Roberts Reise

Lange Reise bis zur Ausbildung: Robert Lee Meyer hat mit 44 seine Berufung gefunden. Foto: Annekathrin Prinz / Malteser

„Robert, wir machen das!“ - der Satz von Ausbildungsleiter Sascha Hitzel bleibt Robert bis heute im Ohr. Die Freude und Dankbarkeit über den Satz sind auch zwei Jahre später immer noch groß. „Es hat mich unglaublich viel Überwindung gekostet, zu fragen, ob ich mit 42 Jahren noch für die Ausbildung in Frage komme“, sagt Robert heute.  

Sein Werdegang ist alles andere als typisch für einen NotSan-Azubi: Nach der Schule absolviert der gebürtige Frankfurter zunächst eine Ausbildung zum Sozialassistenten. Mit 26 trifft er einen Schulfreund wieder, der von seinem Job als Busfahrer schwärmt. Die Länder Europas bereisen und gleichzeitig seinen Lebensunterhalt verdienen? Der Gedanke lässt Robert nicht mehr los. Er macht seinen Busführerschein und heuert bei einem Reisebusunternehmen an. Von Spanien bis Skandinavien, von Benelux bis Osteuropa – innerhalb kürzester Zeit sieht er viel von Europa. Mit seinen Sprachkenntnissen wird der Deutsch-Amerikaner schnell der Mann für Großbritannien. Schließlich organisiert er selbst Reisen, chartert dafür Busse, macht sich 2010 mit einem Reiseunternehmen selbständig. Zusätzlich bildet er sich fort und bildet als Meister für Kraftverkehr Berufskraftfahrer in ganz Deutschland aus. „Das war eine tolle Zeit, aber irgendwann hat es nicht mehr zu meinem Leben gepasst.“ 

Die perfekte Mischung 

Mit seiner Frau hat Robert vier Töchter bekommen, darunter Zwillinge. Heute sind sie zwölf, acht und sechs Jahre alt. „Ich habe mir mehr Zeit mit der Familie und geregeltere Arbeitszeiten gewünscht.“ Er erinnert sich an sein Ehrenamt als Rettungshelfer beim Deutschen Roten Kreuz Anfang der 2000er. Auf eigene Rechnung macht er 2019 die Qualifikation zum Rettungssanitäter und findet seine Berufung: „Menschen helfen, mit modernster Technik arbeiten, Rettungswagen fahren – es ist für mich eine perfekte Mischung“, erzählt Robert. So verkauft der Unternehmer 2019 sein Reiseunternehmen und startet 2020 bei den Maltesern in Frankfurt als Rettungssanitäter. Pünktlich zu Beginn der Corona-Pandemie. 

„Plötzlich war die Welt eine andere“, berichtet Robert. Zunächst sinkende Einsatzzahlen. Nichts für den umtriebigen Großstadtretter: „Ich brauche immer etwas zu tun und drücke relativ schnell wieder die Eins.“ Status eins heißt einsatzbereit. Da verwundert es nicht, dass Robert schnell weitere Funktionen bei den Maltesern übernommen hat: Einsatzleiter vom Dienst und Moderator für Fahrerschulungen AV 21. Nebenbei prüft er weiterhin für die IHK Frankfurt angehende Berufskraftfahrer. Auch mit der Weiterqualifizierung zum Rettungssanitäter Plus war ihm „die Palette noch nicht breit genug“. Er möchte mehr Verantwortung für Patienten haben, tiefer in medizinische Themen abtauchen und Einsätze auf dem RTW leiten. Deshalb die Ausbildung zum Notfallsanitäter.  

„Vadder“ in Rente 

Die Mit-Azubis staunten beim ersten Schultag im März 2022 nicht schlecht über Robert. Kein Wunder: „Ich bin doppelt so alt wie die meisten.“ Ab und zu wird er spaßeshalber „Vadder“ genannt oder es kommt ein Spruch wie: „Gehst du nach der Ausbildung eigentlich direkt in Rente?“ Doch damit kommt er klar: „Das ist eher Ausdruck der Zuneigung“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Auch, dass er im praktischen Teil seiner Ausbildung von deutlich jüngeren Kolleginnen und Kollegen angeleitet wird, ist für ihn kein Problem. Woran sich Robert erst einmal wieder gewöhnen musste: das Lernen. Algorithmen, Anatomie, Medikamente – „es ist echt viel, aber die Challenge ist machbar“, sagt der angehende Notfallsanitäter. Vor allem mit dem Ziel vor Augen, endlich als Notfallsanitäter arbeiten zu können.  

Inzwischen steht Robert kurz vor der Zwischenprüfung. Wenn er mit seinen Töchtern und den beiden Hunden auf dem Spielplatz ist, hat er die Karteikarten zum Lernen stets dabei. „Alles eine Frage der Organisation“, sagt der Familienvater lachend. Klar ist aber auch: „Ohne den großen Rückhalt meiner Familie wäre das alles nicht möglich.“ Kinder, Frau, Eltern und Schwiegereltern – alle stünden hinter ihm und unterstützten ihn bei seiner besonderen beruflichen Reise. (apr) 


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