Ehrenamtlich engagiert im Katastrophenschutz

Ulrike Joostema vom Katastrophenschutz Duisburg in ihrer Einsatzkleidung
Ulrike in der Malteser Einsatzkleidung

Ulrike Joostema ist berufstätig und hat eine Familie. Das hält sie aber nicht davon ab, etwas zurückgeben zu wollen. Seit sechs Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich beim Malteser Katastrophenschutz – und das mit großem Erfolg und bewundernswerter Leidenschaft. 

Mittlerweile ist sie Gruppenführerin im Betreuungsdienst und seit diesem Jahr sogar ausgebildete Rettungssanitäterin. Doch „Wunden verbinden“ ist nicht ihr primäres Ziel, sie will lieber „Nähe geben“ und den Menschen auf emotionaler Ebene begegnen. 

Wenn sie in den aktiven Alarm versetzt wird, dann kann es sich auch schon mal um einen dreiwöchigen Einsatz handeln – so wie 2022, als sie als frisch ausgebildete Gruppenführerin die Betreuungsstelle für ukrainische Flüchtlinge koordinierte. Ein prägendes, aber auch erfüllendes Erlebnis. 

Trotz aller Herausforderungen bleibt Ulrike motiviert dabei, besonders wegen des Zusammenhalts unter den Ehrenamtlichen und wegen der Dankbarkeit, die von den Menschen kommt, die sie betreut. Sie will weitermachen, bis ihr „Körper nicht mehr kann“ und bis dahin so viele Menschen von der Arbeit im Katastrophenschutz begeistern, wie sie kann.  

Lest hier das ganze Interview mit Ulrike und erfahrt mehr über sie und ihre Arbeit im Katastrophenschutz.

Engagier auch du dich im Ehrenamt bei den Maltesern im Bistum Essen oder direkt am Standort Duisburg.  

 

Interview mit Ulrike Joostema

Malteser Redaktion (Alexandra Konotopez): Seit wann bist du bei den Maltesern und was machst du da konkret?  

Ulrike Joostema: Ich bin 2018 durch meinen Sohn zu den Maltesern gekommen. Mittlerweile bin ich Gruppenführer im Katastrophenschutz, habe dieses Jahr meine Rettungssanitäter-Ausbildung beendet, betreue im Bereich Oberhausen das soziale Ehrenamt und ich habe noch den Ausbilderschein für erste Hilfe. Aber Katastrophenschutz und die Gruppenführung Betreuungsdienst ist mein Hauptding. 

MR: Und wenn es zu einem Einsatz kommt, was machst du da genau?  

UJ: Ich leite die Betreuungseinheit. Eine Betreuungseinheit ist eine Gruppe von 15 Helferinnen und Helfern und die koordiniere ich. Wenn wir in Betreuungsstellen gehen, sorge ich dafür, dass alles registriert wird, dass die Einrichtungen und die Verpflegung laufen. Ich habe auf alles ein Auge, was Management angeht, um meine Helfer dahin zu schicken, wo es nötig ist. Das alles kommuniziere ich der Führungsebene, bin also das Bindeglied zwischen meinen Helfern und der Führung.  

MR: Du bist auch hauptberuflich tätig. Wie organisierst du deine hauptberufliche Arbeit mit deinem Ehrenamt? Ist es sehr schwierig das zu verbinden?  

UJ: Nein, das ist in der Tat nicht sehr schwierig, da ich hauptberuflich im 24 Stunden Dienst arbeite. So habe ich, wenn alles gut läuft, 8 Arbeitstage pro Monat und habe dementsprechend sehr viel Zeit für das Ehrenamt, was sich auf meinem Stundenkonto irgendwo bei 400 Stunden im Jahr einpendelt. Dieses Jahr waren es nur 300, weil ich nebenbei noch 520 Stunden Ausbildung zum Rettungssanitäter absolviert habe. Ich habe also einen straffen Zeitplan, aber das lässt sich durch die super Arbeitszeit in meinem Hauptjob gut kombinieren. 

MR: Bei dir funktioniert es also gut. Ich frage mich immer, wie jemand neben einer Vollzeitstellen noch ein Ehrenamt ausüben kann… 

UJ: Also in der Tat habe ich vor drei Jahren noch im Einzelhandel gearbeitet und wurde dann in der Covid-Zeit von meinem Arbeitsgeber freigestellt und war drei Monate lang im Katastrophenschutz-Einsatz, wo das Land über das BHKG-Gesetz (Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz: Anmerkung der Redaktion) refinanziert hat. Aber das ist in NRW leider nicht immer der Fall und das war auch nicht ganz einfach. Diese Freistellung ist zwar gesetzlich geregelt, (§ 20 und § 21 BHKG: Anmerkung der Redaktion) aber die Arbeitgeber kennen das häufig nicht. Wen man also nicht den guten Job hat oder den guten Arbeitgeber, dann wird es auch sehr schwer sich dafür freizuschaufeln.  
Wo ich damals in den roten Alarm, so nennt sich der aktive Alarm, wo Covid losging versetz wurde, da wusste mein Arbeitgeber überhaupt nicht, was das ist. Dann habe ich das so erklärt: Es ist wie bei der Feuerwehr, es brennt und ich muss zum Löscheinsatz. Ich muss dahin, ich habe keine Wahl. Dann hat sich mein Arbeitgeber schlau gemacht und Gesetzestexte gewälzt und hat festgestellt: Ja ok, sie hat wirklich das Recht dazu. Aber Begeisterung sah anders aus.  
Die Kommunikation nach außen ist im Katastrophenschutz wirklich schwierig, finde ich. Ich glaube, die Arbeitgeber sind nicht gut informiert darüber, was wirklich verpflichtend ist und was nicht. Wenn ich sagen würde, ich bin bei der freiwilligen Feuerwehr, damit könnten die was anfangen, aber warum ich jetzt als Mitglied einer Hilfsorganisation auf einmal im Katastrophenfall raus muss, das versteht nicht jeder Arbeitgeber.  

MR: Was ist deine Motivation im Katastrophenschutz tätig zu sein?  

UJ: Was mich dabei hält ist auf jeden Fall das Teamgefühl, der Zusammenhalt. Und ich bin einfach ein Mensch, der gerne Sachen zurückgibt. Und wenn ich Dankbarkeit wiederbekomme, ist das für mich das höchste Gut. Ich möchte nicht unbedingt für alles, was ich tue, bezahlt werden. Ich will sehen, dass meine Hilfe ankommt und das ist im Katastrophenschutz das, was mich auch dazu motiviert, mich immer weiterzubilden. Weil ich hier aktiv helfen kann, habe ich mich für den Betreuungsdienst entschieden. Es hätte auch der Sanitätsdienst sein können, was in einer Hilfsorganisation das Hauptgeschäft ist: Wir verbinden Wunden. Aber ich bin mehr der Mensch, der lieber die Psyche heilt: Also Nähe geben und echte Wertschätzung zurückbekommen Das ist das, was mich am Rennen hält. 

MR: Bekommt man da viel an Wertschätzung und Dankbarkeit zurück?  

UJ: Ja, auf jeden Fall eine Menge. Als 2022 der Ukrainekrieg losging, da haben wir in den ersten Wochen eine große Betreuungsstelle betreut. Und es war so herzergreifend, dass diese Menschen, die einfach nichts hatten, hinterher mit einem Dolmetscher losgefahren sind, Pralinen gekauft haben und uns diese am Ende dieses Einsatzes als Dank übergeben und noch Fotos mit uns machen wollten. Das kannst du mit keinem Geld der Welt bezahlen. Da stellen sich mir immer noch die Haare auf, weil das einfach wundervoll ist, das kann man nicht anders beschreiben.  

MR: War das eine deiner prägendsten Situationen im Einsatz? 

UJ: Ich bin ja 2018 zum Katastrophenschutz gekommen und hab dann angefangen mich weiterzubilden. Als 2020 Covid kam, war ich noch nicht in der Gruppeführung tätig und Covid war irgendwie sehr groß für alle. Und dann kamen 2022 die Flüchtlinge, mein erster Einsatz als ausgebildete Gruppenführerin. Die Dauerbelastung über 3 Wochen im 24-Stunden-Wechsel und diese Menschen mit ihren Ängsten im Gesicht, die nachts vor dir stehen, registriert werden wollen, nicht wissen, wie es weitergeht, das war schon sehr prägend. Es waren auch Kinder dabei, die Bilder von Kriegsgeschehen gemalt haben und mit ihren Müttern dastanden, weil ihre Väter nicht mitgekommen waren und kämpfen mussten. Und das musste man trotz Sprachbarriere alles auffangen. Du hast die Angst der Menschen gesehen und wolltest ihnen nur etwas Gutes tun. Und da kam schon so viel Dankbarkeit zurück, dass du einfach weißt: Du machst das Richtige! Und das würde ich in meiner doch kurzen Zeit von 6 Jahren im Katastrophenschutz als prägendstes Erlebnis bezeichnen, etwas, das hängengeblieben ist.  

MR: Wie lange würdest du gerne noch weiter für den Katastrophenschutz tätig sein? 

UJ: Bis mein Körper sagt, es geht gar nichts mehr. Selbst wenn ich körperlich nicht mehr in der Lage bin an der Küche zu stehen oder etwas anderes zu machen, würde ich versuchen aus dem Hintergrund mit Tipps und Rat zu helfen. Und wenn es vom Pflegebett aus ist, das ist wirklich so, da gibt es für mich kein Ende. Nach manchen 24 Stunden, sagt mein Körper mir das, dann nehme ich mir den Regenerierungstag, aber der Kopf arbeitet schon wieder an neuen Sachen. Wenn mein Körper sagt, du kannst noch, dann machst du, das ist einfach so.  

MR: Aber es ist bestimmt auch psychisch ganz schön viel zu verarbeiten, oder?  

UJ: Ich sag mal, Einsätze sind ja doch relativ selten. Das ist meistens die klassische Bombenentschärfung, wo wir durch die Gegend fahren. Aber solche Einsätze sind natürlich schon eine andere Hausnummer, gar keine Frage. Aber die kommen nicht ganz so häufig. Wollen wir mal hoffen, dass es so bleibt, aber man weiß ja nie.  

MR: Wenn jemand auf dich zukommt und sagt, ich möchte mich im Katastrophenschutz engagieren, aber ich weiß nicht, ob ich es wirklich tun soll, was würdest du ihm sagen?  

UJ: Ja, auf jeden Fall! Ich habe schon viele Kollegen angeschleppt und ihnen gezeigt, wie toll das ist. Ich muss aber sagen, die meisten kommen und sagen: Hey, du bist ein Malteser, ich finde Blaulicht toll. Ich bin dann immer die, die sagt: Wir können noch viel mehr! Manche überzeuge ich davon, andere nicht. Aber ich glaube, ich bin überzeugend genug zu sagen, komm zu uns und wir finden auch für dich eine Position. Viele kommen und sagen: Ich würde das gerne machen, aber ich kann kein Blut sehen. Dann sage ich: Hey, kein Problem, du kannst auch in die Küche gehen, dann kannst du lecker kochen. Von da finden wir eine Lösung.  

MR: Es gibt unfassbar viele Aufgaben, die man erfüllen kann, oder?  

UJ: Auf jeden Fall. Da kann sich jeder in einem Bereich engagieren, ob es Technik ist, ob es Betreuung ist oder ob es wirklich die Medizin ist, das ist so breit gefächert, da finden wir für jeden was. 

MR: Das heißt, du würdest diese Person, die auf dich zukommt, mitnehmen und sagen, schau es dir einmal an.  

UJ: Genau. Und ich würde mit unserer tollen Kleidung überzeugen, man muss sagen unsere Hosen mit dem Stretchanteil, ein großer Luxus, die gefallen jedem!   

MR: Auch kleine Dinge können überzeugend sein. Das war ein ganz tolles Gespräch, ich danke dir ganz herzlich dafür!