„Oft sind es kleine Dinge, die etwas bewirken“: So arbeitet das Malteser Team in der Geflüchteten-Einrichtung Berlin-Tegel

Seit dem 20. März 2022 kommen Geflüchtete auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel unter. Betreut werden sie von den Berliner Hilfsorganisationen. Fotos: Malteser
„Oft sind es die kleinen Dinge, die etwas bewirken", sagt Ensar, Schichtleiter im Leichtbaukomplex.
„Wann immer ich kann, bringe ich von meinem Balkon zu Hause Blumen und Pflanzen mit nach Tegel und verteile sie im Ankunftszentrum. Die Blumen sollen sie erfreuen und die Stimmung hier verbessern“, sagt Rima, Mitarbeiterin im Infoteam.
Matthias leitet die News-Redaktion. Sein Team hält die Bewohnerinnen und Bewohner über alles, was in Tegel passiert auf dem Laufenden.
Christine ist als Sprachmittlerin im Ankunftszentrum tätig. Sie spricht fließend Russisch und Englisch und übersetzt für die Geflüchteten.
Kein Tag ist in Tegel wie der andere, sagen Maria (l.) und Arzu (r.): Für die Malteser leiten sie ein Team mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 39 Nationen an.

Berlin. An einem Dienstagmorgen wenige Tage vor Weihnachten ist draußen vor dem Terminal C des ehemaligen Flughafengeländes in Berlin-Tegel nicht viel los.  Ein paar Security-Leute stehen vor der Eingangshalle, zwei Männer sitzen auf einer Bank und schauen auf ihre Handys. Das Bild von Leere trügt: Auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens leben zurzeit 3700 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und Asylbewerber aus etlichen Staaten. In der Spitze waren es 5500 geflüchtete Menschen. Die Notunterbringungseinrichtung aus Leichtbauhallen und dem Gebäudekomplex des früheren Terminals C ist die größte Flüchtlingsunterkunft in Deutschland. 

Seit dem 20. März 2022 kommen Geflüchtete auf dem Gelände unter. Anfangs als Ankunftszentrum für ein bis drei Nächte geplant, leben die ukrainischen Geflüchteten mittlerweile mehrere Monate dort, manche sogar Jahre. Betreut werden sie vom Personal der Berliner Hilfsorganisationen. Auch 280 Malteser arbeiten in der Ankunfts- und Notunterbringungseinrichtung. Sie helfen den Geflüchteten beim Ankommen und versuchen, ihnen das Leben ohne Privatsphäre und auf engstem Raum so angenehm wie möglich zu machen. Die Motivation der Helferinnen und Helfer ist verschieden:

Ensar, 30, Schichtleiter im Leichtbaukomplex B2

„Ich arbeite seit Oktober 2023 in Tegel. Als Schichtleiter bin ich für eine der Leichtbauhallen in Tegel zuständig. Ein Komplex besteht aus vier Hallen, zwei zum Schlafen, einer Halle für den Aufenthalt, eine für die Sanitäranlagen. Natürlich sind die Umstände hier für alle Geflüchteten herausfordernd. Aber sie haben hier einen sicheren Ort ohne Krieg. In meiner Zeit in Tegel habe ich viel gelernt. Man muss in schwierigen Situationen sofort entscheiden. Als Mitarbeiter kann ich nicht alle Probleme lösen, aber ich helfe, wo ich kann. Oft sind es die kleinen Dinge, die etwas bewirken, etwa wenn ein Gast sein Bett tauschen möchte oder wir jemanden zur Erste-Hilfe-Station begleiten können. Die Menschen freuen sich darüber und das freut mich. Was in Tegel für mich auch besonders ist, ist unser Team. Die Arbeitskollegen sind perfekt. Ich kenne viele Leute aus vielen Bereichen. Wir sind sehr divers. Die Vielfalt ist ein großer Bonus für mich.“

Rima, 63, Mitarbeiterin im Infoteam

„Ich selber bin vor sieben Jahren aus Syrien nach Deutschland geflüchtet. In Syrien habe ich Agraringenieurwesen studiert und war später als Hochzeitsplanerin in Saudi Arabien tätig. Deutschland hat uns Syrer aufgenommen und ein würdevolles Leben gegeben, dafür bin ich sehr dankbar. Die Malteser machen als Organisation eine großartige Arbeit, deswegen möchte ich jetzt anderen helfen. Ich arbeite seit zwei Jahren in Tegel im Infoteam der Malteser. Wann immer ich kann, bringe ich von meinem Balkon zu Hause Blumen und Pflanzen mit nach Tegel. Die Blumen und Gestecke verteile ich hier im ganzen Ankunftszentrum. Die Blumen sollen sie erfreuen und die Stimmung hier verbessern. Die Bewohnerinnen und Bewohner in Tegel kommen aus Kriegsländern. Sie sollen etwas Schönes haben, an dem sie sich erfreuen.“

Matthias, 46, Leiter Newsredaktion

„Bei uns in der Redaktion laufen alle News zusammen. Wir sind ein Team aus sieben Leuten und halten die Bewohnerinnen und Bewohner über alles, was in Tegel passiert auf dem Laufenden. Wir drucken Plakate und Flyer, schreiben die Informationstexte für die News-Screens im ganzen Ankunftszentrum und befüllen die Malte-App mit Neuigkeiten und Informationen. Für die Mitarbeitenden in Tegel geben wir zudem alle zwei Monate unseren Newsletter „Tegel Heroes“ heraus, berichten über die Highlights der vergangenen Monate und stellen Neuigkeiten ein. Ich möchte hier meinen Beitrag leisten, dass die Geflüchteten in Deutschland ankommen und ihnen möglichst alle Informationen geben, die sie brauchen.“

Nils, 30, Schichtleiter im Terminal C

„Bevor ich in Tegel angefangen habe, war ich für die Malteser im Impfzentrum an der Messe Berlin und kurz darauf im Februar 2022 am Zentralen Omnibusbahnhof, wo viele Ukrainerinnen und Ukrainer nach ihrer Flucht ankamen. Hier in Tegel bin ich seit Oktober 2023. Anders als am ZOB begleite ich hier Familien und Alleinstehende über Monate, bis sie die Unterkunft wieder verlassen können. Es gibt hier Kinder, die in Tegel leben seitdem sie geboren sind und schon ihren ersten Geburtstag hier feiern. Am Anfang denkt man, man müsse als Mitarbeiter alle Probleme lösen. Irgendwann realisiert man, dass das nicht möglich ist. Natürlich ist Tegel kein schöner Ort. Trotzdem will ich hier helfen und die Geflüchteten unterstützen, soweit es geht.“

Christine, 55, Mitarbeiterin im Infoteam

„Ich arbeite seit April 2021 für Malteser, zunächst in der Dokumentation im Impfzentrum Messe Berlin, später im Impf-Drive-In Lichtenberg. Dort habe ich auch als Sprachmittlerin geholfen und auf Russisch und Englisch für die Impfgäste übersetzt. Seit Juni 2022 arbeite ich als Sprachmittlerin für die Malteser in Tegel und freue mich immer, wenn ich den Geflüchteten weiterhelfen kann. „Welche Dokumente benötige ich, um Sozialleistungen zu beantragen? Was muss ich tun, um an eine Wohnung zu kommen? Welche Freizeitangebote gibt es in Tegel? Mit all diesen Fragen kommen die Bewohnerinnen und Bewohner aus Tegel an den „zentralen Infopoint 1“. Geflüchtete und Mitarbeitende anderer Gewerke, die bei mir und meinen Kollegen nach Unterstützung fragen, werden von uns informiert und an die richtige Stelle weitergeschickt.“

Maria und Arzu, Leitungsteam der Malteser

„Jeder Tag in Tegel ist anders und immer eine neue Herausforderung. Die Zahl der Geflüchteten variiert ständig. Darauf müssen wir dynamisch reagieren. Wir haben hier routinierte Prozesse, täglich gibt es Meetings mit Beschäftigten, den Leitungen der anderen Hilfsorganisationen und verschiedenen Gewerken. Wir hören uns die Probleme an, versuchen Lösungen zu finden und gleichzeitig immer die Sorgen unserer Mitarbeitenden im Blick zu behalten. Alle unsere Kolleginnen und Kollegen arbeiten mit großer Leidenschaft hier. Tegel ist eine Lebensschule.  Die Mitarbeitenden sagen uns oft in Feedbackgesprächen, wieviel sie hier lernen über den respektvollen Umgang miteinander. Wir sind ein diverses Team mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 39 Nationen. Bei uns Maltesern zählt nicht die Herkunft. Hier steht der Mensch im Vordergrund.“ 


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