So fällt Ihnen zu Hause die Decke nicht auf den Kopf

Dr. Zenon Szelest, Leiter der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV-Team) der Malteser in Köln. (Foto:Malteser)

Die Bundeskanzlerin hat die Bürger in ihrer Fernsehansprache aufgefordert, zu Hause zu bleiben, damit Infektionsketten verzögert werden. Jeder von uns, der nicht unbedingt am Arbeitsplatz gebraucht wird, soll am besten niemanden mehr treffen. Sonst, so wird spekuliert, droht uns eine allgemeine Ausgangssperre, wie sie in den Nachbarländern schon angeordnet ist. Wer positiv auf das COVID-19 Virus getestet wurde, Kontakt mit Infizierten hatte oder selber erkrankt ist, muss sogar in Quarantäne. Solche Maßnahmen gehen nicht spurlos an uns vorbei. „Reduzierte Sozialkontakte belasten uns“, sagt Dr. Zenon Szelest, Leiter der Psychosozialen Notfallvorsorge (PSNV-Team) und des Kriseninterventionsteams der Malteser in Köln. „Wer vermutet, sich angesteckt zu haben oder Angst davor hat, kann psychische Probleme bekommen.“  Um sich davor zu schützen, um besser mit der Einsamkeit und möglicher Angst umgehen zu können oder damit Ihnen zu Hause die Decke nicht auf den Kopf fällt, gibt der Malteser Seelsorger folgende Tipps:
 
Bleiben Sie gut informiert!
Wer sich regelmäßig aus verlässlichen und unterschiedlichen Quellen informiert, beugt vor, dass sich belastende Gedanken verselbstständigen können. Wer gut Bescheid weiß, stellt Sicherheit in einer Situation her, wo Ängste und Sorgen nachvollziehbar und normal sind. 
 
Nehmen Sie ihre Gefühle an!
Schnelle Gefühlswechsel sind in Krisen ganz normal: Man fühlt sich ausgeliefert, bekommt Angst, verfällt in Panik, Zorn, Wut oder Angriffslust. Dann überwiegen aber wieder Leere, man fühlt sich niedergeschlagen, ausgelaugt, erschöpft und mutlos. In diesem Wechselbad der Gefühle soll man nichts Wichtiges entscheiden, lieber eine Nacht darüber schlafen.
 
Sprechen Sie darüber!
Teilen Sie ihre Sorgen und Befürchtungen mit Angehörigen, Freunden, Kollegen oder Wildfremden, z. B. in Chats am Computer. Wer redet, muss auch seine Gefühle in Worte fassen. Damit werden sie einer Verarbeitung zugänglich. Das hilft in Krisensituationen. 
 
Nehmen Sie aktiv Kontakt auf!
Es ist unbedingt notwendig die sozialen Kontakte aufrecht zu erhalten und zu pflegen. Telefonieren Sie, chatten Sie, skypen Sie oder stellen Sie sich auf den Balkon, ans geöffnete Fenster oder an den Gartenzaun und reden Sie mit der Nachbarin. Aber reden Sie nicht nur über Corona. Wechseln Sie das Thema, wenn es Sie oder Ihren Gesprächspartner zu belasten scheint.
 
Setzen Sie sich Ziele!
Das vermittelt Ihnen das Gefühl, dass Sie (wieder) alles im Griff haben. Die Ziele müssen auch unter den derzeitigen Verhältnissen tatsächlich erreichbar sein. Schreiben Sie auf, was Sie beschäftigt. Erlernen Sie eine Programmiersprache oder Malen. Räumen Sie auf und erledigen sie das, was Sie schon lange vor sich hergeschoben haben.
 
Lenken Sie sich ab!
Beschäftigen Sie sich ganz bewusst nicht mit dem Coronavirus. Wechseln Sie absichtlich das Gesprächsthema. Reden Sie über ihre Hobbies, eine tolle App, über ein gutes Buch, ein Konzert oder ganz einfach über Klatschthemen. Z. B: Was wird jetzt wohl aus Harry und Meghan?
 
Bleiben Sie aktiv!
Sich treiben lassen schlägt aufs Gemüt. Packen Sie die Dinge an, für die Sie nie Zeit hatten. Gönnen Sie sich etwas, das Spaß macht, vielleicht Nähen, Zeichnen, Lesen, Musik hören. Schreinern Sie etwas, kochen Sie schön und schauen Sie anschließend ein spannendes Video an. Engagieren Sie sich ehrenamtlich auch von zu Hause aus, z. B. als Berater bei einer Telefon Hotline. 
 
Treiben Sie Sport! 
Wer sich körperlich anstrengt, bleibt auch in guter Gemütslage. Wenn Sie also zu Hause Sport treiben, und sei es auch nur Hausputz, sinkt die Anspannung und Sie werden ausgeglichener. 
 
Halten Sie einen geregelten Tagesablauf ein!
Auch und gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, einen gleichförmigen Tagesablauf einzuhalten. Stehen Sie immer zur gleichen Zeit auf, erledigen Sie ihre Aufgaben, damit Sie danach die Freizeit genießen können. Auch die Mahlzeiten sollten Sie zu den gewohnten Zeiten einnehmen. Gehen Sie auch zur üblichen Zeit Schlafen.  Das ist besonders für Kinder wichtig.
 
Schöpfen Sie zusätzliche Kraft!
Denken Sie sich Sätze aus, die Ihnen Mut machen, die die Familie beruhigen: z.B. „Zusammen schaffen wir das.“ Machen Sie sich Ihre eigenen Stärken bewusst: In Krisen dominieren vornehmlich die Ängste und man konzentriert sich auf das, was nicht funktioniert. Um den seelischen Ausgleich wiederherzustellen, kann man sich ganz bewusst machen, was gut funktioniert oder was gelingt, wo die eigenen Stärken liegen. 
 
Machen Sie Witze!
„Humor ist, wenn man trotzdem lacht!" sagte der Volksmund. Recht hat er. Lachen gibt neue Hoffnung, ein Schmunzeln macht Vieles erträglicher. Wer sich lustig macht, nimmt dem Unvermeidlichen den Schrecken.
 
Beten Sie mal wieder!
Entdecken Sie das Gebet neu. Beten ist ganz leicht: Sprechen Sie einfach mit Gott, wie wenn er neben Ihnen stünde. Das ist überall möglich. Ohne Telefon, ohne Internet, in jeder Situation. Er ist Ihr bester Freund, kennt Sie noch besser als Sie sich selbst. Sprechen Sie mit ihm wie mit einem guten Vertrauten. Wenn Sie das ein wenig üben, werden Sie auch spüren, dass er Ihnen antwortet: Sie kommen plötzlich auf die richtigen Gedanken. „Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt“,  verspricht Jesus (Joh. 11:25). Wenn Sie ihm glauben können, brauchen Sie sich vor nichts mehr zu fürchten, egal was auch passieren mag.