Aus diesem Grund führten die Rosenheimer Malteser erstmals einen Erste Hilfe-Kurs PLUS, der besonders auf die Situation von Geflüchteten eingeht, durch. Sechs junge Männer und eine Frau aus den Herkunftsländern Afghanistan, Eritrea und dem Kongo lernten an zwei Samstagen im Malteserhaus an der Rosenheimer Straße neben den Grundlagen der Hilfe auch die Grundzüge des deutschen Gesundheitssystems kennen. Außerdem reflektierten die Referenten mit den Teilnehmern die persönliche Einstellung zum Helfen, die durch kulturelle Gegebenheiten, religiöse Anschauungen und eigene Erfahrungen geprägt ist. Anhand von konkreten Beispielsituationen sprachen sie mögliche Konflikte zur gesetzlichen Pflicht zur Hilfeleistung in Deutschland an und suchten nach Lösungen „Wir wollen unsere Teilnehmer dafür sensibilisieren, die Lage jeweils aus Sicht eines Unfallopfers zu beurteilen“, erklärt Christine Seiz-Livadas, Koordinatorin der Malteser Flüchtlingsarbeit in Stadt- und Landkreis Rosenheim.
Zusammen mit Malteser Ausbildungleiterin Bernadette Müller setzte Seiz-Livadas das Kurskonzept, das im vergangenen Jahr im Malteser Bundesverband entwickelt wurde, nun zum ersten Mal in Rosenheim um. Die Vermittlung der Kursinhalte des normalen Erste Hilfe-Kurses übernahm Ausbilder Jörg Prepadnik. Dafür hatte er etwas mehr Zeit als die üblichen neun Unterrichtseinheiten zur Verfügung, um mögliche sprachliche Probleme auszugleichen und intensiv zu üben. Alle Teilnehmer waren hier mit großem Eifer bei der Sache, berichteten die Ausbilder.
Seiz-Livadas leitete die zusätzlichen Module und vermittelte den jungen Flüchtlichen mit viel Fingerspitzengefühl und anschaulichen Methoden die Prioritäten und Werte des Helfens in Deutschland. Als Beispiel schilderte sie etwa folgende Situation: „Eine ältere Dame liegt ohne Atmung im Gang eines gut besuchten Supermarktes. Für eine gute Wiederbelebung müsstest du ihr die Bluse ausziehen. Machst du das?“ Wenn es einen Notfall gibt, spiele die eigene Religion keine Rolle, war das einhellige Resümee aller Teilnehmer.
Außerdem erklärte Seiz-Livadas den Aufbau des deutschen Gesundheitswesens, zum Beispiel die Unterschiede zwischen Allgemeinarzt, Facharzt, Bereitschaftspraxis und Notaufnahme im Krankenhaus oder das System von Vorsorgeuntersuchungen. Als konkrete Form des Helfens stellte Guido von Rohr, der Kreisbeauftragte der Malteser in Rosenheim, den eigenen Rettungsdienst sowie die Möglichkeiten des ehrenamtlichen Engagements vor.
Alle Teilnehmer des ersten Rosenheimer Erste Hilfe-PLUS-Kurses bereiten sich zur Zeit am Ausbildungsförderzentrum (AFZ) der Malteser Werke in Bad Aibling auf den Einstieg ins Berufsleben vor. Dort sind sie im Wechsel von Theorie und Praxis dabei, einen deutschen Schulabschluss und eine Lehrstelle zu finden. Zwei der Teilnehmer haben dies schon geschafft: einer lernt Maler und ein weiterer absolviert eine Ausbidlung zum Fertigungsmechaniker.
Erste Hilfe PLUS für Geflüchtete erstmalig in Rosenheim
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