Smartwatch im Notfall: Apple Watch und Co. als Lebensretter?

Sie verkaufen sich millionenfach, werden immer leistungsstärker – und können im Notfall sogar Leben retten: Smartwatches, die digitalen Helfer am Handgelenk. Wir erklären, wie die Wearables funktionieren, wie du sie richtig einstellst und warum sie auch und gerade für Freizeitsportlerinnen und Freizeitsportler ein hilfreiches Tool sein können.


Uhr informierte Retter nach Fahrradunfall

Der Vorfall sorgte weltweit für Aufsehen: Im US-Bundesstaat Washington überschlug sich der Mountain-Biker Bob Burdett bei einem Trip durch die Wildnis mit seinem Rad und verlor das Bewusstsein. Sein Glück: Er trug bei dem Unfall eine Smartwatch am Handgelenk. Die Apple Watch ist seit ihrer vierten Generation mit einem Sensor ausgestattet, der Unfälle erkennt. Registriert die Uhr einen Sturz, wartet sie einen Moment ab, ob der Träger sich bewegt und reagiert. Dann fragt sie, ob sie einen Notruf absetzen soll. Gibt es keine Reaktion, löst die Smartwatch Alarm aus und schickt den Rettungskräften die aktuelle Position. Diese Funktion rettete Bob vermutlich das Leben: Nach nur einer halben Stunde hatte ein Rettungswagen der Feuerwehr ihn in ein Krankenhaus gebracht.

Smartwatches haben immer mehr Notfall-Features

Wearables, also tragbare Kleinst-Computer, die sich am Körper mitführen lassen, werden seit einigen Jahren immer wieder als mögliche Lebensretter gefeiert. Schließlich zählt im medizinischen Notfall jede Sekunde.

Deshalb sind Notfall-Features inzwischen bei vielen Smartwatches Standard. Die Galaxy Watch Active 2 hat zum Beispiel einen Sturzdetektor, der einen Aufprall erkennen und Rettungskräfte alarmieren kann. Außerdem bietet Samsung Wearables an, die eine einfache EKG-Funktion beinhalten. Damit können die Uhren Unregelmäßigkeiten beim Herzschlag erkennen und analysieren, ob Herzrhythmusstörungen vorliegen. Apple bietet eine solche Funktion über die EKG-App im Zusammenspiel mit der Sensorik der Apple Watch an. Außerdem profitieren Nutzer der Apple Watch schon seit 2016 von einer SOS-Funktion, bei der man durch längeres Drücken der Seitentaste den lokalen Notruf aktiviert und vorher definierte Kontakte anruft. Allerdings muss die Watch dazu mit einem Smartphone oder WLAN-Netzwerk verbunden sein.

Analoges Hilfsmittel: Die SOS-Kette

Eine analoge Ergänzung zu den hier aufgeführten Gadgets ist die SOS-Kette. Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine Kapsel, die zum Beispiel als Kette getragen werden kann und Daten enthält, die im Notfall Leben retten. Eine solche Kette trägt zum Beispiel Johanna, die in diesem SWR-Beitrag das Konzept der SOS-Kette erklärt. 

So gut halfen Wearables bereits im Notfall

Damit Betroffenen geholfen werden kann, müssen die Helfer möglichst schnell vor Ort und möglichst gut informiert sein. So griffen Ärztinnen und Ärzte im US-Bundesstaat New Jersey auf Daten des Smartwatch-Anbieters Fitbit zurück, um die richtige Behandlung für einen 42-jährigen Herzinfarkt-Patienten durchführen zu können.

Auch die junge Mutter Kacie Anderson verdankt ihre Rettung wohl einer Smartwatch: Nachdem ein betrunkener Autofahrer ihren Wagen, in dem auch ihr neun Monate alter Sohn saß, gerammt hatte, alarmierte die schwer verletzte und benommene 24-jährige Amerikanerin den Rettungsdienst über die Notruf-Funktion ihrer Uhr.

Und auf der Internetseite Reddit beschreibt ein junger Apple-Watch-User, wie seine Uhr ihm beim Fernsehen signalisierte, dass seine Herzfrequenz bedrohlich hoch ist. Er fühlte sich zu dem Zeitpunkt gut, informierte aber trotzdem einen Krankenwagen und wurde so rechtzeitig ins Krankenhaus gebracht. Als er in der Notaufnahme ankam, befand er sich nach eigenen Angaben bereits im Schockzustand.

So stellst du deine Smartwatch richtig für den Notfall ein

Ganz gleich, ob es um Smartwatches für Senioren, Fitness-Tracker oder Hightech-Uhren geht: Damit die Wearables im Notfall auch zuverlässig funktionieren, müssen sie entsprechend konfiguriert werden.
Du musst ein paar Entscheidungen treffen. Zum Beispiel: Wer soll im Notfall verständigt werden? Welche Informationen soll das Gerät übermitteln? In welchen Fällen soll der Notfall-Modus aktiviert werden? In der Regel musst du dazu die zu verständigenden Kontakte aus der Adressliste auswählen und die Sturz- oder Unfallerkennung der Watch aktivieren.

Bitte beachten Sie: Sobald Sie sich das Video ansehen, werden Informationen darüber an Youtube/Google übermittelt. Weitere Informationen dazu finden Sie unter Google Datenschutzerklärung.

Wer bei Apple in der Health App wichtige medizinischen Daten wie Blutgruppe, Vorerkrankungen, Allergien oder Unverträglichkeit bestimmter Medikamente im Notfallpass hinterlegt hat, kann die Apple Watch so einstellen, dass der Notfallpass bei einem Alarmruf automatisch mit an die Rettungskräfte übermittelt wird.
Bei Garmin-Fitness-Trackern lassen sich Unfallerkennungen für verschiedene Aktivitäten einstellen. Uhren von Claptic dagegen, die sich vorwiegend an die Zielgruppe der Älteren und/oder Alleinlebenden richtet, haben eine automatische Sturzerkennung und lassen sich darüber hinaus durch Händeklatschen in den Alarmmodus versetzen.

Retter-Apps: Was kommt da noch?

Angetrieben von Konzernchef und Fitness-Fan Tim Cook hat Apple den Fokus bei seinen Smartwatches seit einigen Jahren auf den Bereich Sport und Gesundheit fokussiert. So bestätigte eine von der Stanford Universität durchgeführte Studie (die von Apple in Auftrag gegeben wurde), dass die Smartwatches des US-Konzerns relativ zuverlässig Herzrhythmusstörungen und Vorhofflimmern erkennen und damit Ärztinnen und Ärzten wertvolle Hinweise etwa auf bevorstehende Schlaganfälle geben können.
Neuestes Feature der gerade vorgestellten Apple Watch 6 sind Infrarot-Sensoren, die den Sauerstoffgehalt des Blutes messen können. Fitbits neues Modell Sense hat ebenfalls eine Funktion, die bislang kein anderer Konkurrent bietet: Sensoren messen nachts die Hauttemperatur und nehmen per elektrodermaler Aktivität (EDA) eine Schweißanalyse vor, um das Stresslevel des Uhrenträgers zu ermitteln.

Miniatur-EKGs per Uhr sind heute schon fast Standard. Aufgrund des technischen Fortschritts dürfte in Zukunft die Grenze zwischen lifestyligen Fitness- und medizinischen Gesundheits-Funktionen auf den Smartwatches noch fließender werden. Die Handgelenk-Computer machen uns nicht nur bewusst, wie viel wir essen, schlafen oder Sport treiben. Sie rufen im Notfall blitzschnell Hilfe. Und sie können Krankheiten manchmal schon erkennen, bevor wir Symptome zeigen. So gaben bei einer Medizin-Studie simple Fitness-Armbänder Aufschluss darüber, ob ihre Träger bald an Grippe erkranken. Ein sicheres Indiz dafür haben sie nachts aufgezeichnet – einen erhöhten Ruhepuls.

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