„Hier besteht in Deutschland ein großer Nachholbedarf“

Moderatorin und Organisatorin Cordula Klenk verfolgt auf ihrem Bildschirm den Vortrag von Jörg Znoj​. Foto: Christian Klenk

Eichstätt - „Unsere Gesellschaft ist für die Begleitung von Menschen anderer Kulturen oder Religionen in Sterben, Tod und Trauer nicht ausreichend vorbereitet.“ Diese Erkenntnis, sagt Cordula Klenk, Referentin Flüchtlingshilfe und Integrationsdienste des Malteser Hilfsdienstes, war die Motivation für eine Tagung, die mit über 130 Teilnehmern aus ganz Deutschland von Eichstätt aus online veranstaltet wurde: „Kultursensible Sterbe- und Trauerbegleitung“ war das Thema, das die Malteser in Kooperation mit der Flüchtlingsseelsorge und dem Diözesanbildungswerk im Bistum Eichstätt und mit der Unterstützung der Malteser-Stiftung Seliger Gerhard einen Tag lang umfassend beleuchteten.

Wie unterschiedlich der Umgang mit Sterben und Tod im Kulturvergleich tatsächlich ist, skizzierte zum Auftakt der Heidelberger Diplom-Psychologe Stefan Zettl. Er betonte aber auch: „Die eigene Kulturabhängigkeit zu erkennen, ist die Basis interkultureller Kompetenz. Was wird in der Kultur des Hilfesuchenden und der Kultur des Behandlers als normal angesehen?“ Auf christlich geprägte Menschen könne so mancher Brauch anderer Religionen nicht nur fremd, sondern sogar verstörend wirken - und in stationären Einrichtungen, in Hospizhäusern und noch stärker auf Intensivstationen, auch als „Störfaktor“ wahrgenommen werden.

Stationäre Einrichtungen seien allgemein nicht auf die spezifischen Bedürfnisse älterer Migranten eingestellt, obwohl diese Bevölkerungsgruppe immer erkennbarer am allgemeinen demographischen Wandel teilnehme, so Zettl. „Hier besteht in Deutschland ein großer Nachholbedarf, in England beispielsweise ist man da schon viel weiter.“ Er empfehle allen in der Hospizarbeit Tätigen, einen kultur- und religionssensiblen Anamnese-Leitfaden zu erstellen, der dabei helfe, herauszufinden, was für den Sterbenden aufgrund seiner Herkunft wirklich wichtig ist, und Kontakte aufzubauen, etwa zu Moscheen und Dolmetschern. Zudem sollten vermehrt Pflegekräfte mit transkulturellem und bilingualem Wissen eingesetzt werden.

Im Anschluss an Zettls spannenden Vortrag verteilten sich die Teilnehmenden auf vier Workshops, die sich dem Thema in ganz unterschiedlichen Facetten näherten: „Praktisch-philosophische Aspekte in der kultursensiblen Sterbebegleitung und Bestattungskultur“ (Dr. Celina von Bezold),  „Migration und Religion – Heimat Afrika und Heimat Deutschland“ (Kris Wagenseil) „Islamische Sterbebegleitung und Bestattungskultur“ (Gönül Yerli) sowie „Die katholische Totenliturgie vor den Herausforderungen heutiger pluraler Bestattungskulturen“ (Prof. Dr. Jürgen Bärsch).

Einen interessanten Aspekt brachte der Impulsvortrag von Prof. Dr. Hans Jörg Znoj, Institut für Psychologie in der Universität Bern, in den zweiten Teil der Tagung ein, bei dem es um Trauer und Trauerarbeit ging. Znoj betonte: „Kulturelle Vorstellungen prägen zwar den Umgang mit Verlusten - die Symptome des Verlusterlebens sind jedoch universell.“ Für Cordula Klenk, die als Moderatorin durch die Veranstaltung führte, ein ganz wichtiger Punkt: „Diesen gemeinsamen Empfindungen in Zeiten der Trauer sollten wir uns bewusst sein, diese Haltung kann uns helfen, uns über sprachliche Grenzen hinweg miteinander verbunden zu fühlen.“

Auch nachmittags standen wieder vier vertiefende Workshops zur Auswahl: „Afrikanische Märchen in der Trauerbegleitung“ (Ulrike Mommendey), „Trauerbegleitung in der jüdischen Tradition“ (Dr. Wenzel Widenka),  „Das Verbindende der östlichen und westlichen Spiritualität im Angesicht von Sterben, Tod und Trauer“ (Alexander Poraj) und  „Tod im Islam und die Umsetzung islamischer Bestattungen in Deutschland“ (Salih Güler).

„Die Mischung aus wissenschaftlichen  Beiträgen und jenen, die praktische Fragen aufgriffen oder zum Nachdenken einluden, kam sehr gut an. Von vielen Teilnehmenden ist bereits der Wunsch nach einer Fortsetzungs-Veranstaltung im kommenden Jahr geäußert worden. Dass die Veranstaltung auch technisch so reibungslos funktioniert hat, ist das große Verdienst der Preither Firma Diesel Ton und Lichttechnik, die uns in der gesamten Vorbereitung und Durchführung unterstützt hat“, berichtet Cordula Klenk. Ihre Mitorganisatorinnen bei den Maltesern, Regina Sterz und Ingrid Fieger (Koordinatorinnen für Hospiz- und Palliativarbeit/Trauerbegleitung) und Anke Thiede (Soziales Ehrenamt) sind ebenfalls sehr zufrieden: „Auf jeden Fall konnten unsere Hospiz- und Trauerbegleiter viele Anregungen für ihre praktische Arbeit mitnehmen.“


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