Abschied nach fast 25 Jahren

Was waren die wichtigsten Stationen ihrer Karriere?
Angelika Gabriel:
 Ich bin ja von Beginn an Geschäftsführerin gewesen, zuständig für die Arbeit der Malteser im Land Bremen, dabei kam die Eröffnung der Dienststelle in Bremerhaven erst in 2008 dazu. Die Umstrukturierung unserer Hilfsorganisation im Jahr 2000 war vielleicht so eine Station, an die Sie denken. Damals haben wir unsere unternehmerisch geprägten Dienste, wie unseren Hausnotruf in eine gemeinnützige GmbH überführt und die ehrenamtlich geführten Angebote, wie unseren Sanitätsdienst, im Verein belassen. In diesem Zusammenhang bin ich zusätzlich noch Bezirksgeschäftsführerin geworden und habe in diesem Zuge die Verantwortung für den wirtschaftlichen Betrieb der Dienste in Delmenhorst übernommen.  Damit war ich eine der ersten Frauen in dieser Führungsposition bei den Maltesern in ganz Deutschland. Ziel dieser Neuorganisation war es, unsere Dienste auf gesunde Füße zu stellen, um sie zukunftsfähig zu gestalten. Das war damals aufwendig, hat aber zum Erfolg geführt.


Welche Momente sind Ihnen besonders gut in Erinnerung?
Angelika Gabriel:
Ich erinnere mich gerne an die Menschen, die mir während meiner Zeit bei den Maltesern begegnet sind. Ich denke da etwa an unseren ehemaligen Finanzkurator Herrn Dr. Peter Haßkamp, der uns mit seinem persönlichen Einsatz aus finanziell schwierigen Zeiten geholfen hat. Und an Herrn Dr. Wolfgang Bayer, unseren Landesbeauftragten, der für uns bis heute so wichtige Verbindungen in Wirtschaft und Gesellschaft knüpft. Das Vertrauen des Vorstands war immer da. Dafür bin ich sehr dankbar. Darüber hinaus war ich immer sehr beeindruckt von unserer Dienstgemeinschaft aus hauptamtlich und ehrenamtlich engagierten Maltesern, die jeden Tag Hand in Hand arbeiten, um anderen Menschen zu helfen. Die schnelle und gerade zu Beginn oft ehrenamtliche Hilfe unserer Malteser während der Flüchtlingskrise 2015 beispielsweise, hat mich wirklich stolz auf unsere Gemeinschaft gemacht. Ich werde nie vergessen, wie wir damals praktisch über Nacht ein Notquartier in einer Turnhalle errichteten und die Menschen am nächsten Morgen mit Matratzen und einem Frühstück in Sicherheit begrüßen konnten.

Während meiner zwei Romwallfahrten konnte ich am eigenen Leib erleben wie schön aber auch wie kräftezehrend es sein kann, sich rund um die Uhr um einen Menschen mit Beeinträchtigungen zu kümmern. Die Freude, die ich in den Gesichtern unserer Gäste sehen konnte – beim Besuch der Messen, oder bei der persönlichen Audienz mit Papst Franziskus – haben mich dafür reich belohnt. An unsere Abende auf dem Petersplatz – müde und erschöpft aber glücklich – erinnere ich mich gerne. Sehr glücklich bin ich auch über die Entwicklung unseres Wohlfühlmorgens für Obdachlose, ein Angebot, das es so kein zweites Mal in Bremen gibt. Grundsätzlich bin ich sehr dankbar dafür, dass mein Beruf mir die Möglichkeit gegeben hat, aus meinem Glauben heraus Gutes zu tun.


Gab es auch Erlebnisse, auf die Sie lieber verzichtet hätten?
Angelika Gabriel:
Die erforderliche Schließung unserer Tagesbetreuung in meiner Heimatgemeinde St. Bonifatius hat mich 1998 traurig gemacht. Schließlich war das einer der ersten Dienste, die ich selbst aufgebaut hatte. Neben verschiedenen Diensten musste ich mich über die vielen Jahre natürlich auch mal von Mitarbeitern trennen. Darauf hätte ich natürlich gern verzichtet. Aber es geschah immer zum Wohle unserer Hilfsangebote. Und so waren diese Entscheidungen persönlich oft schwer, aber rückblickend und für die Sache richtig. Ein großer Verlust war der viel zu frühe Tod unseres Landesseelsorgers Pastor Volker Kupka. Er hat eine große Lücke hinterlassen, die sich nur schwer schließen lässt.

Das Unglück mit Miriam, ein junges Mädchen, das von zwei Fahrern über eine Nacht allein in einem unserer Busse vergessen und sitzen gelassen wurde, erschüttert mich bis heute. Es war schrecklich und ist bis heute nicht nachvollziehbar. Hingegen die Begegnung mit den Eltern war für mich ein Gottesgeschenk. Zu erleben, wie diese uns keine Vorwürfe machten, uns sogar verzeihen konnten und Miriam schon kurze Zeit nach ihrem Auffinden wieder in unsere Obhut übergaben – dafür bin ich bis heute dankbar und tief beeindruckt.

Wie geht es jetzt weiter mit den Maltesern in Bremen?
Angelika Gabriel:
Mit der Mannschaft, die wir heute hier an Bord haben, haben wir kompetente, innovative, leistungsstarke Menschen, die viel Freude haben, an dem was sie tun. Unsere Dienste tragen sich aus den Erlösen in der gGmbH und den Spenden für den Verein. Das sind schon einmal stabile Säulen, auf denen weiter gebaut werden kann. Die Bewahrung des Glaubens und die Hilfe für die Bedürftigen ist der Leitgedanke von uns Maltesern. Ich bin mir sicher, dass aus dieser Haltung heraus sowie der Liebe zu den Menschen, auch zukünftig viele Dienste und Angebote entstehen werden, die alten, kranken und einsamem Menschen helfen.


Was ist Ihnen wichtig für die Zukunft der Malteser in Bremen?
Angelika Gabriel:
 Ich wünsche mir, dass unser christliches Profil als Hilfsorganisation weiterhin spürbar und erlebbar bleibt – für Mitarbeiter und Kunden. Und dass meine Nachfolger die Sorgen und Bedürfnisse der Menschen im Blick behalten. Mit Hagen Schöne habe ich jemanden gefunden, der dies umsetzen wird.


Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Angelika Gabriel:
Ich freue mich auf einen Nähkurs und einen Spanischkurs, sobald das wieder möglich ist, auch auf Reisen mit meinem Mann. Ich liebe es zu wandern und möchte das viel häufiger machen. Außerdem möchte ich meine Tochter und mein Enkelkind in Mexiko besuchen. Für die Malteser möchte ich gern projektbezogen tätig bleiben. Ich kann mir zum Beispiel gut vorstellen, dass Turiner Tuch nach Bremen zu holen. Ich bleibe auf jeden Fall Mitglied der Malteser und bleibe den Menschen verbunden.

 

Das Gespräch führte Andreas Schack.


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