„Und am Ende der Stunde hat ein Mädchen gesagt: Ich habe schon lange nicht mehr so gelacht.“ Martin Lammers muss selber lächeln, als er das erzählt. Er ist einer der Ehrenamtlichen, die sich beim Malteser Hilfsdienst engagieren. Wovon er berichtet, ist etwas, was wohl die wenigsten auf Anhieb mit Spaß verbinden: eine Gruppe für trauernde Kinder und Jugendliche.
Wenn ein Mensch stirbt, bleiben oft nicht nur Erwachsene zurück, die den Verlust bewältigen müssen, sondern auch Kinder und Jugendliche. Der Malteser Hilfsdienst begleitet junge Betroffene beim Trauerprozess.
Vor rund einem Jahr ist das Angebot in Twistringen angelaufen. Es richtet sich an Kinder und Jugendliche aus dem gesamten Landkreis. Aktuell nehmen vier bis sechs Trauernde teil, die sich im zweiwöchigen Rhythmus treffen. Wo? In den Räumen des Malteser Hilfsdienstes, Bremer Straße 21 in Twistringen.
„Das hat sich ganz gut etabliert“, stellt Hildegard Franzlüning zufrieden fest. Sie und Silke Meier-Sudmann sind die Hauptansprechpartnerinnen für die Trauergruppe. Sie befinden sich aktuell in den letzten Zügen einer umfangreichen Ausbildung zu Kinder- und Jugendtrauerbegleiterinnen, die sich über anderthalb Jahre erstreckt hat. Alle anderen, die sich in der Gruppe um trauernde Kinder und Jugendliche kümmern, werden ebenfalls geschult – wenn auch nicht in diesem großen Umfang.
Laut Hildegard Franzlüning ist es für Kinder und Jugendliche wichtig, einen Raum zu haben, um auf ihre Art trauern zu können. „In Familien ist es oft nicht möglich, weil der ganze Verbund, das ganze System am Trauern ist.“ Um andere Familienmitglieder nicht noch zusätzlich zu belasten, würden sich Kinder häufig zurücknehmen.
Trauer ist nur grau? Von wegen! Regenbögen und Glitzersteine in der Twistringer Gruppe für Trauernde Kinder und Jugendliche
„In der Kinder- und Jugendtrauergruppe haben wir bestimmte Rituale, zum Beispiel, dass wir am Anfang eine Kerze entzünden“, fährt Silke Meier-Sudmann fort. „Und dann haben wir unterschiedliche Angebote. Die Kinder bestimmen dabei mit, was sie gerne machen möchten.“ Ob sie zum Beispiel etwas spielen, eine Schatzkiste für Erinnerungsstücke basteln oder das Lieblingsgericht eines Verstorbenen kochen wollen. „Wir haben zum Beispiel schon einmal gemeinsam Pfannkuchen gebacken“, so Meier-Sudmann.
Dabei darf es eben auch lustig zugehen. Dass Trauer nicht nur trist und grau ist, zeigen bereits die Kerzen, die die Kinder und Jugendlichen zu Beginn jedes Treffens entzünden. Sie sind selbst gestaltet – mit Herzen, Regenbögen und bunten Glitzersteinen.
In der Trauerarbeit gibt es laut den Ehrenamtlichen, die in der Gruppe aktiv sind, das Bild vom Pfützenspringen: Kinder und Jugendliche springen in die Trauer herein, wie in eine Pfütze. Ebenso springen sie wieder heraus und leben ihr Leben weiter – bis zur nächsten Pfütze.
„Ich habe zuvor eine Förderschule geleitet und bin mit dem Thema Trauerbegleitung beruflich vielfältig konfrontiert worden. Es ist häufiger bei uns vorgekommen, dass Kinder nicht nur Oma und Opa, sondern auch Eltern verloren haben“, erzählt Johannes Meyer, der ebenfalls zum Kreis der Ehrenamtlichen gehört. „Es hat sich mir immer wieder erschlossen, dass Trauerbegleitung ganz wichtig ist.“ Trauer könne nicht einfach verdrängt werden. Er habe mitbekommen, dass Kinder schnell in ihrer Entwicklung blockiert sein können. Dabei sei Trauer etwas ganz Individuelles: „Dafür gibt es keine Regeln.“
Alle Ehrenamtlichen, die sich in der Trauergruppe engagieren, eint der Wunsch, Kindern und Jugendlichen beizustehen – sowohl in traurigen als auch in schönen Momenten. Wer die Hilfe der Trauergruppe in Anspruch nehmen möchte, kann beim Malteser Hilfsdienst ein Erstgespräch vereinbaren.
Kontakt: 04243/9703005, silke.meier-sudmann@malteser.org
Quelle: Mediengruppe Kreiszeitung