Ingolstadt. „Persönliche Krisen gibt es ganzjährig – sie können sich aber erfahrungsgemäß in der dunklen Jahreszeit verschärfen“, sagt Annette Wulf. Sie ist Malteser-Seelsorgebegleiterin und weiß, wie wichtig Gespräche auch bei einem sogenannten „Winter-Blues“ sein können. Das Team der Malteser-Seelsorgebegleiter bietet unter dem Motto „Offenes Ohr“ im Ingolstädter Bürgerhaus Neuburger Kasten bereits seit Juni einen offenen Zuhörraum an.
Jeden Dienstag sitzt ein Teammitglied von 14 bis 17 Uhr im ersten Stock des Bürgerhauses bereit, um mit Menschen zu reden, die Sorgen haben – oder einfach nur Redebedarf. „Die Gespräche sind tatsächlich ganz unterschiedlich“, erzählt Wulf, „mal geht es um gesundheitliche Probleme, mal um Beziehungen, mal um die wirtschaftliche Situation. Und Einsamkeit ist ein ganz großes Thema.“ Derzeit kämen meist Menschen im Alter von 50 Jahren und älter – dabei richte sich das Angebot ausdrücklich an alle Generationen: „Auch junge Leute kennen Krisensituationen, etwa in der Schule oder bei Liebeskummer.“
Die Seelsorgebegleiter sehen sich in solchen Krisensituationen als „Hüter der Hoffnung“, wie Annette Wulf es nennt. Wenn der Gesprächspartner selbst gerade keine Hoffnung mehr verspüre, sei es wichtig, wenn jemand anders für ihn hoffe – und ebenso wichtig, dieses Gefühl auch zu vermitteln. Um das zu können, haben die Seelsorgebegleiter der Malteser im Bistum Eichstätt eine 60-stündige Ausbildung absolviert und wissen, die drei Säulen einer guten Gesprächsführung sind „wahrnehmen“, „würdigen“ und „weiten“. Wulf erklärt: „Es geht zunächst darum, einer Person wertfrei zu begegnen, sie auf sich wirken zu lassen. Ihr dann das Gefühl zu geben, für sie da zu sein – und im Anschluss einen Perspektivwechsel zu ermöglichen.“ Es müsse nicht bei einem Gespräch bleiben, ein Wiederkommen sei jederzeit möglich, so die Seelsorgebegleiterin. Bei konkreten Problemen etwa im finanziellen Bereich oder bei Gewalterfahrungen gibt das Team den Gesprächssuchenden auch weiterführende Infos zu fachlichen Anlaufstellen an die Hand.
Die Gespräche mit den Malteser-Seelsorgebegleitern sind weltanschaulich offen und vertraulich, was immer mehr Menschen zu schätzen wissen. „Wir werden inzwischen auch weiterempfohlen. Oder auch ganz zufällig entdeckt von denjenigen, die andere Angebote des Bürgerhauses nutzen und unseren Aushang lesen“, erklärt Annette Wulf. „Das Bürgerhaus ist wirklich ein tolles städtisches Angebot, wir fühlen uns dort sehr wohl und werden von der Leitung des Hauses und unserer Ansprechpartnerin Daniela Dütting sehr unterstützt.“
Unterstützung bekommen die Seelsorgebegleiter auch von den Maltesern – in Form von regelmäßigen Supervisionen. „In der Gruppe besprechen wir zum Beispiel, wie es ist, wenn man nach einem Gespräch doch mal das Gefühl hat, nicht geholfen zu haben. Es hilft, sich dann gegenseitig bewusst zu machen: Du hast dem anderen zumindest ein offenes Ohr geschenkt. Und das ist immer etwas wert.“
Bürgerhaus
Der Neuburger Kasten ist eines von zwei städtischen Bürgerhäusern in Ingolstadt. Hier finden Angebote für alle Generationen statt. Neben Ausstellungen, Konzerten und angeleiteten Kursen treffen sich hier Selbsthilfe- und Interessensgruppen zu verschiedenen Themen. Auch das Seniorenbüro der Stadt Ingolstadt befindet sich im Neuburger Kasten (www.buergerhaus-ingolstadt.de).
Seelsorgebegleiter
Das Angebot Seelsorgebegleitung ist eine Kooperation des Malteser Hilfsdienstes e.V. und des Bistums Eichstätt. Der Dienst ist ein niederschwelliges ehrenamtliches Angebot für Lebens- und Glaubensbegleitung. Die Seelsorgebegleiter sind nicht nur im Zuhörraum, sondern auch als Segensdichter, Wegbegleiter und Festivalseelsorger aktiv (www.malteser-eichstaett.de/pastoral).