Voll Stoff

Bei etwas frischem aber strahlend sonnigem Frühlingswetter führte die erste Fahrt unseres Kulturbegleitdienstes in diesem Jahr eine muntere Truppe von 20 Teilnehmern zum LWL-Museum Textilwerk in Bocholt.


Zunächst stand die Einkehr im Museumsrestaurant Schiffchen auf dem Programm, nach der Stärkung mit Kaffee und Kuchen ging es dann aber richtig los. „Living History“ war angesagt, wir begleiteten einen Tagelöhner auf der Arbeitssuche im Unternehmen eines erfolgreichen Textilfabrikanten. 


Während dieser Zeitreise gingen wir mit den beiden durch die Fabrik: vom Kontor über das Kesselhaus zur Dampfmaschine und in den Websaal. Der Fabrikbesitzer erklärte dem arbeitssuchenden „Tagelöhner“, und uns dann natürlich auch, was in seiner Fabrik so alles vor sich geht. 


Er traf den strengen, herrschaftlichen Ton dabei genau, wir konnten uns gut in die Zeit vor 150 Jahren hineinversetzen, wo es weder Kündigungsschutz noch Arbeitnehmervertretung gab, dafür aber 12-Stunden Schichten für ein paar Groschen täglich. Dabei jammerte der Herr Generaldirektor aber selbst über die immensen Preissteigerungen:“ Ein Bier kostet mittlerweile stolze 24 Pfennig“, worauf aus unseren Reihen Rufe laut wurden:“ Wo, wo denn!“


Eigens für uns wurden die historischen Webstühle angeworfen, die tatsächlich noch heute für den Museumsladen Stoffe produzieren. Garn wurde auf kleine Spulen gewickelt, eine beeindruckende Lärmkulisse. „Nach 10 Jahren Arbeit in der Halle waren die Arbeiter taub“, wusste unser Fabrikant zu erzählen. Gehörschutz gab es selbstverständlich auch nicht zur Blütezeit der Textilfabriken vor etwa 100 bis 150 Jahren.


Zum Schluss unserer Entdeckungsreise haben wir noch etwas Geld im Museumsshop gelassen und es ging zurück mit dem Wissen, dass die gute alte Zeit nicht immer nur gut war. Interessant aber allemal.