GäMSen Wuppertal: Klettergruppe mit Rollstühlen

Wenn man im Rollstuhl sitzt, kann man doch nicht an einer Felswand klettern. Doch! Die Klettergruppe GäMSen Wuppertal macht es vor. Deren Motto heißt: Vom Rollstuhl an die Kletterwand.
 
Darum geht's:


Auf Knien zur Kletterwand

Das bisher Aufregendste für Peter Weigel war, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ihm die Hand geschüttelt hat. 2017 bekam die Klettergruppe GäMSen Wuppertal den goldenen Sportpreis „Sterne des Sports“ verliehen. Das Besondere an dieser Klettertruppe ist, dass die Mitglieder verschiedene Einschränkungen haben, viele sind an Multiple Sklerose (kurz: MS) erkrankt. Darum haben die GäMSen auch diese besondere Schreibweise: großes M und großes S in der Mitte. Einige in der Gruppe sitzen im Rollstuhl und klettern trotzdem am Felsen oder in der Halle. Peter hat das für die Wuppertaler möglich gemacht.

Auch Peters Frau sitzt im Rollstuhl. Sie erkrankte vor einigen Jahren an MS. Durch einen Zufall kam Peter darauf, dass beides möglich ist: Rollstuhl und Klettern. Im Internet hatte er eigentlich nach Videos zum Thema Paragliding gesucht. Dabei stieß er auf das Thema Paraclimbing, erinnert er sich: „Ich bin fast vom Stuhl gefallen, als ich das gesehen habe. Da sind Menschen bei einer Weltmeisterschaft geklettert, die sind zum Teil auf Knien zur Kletterwand gerobbt. Ich hab das meiner Frau gezeigt. Sie hat es auch gleich ausprobiert.“

Seine Frau war erfolgreich an der Kletterwand, und Peter dachte sich: das könnte man doch auch für mehrere Leute machen. Zweieinhalb Monate später wurden die GäMSen Wuppertal als Sportgruppe innerhalb des Deutschen Alpenvereines gegründet.

Was ist Multiple Sklerose? 

MS ist eine Autoimmunkrankheit, bei der das körpereigene Immunsystem wichtige Nervenfasern zerstört. Dadurch entzündet sich das Zentrale Nervensystem, und das führt dazu, dass Muskeln nicht mehr richtig koordiniert werden können. Es kann auch zu Lähmungserscheinungen kommen. Schätzungsweise 250.000 Menschen in Deutschland haben MS. Am häufigsten sind Frauen betroffen. Die Krankheit ist bisher nicht heilbar. Es gibt aber Medikamente, die den Krankheitsverlauf verlangsamen und leichter erträglich machen.

Die Leute vom Sofa holen

Bei den GäMSen mitmachen kann jeder, denn es geht nicht nur ums Klettern, erklärt Peter: „Unser Ziel ist es nicht, besonders tolle Kletterer aus den Teilnehmern zu machen. Wir wollen sie vom Sofa holen und unter Leute bringen, also raus aus der Isolation. Und das erreichen wir, indem wir die Freunde und Familie als Helfer miteinbinden. Sie sollen die Menschen in erster Linie motivieren, damit die dann nach dem Klettern sagen: Ich bin platt wie eine Flunder, aber es war ein genialer Tag.“
Hauptsächlich wird in der Halle geklettert, aber ein bis zweimal im Jahr geht es in die Berge, ins Sauerland oder in die Alpen. Je nach Zustand der Kletterinnen und Kletterer werden sie in den Bergen geschoben, getragen oder gehievt. Dafür braucht es Helfer, die anpacken können, denn es gibt keine Spezialtransporte für die Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer.

Das Klettern fördert die Koordinationsfähigkeit, schult den Gleichgewichtssinn und hebt das Selbstbewusstsein. Das macht den Alltag der Mitglieder ein klein wenig erträglicher.
Und es gibt natürlich auch ein gutes Gefühl, wenn man so eine Kletterwand bezwungen hat. „Wir machen das für das fette Grinsen unserer Teilnehmenden. Die kommen ganz schüchtern und wissen nicht, ob sie klettern können. Und dann schaffen sie es bis unter die Decke“, erzählt Peter. Obwohl er der Gruppengründer ist und mit den GäMSen schon häufig in den Medien war, möchte er nicht immer im Vordergrund stehen: „Es wäre fatal, alles auf mich zu reduzieren. Ich bin einer von den 48 aktiven Mitgliedern unserer Klettergruppe. Jeder Helfer macht einen tollen Job. Ohne sie würde die ganze Gruppe nicht funktionieren. Dafür bin ich sehr dankbar.“

Tragen, sichern, Händchen halten - So kannst du helfen

Die Kletternden tragen, an der Wand sicher und motivieren – das sind deine Aufgaben als Kletterhelfer. Du musst selbst nicht klettern können, sichern können schon. Das lernst du ganz schnell in jeder Kletterhalle. Wenn du einen Trainerschein hast, kannst du sogar selbst Gruppen anleiten. Um zu helfen, musst du nicht unbedingt Betroffenen in deinem Freundes- oder Familienkreis haben. Es gibt auch ehrenamtlich Helfende, die einfach so helfen. In Deutschland gibt es verschiedene Klettergruppen für Menschen mit Behinderung. Beim Deutsche Alpenverein bekommst du zum Beispiel Infos. Der Ablauf dürfte bei allen Gruppen so ähnlich sein, wie Peter es bei den GäMSen Wuppertal handhabt: „Wer Lust hat, wendet sich an mich. Ich unterhalte mich erstmal mit jedem, um herauszufinden, warum man ehrenamtlich helfen möchte. Man kommt vorbei und klettert mit uns, und dann ergibt sich alles ganz von alleine.“ Wichtig ist, dass du regelmäßig kommst und zuverlässig bist.


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