesch. Dort werden zum Beispiel Handwaschstationen installiert, Aufklärungsarbeit über die Lungenkrankheit Covid-19 geleistet und die Gesundheitseinrichtungen für die Isolation von Verdachtsfällen bestmöglich optimiert.

Wie sieht die aktuelle Situation aus?

Auch wenn in den Camps, in denen Malteser International arbeitet, noch keine Fälle von Covid-19 bekannt wurden (Stand: 20. April 2020), ist die Situation sehr schwierig: „Die Menschen in den Lagern sind vor allem wegen ihrer Überbelegung sehr anfällig für einen Ausbruch des Virus“, erklärt Arno Coerver, WASH-Experte von Malteser International. Im Falle eines Ausbruchs von Covid-19 ist mit einem rasanten Verlauf zu rechnen ist. Aufgrund der Enge in den überfüllten Lagern und wegen der mangelhaften hygienischen Bedingungen etwa im Nordwesten Syriens ist es für Geflüchtete praktisch unmöglich, sich selbst zu isolieren oder die Grundregeln von Social Distancing einzuhalten. Entsprechend hoch wird die Ansteckungsrate im Falle eines Ausbruchs sein. Und über eines sind sich alle Experten einig: Früher oder später wird es in den Flüchtlingscamps Covid-19-Fälle geben, daran besteht kein Zweifel.

Wie ist die Stimmung in den Camps? Gibt es Anzeichen von Panik?

Viele Geflüchtete fühlen sich unsicher und reagieren mit Stresssymptomen und Frustration auf die Bedrohung durch die Pandemie. „Ein zusätzliches Problem in Syrien ist es, dass die Vertriebenen dort seit Jahren so sehr unter Krieg und Krisen leiden, dass sich viele schwer tun, dem Ernst der Bedrohung durch das neuartige Coronavirus Aufmerksamkeit zu schenken“, sagt ein Mitarbeitender einer Partnerorganisation der Malteser vor Ort. Und die Tatsache, dass die Menschen oft schon so lange unter sehr schlechten Bedingungen leben, hat natürlich auch ihr Immunsystem geschwächt und macht die Gefahr damit noch größer.

Haben alle Geflüchteten Zugang zu sauberem Wasser, Seife und medizinischer Versorgung?

Ein grundsätzliches Problem ist das Fehlen von Ressourcen in den Lagern. „In den Rohingya-Flüchtlingscamps in Bangladesch beispielsweise gibt es schon jetzt eine Unterversorgung mit Medikamenten“, fasst Rajan Ghimire von Malteser International die Lage zusammen. „Ein Covid-19-Ausbruch würde diese Situation dramatisch verschärfen.“ In den meisten Camps gibt es viel zu wenig Seife und Hygiene-Kits und auch die Möglichkeiten, schwerkranke Corona-Patienten zu behandeln, sind sehr limitiert.

Ist es überhaupt möglich, ausreichend viele Tests durchzuführen?

In den meisten Ländern, in denen Malteser International hilft, gibt es kaum Testmöglichkeiten. So auch in den Camps. In Bangladesch etwa gibt es schon für die normale Bevölkerung nur eingeschränkte Möglichkeiten sich testen zu lassen, in den Flüchtlingscamps dort ist es entsprechend noch schwieriger. In Thailand zum Beispiel werden die Menschen in den Camps auf Symptome untersucht und bei Bedarf 14 Tage lang unter Quarantäne gestellt. In Syrien gibt es derzeit überhaupt keine Möglichkeit, in den Camps Tests durchzuführen.

Wie schützen die Helfer sich?

Weltweit ist Schutzausrüstung wie Masken, Handschuhe und Desinfektionsmittel Mangelware und dementsprechend knapp und teuer, was eine Beschaffung der Schutzausrüstung erschwert. „Die Helfer bekommen die vorhandene Schutzausrüstung und werden in Verhaltensregeln geschult, was ihr persönliches Hygieneverhalten angeht: Also regelmäßiges Händewaschen, Abstandsregeln und wenn möglich das Tragen von Handschuhen und Masken“, erklärt Arno Coerver. Malteser International liefert zusätzliche Schutzausrüstungen in die Regionen, in denen sie am dringendsten benötigt werden.

Wie werden Informationen wie Sicherheitsrichtlinien in den Camps kommuniziert?

Auch das ist unterschiedlich. In Ländern Asiens und Afrikas geben geschulte humanitäre Helfer diese Informationen weiter. In Syrien ist es schwieriger. Hier werden Informationen oft durch WhatsApp-Gruppen oder andere Soziale Medien verbreitet, zusätzlich verteilen die Helferinnen und Helfer Broschüren und betreiben mündliche Information. In den riesigen Lagern ist Aufklärung nach wie vor ein wichtiger Punkt, um beispielsweise Versammlungen und Gruppenbildung auf engem Raum zu verhindern.

Was wird in den Lagern derzeit am dringendsten benötigt?

Am dringendsten werden Schutzausrüstungen für die Helfer benötigt, Testmöglichkeiten und natürlich Hygiene- und Desinfektionsmittel für die Geflüchteten. Es fehlen Quarantäne-Möglichkeiten und mehr Gelegenheiten zum Händewaschen, um dem Ausbruch vorzubeugen bzw. ihn einzudämmen. Und: In den meisten Lagern gibt es weder intensivmedizinische Einrichtungen noch Beatmungsgeräte. Deshalb wäre ein Ausbruch von Covid-19 so dramatisch und muss – so lange wie möglich – verhindert werden. 

Gibt es einen Worst-Case-Plan? Und wie sieht er aus?

Für die meisten Länder, in denen die Malteser helfen, gibt es einen solchen Worst-Case-Management-Plan für die Camps noch nicht. Eine Ausnahme ist Thailand. Auch in Bangladesch gibt es darüber Diskussionen. „Für den Nordwesten Syriens wäre ein Worst-Case-Szenario ganz besonders katastrophal. Wir fürchten eine Katastrophe unermesslichen Ausmaßes, weil es dort im Gesundheitssystem so schon kaum Kapazitäten gibt“, berichtet ein Mitarbeitender der Partnerorganisation.

Was können die Menschen in Deutschland tun, um zu helfen?

Für alle Camps und Länder werden dringend finanzielle Mittel benötigt, um sich gegen die drohenden Coronavirus-Ausbrüche zu wappnen und Schadensbegrenzung zu betreiben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich Covid-19 in den Geflüchtetenlagern ausbreitet. Hier drohen vielerorts menschliche Tragödien. „Deswegen bitten wir die Menschen in Deutschland neben der Krise im eigenen Land nicht die Menschen in den Camps zu vergessen, die sich schon vor Corona in einer sehr schwierigen Lage befunden haben“, so Arno Coerver. Es sei deshalb so dringend wichtig, diesem Thema Aufmerksamkeit zu schenken, darüber zu sprechen, zu informieren und zu helfen.

Wie kannst du helfen?

Eine Möglichkeit, direkt zu helfen, ist eine Spende an die internationale Corona-Hilfe von Malteser International. Damit trägst du dazu bei, medizinische Ausrüstung, Schutzkleidung, Hygienekits, Medikamente und Tests bereitzustellen.


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