Die mit Spenden finanzierten Einzelfallhilfen bilden den Teil der Unterstützung, der abgesehen von der bereits geleisteten Soforthilfe als letzter nach Versicherungsleistungen und staatlicher Unterstützung geleistet werden darf. Sie dienen dazu, den verbleibenden Eigenanteil von bis zu 20 Prozent der Wiederaufbau- und Hausratkosten zu decken. „Wir appellieren an die Betroffenen, sich bei uns zu melden, um die vorhandenen Mittel in Anspruch zu nehmen. Es gilt Formulare auszufüllen, ja. Aber wir helfen dabei gerne und nehmen uns Zeit für die individuelle Beratung“, erklärte der Präsident des Malteser Hilfsdienstes, Georg Khevenhüller. Die Hilfsorganisation geht davon aus, dass die Betroffenen noch über Jahre Hilfe in Anspruch nehmen werden.
In zehn „Fluthilfe-Büros“ in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen beraten die Malteser Betroffene des Hochwassers. Berater gehen aber auch auf die Bewohner geschädigter Häuser zu und bieten ihre Hilfe an. Der Grund, so Khevenhüller: „Die Katastrophe wirkt nach. Viele Menschen sind müde, ausgelaugt, oder stecken fest zwischen Finanzierung und Handwerksarbeiten. Viele sind weiterhin unentschlossen, was sie tun sollen. Das ist nach solchen Katastrophen oft so. Sie brauchen Zeit und jemanden, der ihnen über längere Zeit beisteht. Das werden wir Malteser tun.“
Bisher haben die Malteser 215 Einzelfallhilfen im Wert zwischen 2.000 und 90.000 Euro bewilligt. Finanziert werden damit Gebäudesanierungen und der Kauf von Hausrat, wie Möbeln, Haushaltsgeräten und Geschirr. Weitere 200 Anträge sind in den letzten Wochen eingegangen. Die Bearbeitung der vollständigen Unterlagen erfolgt binnen kurzer Zeit. Bisher mussten zwölf Prozent der Anträge abgelehnt werden. „Leider sind manche Haushalte nach den für uns geltenden Bedingungen der Finanzbehörden nicht förderbar“, sagt der Malteser Präsident. Man versuche in jedem Einzelfall durch die frühzeitige Beratung eine erfolgversprechende Lösung für die Antragsteller zu finden.
Die in der ersten Phase nach den Überschwemmungen gezahlte Soforthilfe in Höhe von bis zu 2.500 Euro wurde an 9.200 Haushalte in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Gesamtwert von 14,3 Mio. Euro überwiesen. Dazu bedurfte es seitens der Antragsteller nur geringer Formalitäten.
Psychosoziale Unterstützung sehr gefragt
Erheblich war der Unterstützungsbedarf, den die Bewohner der Hochwasserregion im Rahmen der psychosozialen Unterstützung nachfragten. Mehr als 9.000 Kontakte für eine meist niederschwellige Beratung und Kurzzeitinterventionen bis hin zur Vermittlung von Therapieangeboten zählen die Malteser bis heute. Digitale wie auch persönliche Gespräche bietet die Hilfsorganisation an. Der Psychotherapeut und Koordinator der Psychosozialen Nachsorge in NRW, Frank Waldschmidt, sagt: „Viele Menschen haben zunächst funktioniert: Sie haben Schlamm geschippt, ein Dach über dem Kopf gefunden, sind zur Arbeit und Schule gegangen und haben Vorbereitungen für den Wiederaufbau getroffen. Doch irgendwann setzt Ruhe ein und die Psyche verlangt Antworten. Wir haben mit Fachkräften unterstützt, diese Antworten für jeden einzelnen zu finden. Dieser Prozess kann Jahre dauern, wie wir aus anderen Katastrophen wissen, und wir richten uns darauf ein. Mit sozialen Projekten und echtem Zuhören können wir vielen Menschen die Normalität zurückgeben, die sie bis zum 14. Juli 2021 gewohnt waren.“
In Zusammenarbeit mit Kommunen, Orts- und Kirchengemeinden oder Vereinen fördern die Malteser die soziale Infrastruktur. Dorftreffs, Brennholzverteilung, Essensausgaben, Kinder- und Jugendprojekte, wie Zeltlager und Mittelalterfest, Kaffeeklatsch und andere Maßnahmen dienen dem sozialen Austausch und der Ablenkung von den Folgen der Katastrophe. Für die insgesamt 23 Projekte der Psychosozialen Unterstützung und der Gemeinwesenarbeit stellten die Malteser bisher 4,6 Mio. Euro zur Verfügung.
Lehren für die Zukunft
Zu den Lehren aus dem Hochwasser sagt Hilfsdienst-Präsident Georg Khevenhüller: „Diese Flut-Katastrophe zeigt, dass sich Deutschland im Bevölkerungsschutz und in der Wiederaufbauhilfe besser rüsten muss. Warnsysteme müssen jedermann erreichen und verständlich sein, um die Menschen gar nicht erst in Gefahr zu bringen. Betroffenen muss ein einfacher Zugang zu jeder Art von Hilfe ermöglicht werden, die ihren jeweiligen Status vor der Katastrophe wieder herstellen kann. Die Solidarität der Menschen in Deutschland ist so groß, dass die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung stehen.“
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