Zu Besuch in der neuen Malteser Funkzentrale in Berlin

Bei großen Veranstaltungen und Großschadenslagen sind die Malteser häufig dabei. Mit ihren Sanitäts- und Rettungsdiensteinsätzen unterstützen sie unter anderem die Feuerwehr und Polizei. Koordiniert werden die Einsätze von den Funkleitstellen wie die der Malteser Berlin. Sie ist nagelneu und mit viel Hightech ausgestattet. Wir waren zu Besuch und haben dort den ehrenamtlichen Leiter Pascal Neuendorf getroffen.

Darum geht’s:


Alles neu und volldigital

Ein riesiger Bildschirm an der Wand zeigt eine Karte von Berlin. Darauf sind Abkürzungen auf farblich hinterlegten Feldern zu sehen. Es handelt sich um Einsatzfahrzeuge, die unterwegs sind. Pascal Neuendorf hat sie von hier aus alle im Blick. Im Dachgeschoss in Berlin-Charlottenburg befindet sich die neue Hightech-Funkzentrale. Mitten zwischen leuchtenden und blickenden Monitoren steht Pascal. Der 29-Jährige studiert Wirtschaftsingenieurwesen und ist nebenberuflich im Rettungsdienst tätig. Außerdem leitet er ehrenamtlich die 2023 neu organisierte Fachgruppe Information & Kommunikation und damit auch die Leitstelle. Alles ist neu: Computer, Bildschirme, Software und die gesamte IT-Infrastruktur. Das System wurde auch schon getestet. Im Frühjahr 2024 haben sich 50 Ehrenamtliche aus Berlin und Potsdam an einem Stresstest für das System beteiligt.

Das Ergebnis: Bis auf ein paar Kleinigkeiten lief alles reibungslos. Damit sind die Malteser Berlin technisch auf dem neuesten Stand, sagt Pascal: „Wir sind in einem Zeitalter, in dem wir in Deutschland inzwischen flächendeckend Digitalfunk haben. Mit diesem Funk und den entsprechenden Endgeräten haben auch wir nun viel mehr Möglichkeiten.“

Was macht die Funkzentrale?

Sie gehört zu den sogenannten technischen Diensten und unterstützt unter anderem bei besonderen Gefahrenlagen und die Sanitätsdienste beispielsweise bei Festivals, Konzerten oder der Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland. Die Funkzentrale heißt offiziell Fernmeldebetriebsstelle und sorgt für die reibungslose Kommunikation zwischen den Einsatzkräften vor Ort und der Einsatzleitung. Hier ist ein Beispiel: Bei einem Konzert wird eine Person ohnmächtig. Ein Sanitäter behandelt sie und entscheidet, die Person ins Krankenhaus zu schicken. „Wenn jemand mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus muss, dann erscheint bei uns eine Meldung und wir entsenden die benötigten Einsatzmittel“, erklärt Pascal. „Die Weitergabe erfolgt komplett elektronisch. Wir sind also in der Lage, über eine SDS – das ist so etwas wie eine SMS – alle nötigen Informationen elektronisch direkt an die Einsatzkräfte zu schicken, ohne dass wir miteinander sprechen. Ist ein Navigationssystem an das Funkgerät im Einsatzwagen angeschlossen, kann ich auch direkt eine Navigation vermitteln und sagen: Fahr dort hin.“

Mehr Effizienz und modernes Arbeiten

Von insgesamt acht Arbeitsplätzen aus können bis zu zehn Funkgruppen gleichzeitig angesprochen werden und das per Touchscreen, Headset oder Telefon. „Damit sind wir weitaus belastbarer und können mit weniger Ressourcen mehr erreichen“, sagt Pascal. Wo früher für jede Funkgruppe ein eigener Arbeitsplatz mit einem Funkgerät nötig war, können jetzt von allen Arbeitsplätzen alle Funkgruppen erreicht werden. Auf dem Touchscreen haben die Funkerinnen und Funker alle zur Verfügung stehenden Gruppen im Blick. Sie können die Gruppen entweder einzeln oder alle zusammen ansprechen. Das spart Zeit. Muss vielleicht jemand reanimiert werden, zählt jede Sekunde und die Rettungskräfte müssen so schnell wie möglich vor Ort sein. „Sprache dauert“, sagt Pascal. „Wenn ich früher jemanden angefunkt habe, dauerte es zehn bis 20 Sekunden, um den Einsatz per Sprache weiterzugeben. Jetzt mache ich drei Klicks im System und schicke die Daten raus: Wo sollst du hin? Wer erwartet dich dort? Was ist passiert?“

Die Rettungskräfte können sogar noch effizienter angesprochen werden durch die sogenannte georeferenzierte Alarmierung. „Ich sehe auf der Karte den am nächsten gelegenen freien Trupp und schicke genau dort meine Nachricht hin. Das Team bekommt die Infos als Text auf das Display des Funkgerätes“. Das ist besonders in einer hektischen und lauten Umgebung von Vorteil, wo Funksprüche nicht immer gut hörbar sind. Pascal und sein Team können einen Einsatzauftrag direkt an ein bestimmtes Funkgerät senden. „Die andere Person weiß dann: Ich bin gemeint und ich muss jetzt los, denn das und das ist passiert. Auf meinem Bildschirm in der Zentrale sehe ich auch, wenn die Helfer am Unfallort eintreffen“.

Ganz auf Sprache wird nicht verzichtet. Bei Rückfragen oder Unklarheiten schicken die Einsatzkräfte einen sogenannten Sprechwunsch ab, und die Leitstelle tritt direkt mit ihnen in Kontakt. Schließlich muss die Kommunikation auch dann noch funktionieren, wenn es technische Probleme gibt. Im Falle eines Stromausfalls stehen an jedem Arbeitsplatz Batterien und ein Notstromaggregat ist auch vorhanden.

Funken ist wieder cool

Nicht nur die hochmoderne Technik macht die neue Funkzentrale zu etwas Besonderem. Eine weitere Besonderheit ist, dass es sich hier um eine rein ehrenamtliche Fernmeldestelle handelt. Von der Genehmigung bis zur Beschaffung ging es schnell, nur ein halbes Jahr hat alles gedauert. „Wir haben sehr viel in Eigenregie aufgebaut“, sagt Pascal. Die Telefonanlage ist selbst konfiguriert, die Kabel sind selbst gelötet und selbst die Netzwerkstruktur ist von den Ehrenamtlichen aufgebaut worden. „Das kann man auch von Firmen machen lassen, aber das wird dann richtig teuer“, sagt Pascal. „Wir haben das Glück, viele sehr engagierte Fachleute im Team zu haben. Unter uns sind Elektriker, Ingenieure und ITler, die auch gerne mal nachts vorbeikommen, um uns tolle, neue Features einzubauen.“

Als Pascal die Einheit 2023 übernahm, hatte die Technik schon einige Jahre auf dem Buckel. „Die Love-Parade, der Christopher Street Day und mehrere Konzerte im Olympiastadion waren die letzten großen Events, die wir von hier betreut hatten“, so Pascal. Nachdem der damalige Zugführer Klaus Brosig sein Amt aus Altersgründen aufgeben musste, trat Pascal an seine Stelle. Mit ihm kamen viele jüngere Einsatzkräfte neu dazu. „Bisher wurde unser Bereich eher als unsexy angesehen. Darum wollten wir auch neue Leute in unser Team bekommen. Das ist uns sehr gut gelungen. Inzwischen sind wir eine bunte Truppe aus alt und neu. Das funktioniert sehr gut.“

Du bist technikbegeistert, bleibst in stressigen Situationen cool und hast Lust auf ein Ehrenamt? Bewirb dich im technischen Dienst oder informiere dich hier über die verschiedensten Ehrenämter.


Bewerte diesen Artikel

 
 
 
 
 
 
2
1
5
5