Die Malteser eröffnen zusammen mit der Marktgemeinde im Landkreis Bamberg ein neues Gesundheitszentrum, das über die klassische medizinische Versorgung hinausgeht – ein umfassendes Konzept für die Gesundheitsversorgung und soziale Betreuung im ländlichen Raum. Bürgermeister Stefan Reichold sieht einen Meilenstein in der Gemeindeentwicklung.
Heiligenstadt/Landkreis Bamberg. Der Malteser Verbund und die Marktgemeinde Heiligenstadt in Oberfranken gehen neue Wege in der medizinischen Versorgung auf dem flachen Land: Gemeinsam werden beide Anfang 2025 ein integriertes Versorgungszentrum in Heiligenstadt eröffnen. Ziel ist es, die entstehende Lücke in der hausärztlichen Versorgung zu schließen und gleichzeitig ein zukunftsweisendes Gesundheitskonzept zu etablieren, das über die klassische Medizin hinausgeht. Dies teilten Heiligenstadts erster Bürgermeister Stefan Reichold und Claudia Ramminger von den Malteser-Geschäftsführung am Mittwoch (11. Dezember) bei einer Pressekonferenz mit.
„Das neue Gesundheitszentrum ist ein bundesweites Pilotprojekt. Es wird die medizinische Grundversorgung sichern und um weitere Betreuungs- und Versorgungsangebote ergänzen“, betont Claudia Ramminger, Diözesangeschäftsführerin der Malteser im Erzbistum Bamberg. Der Start des Malteser Gesundheitszentrum (MGZ) am Marktplatz 21 (ehemaliges Norma-Gebäude), wie der offizielle Name der Einrichtung heißen soll, ist für den 8. Januar 2025 geplant.
Eine sich verändernde Gesundheitslandschaft
Mit dem bevorstehenden Ruhestand des langjährigen Hausarztes Dr. Peter Landendörfer entsteht in Heiligenstadt eine dramatische Lücke in der medizinischen Grundversorgung der Marktgemeinde in der Fränkischen Schweiz. Deshalb geht es ab 8. Januar des nächsten Jahres erst einmal darum, die hausärztliche Versorgung in der Region aufrechtzuerhalten und weiterzuführen. Als nächster Schritt wird dann – voraussichtlich ab Februar – der Malteser Menüservice (MMS) in den Räumen seine Arbeit aufnehmen. Vor allem ältere Menschen haben dann die Möglichkeit, sich einmal am Tag eine warme Mahlzeit in die eigenen vier Wände bringen zu lassen. Im Laufe des Jahres wollen die Malteser dann weitere Dienste aus ihrem umfangreichen Portfolio im MGZ anbieten.
„Dass es uns gelungen ist, die Malteser und das damit verbundene integrierte Gesundheitszentrum nach Heiligenstadt zu bringen, ist ein Meilenstein für unsere Gemeindeentwicklung und insgesamt ein Glücksfall für alle unsere Bürgerinnen und Bürger in unserer großen Marktgemeinde mit ihren 24 Ortschaften“, unterstreicht Heiligenstadts Erster Bürgermeister Stefan Reichold. Seit Beginn seiner Amtszeit und auch schon davor wurde intensiv daran gearbeitet, wie eine hausärztliche Versorgung in der Marktgemeinde nach dem Ruhestand von Dr. Landendörfer sichergestellt werden kann. „Dazu gab es unzählige Termine, Gespräche und Online-Meetings, die jedoch alle nicht den gewünschten Erfolg brachten. Bis zu dem Zeitpunkt, als Herr Dr. Landendörfer, selbst Mitglied im Malteser-Ritterorden, den Kontakt zwischen Maltesern und der Gemeindeverwaltung herstellte“, resümiert Reichold.
Dreigliedriges Konzept
In vielen ländlichen Regionen Bayerns gibt es Schwierigkeiten, neue Ärztinnen und Ärzte zu gewinnen. Die Bevölkerung wird älter, und der Bedarf an umfassender Gesundheitsversorgung steigt stetig. „Die Herausforderungen der Zukunft lassen sich nicht mehr allein durch die klassische medizinische Versorgung lösen. Es braucht innovative Konzepte, die medizinische, soziale und ehrenamtliche Angebote miteinander verbinden“, erläutert Diözesangeschäftsführerin Claudia Ramminger.
Mit dem Malteser Gesundheitszentrum wollen der Malteser Verbund und die Kommune in Heiligenstadt nun neue Wege gehen. Das MGZ basiert auf einem integrativen Konzept mit drei Säulen:
1. Medizinische Grundversorgung: Die hausärztliche Versorgung wird durch ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit zunächst einem Hausarztsitz und mehreren angestellten Ärztinnen und Ärzten gewährleistet. „Wir möchten eine umfassende Betreuung bieten und auch moderne Angebote wie Telesprechstunden integrieren, um eine optimale medizinische Versorgung sicherzustellen“, erklärt Ramminger. Ein zusätzlicher Gemeinde-Notfallsanitäter soll die ambulante Versorgung ergänzen. Dr. Peter Landendörfer wird als angestellter Arzt des MVZ noch einige Monate lang tätig sein, bis ein neuer Hausarzt übernimmt. Damit unterstützt er den Übergang und schlägt eine Brücke in die Zukunft des neuen MGZ.
2. Versorgung im Alltag: Ein weiterer Schwerpunkt ist der Aufbau eines Menüservices für Bürgerinnen und Bürger mit entsprechendem Bedarf. Dieser ersetzt das bisherige Angebot der Einrichtung Tabea und sorgt dafür, dass insbesondere ältere und bedürftige Menschen auch bei akuten Krankheitssituationen mit frischen Mahlzeiten versorgt werden.
3. Förderung der Gesundheitskompetenz: Mit gezielten Schulungsangeboten, darunter Erste-Hilfe-Kurse, Sturzprävention und spezielle Themen für Angehörige, soll die Gesundheitskompetenz der Bürgerinnen und Bürger gestärkt werden. „Uns ist wichtig, dass die Menschen in der Lage sind, ihre Gesundheit aktiv mitzugestalten“, betont die Malteser-Chefin.
„Ein weiteres zentrales Anliegen ist es, der Einsamkeit im Alter entgegenzuwirken“, so Ramminger. Geplant sind verschiedene ehrenamtliche Angebote, darunter ein Besuchsdienst, Seniorentreffen und der telefonische Besuchsdienst „Patenruf“. „Unser Ziel ist es, soziale Kontakte zu fördern und älteren Menschen ein Gefühl der Gemeinschaft zu erhalten bzw. wieder zu geben“, erläutert Ramminger weiter.
Digitalisierung als Chance und Herausforderung
Auch die Digitalisierung spielt eine wichtige Rolle. „Telemedizin, elektronische Patientenakten und digitale Terminvereinbarungen sind die Zukunft. Doch gerade ältere oder technikferne Menschen benötigen hierbei Unterstützung, um nicht den Anschluss zu verlieren“, hebt Ramminger hervor. Deshalb sollen im Gesundheitszentrum Schulungen und Unterstützungsangebote im Umgang mit digitalen Gesundheitsanwendungen etabliert werden.
Organisation und Zusammenarbeit
Das Gesundheitszentrum wird vier zentrale Bereiche umfassen: die Hausarztpraxis, den Menueservice, die Ausbildung und das Ehrenamt. „Durch die enge Zusammenarbeit dieser Bereiche entsteht ein echter Mehrwert für die Menschen in Heiligenstadt“, betont Ramminger. Eine hauptamtliche Ehrenamtskoordination soll für den Aufbau und die dauerhafte Betreuung der ehrenamtlichen Angebote sorgen.
Der Malteser Verbund als Träger des Pilotprojekts
Das Waldkrankenhaus Erlangen und der Malteser Hilfsdienst bringen ihre langjährige Erfahrung im medizinischen und sozialen Bereich ein. „Unser Ziel ist es, die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen nachhaltig zu stärken und dafür ein attraktives Arbeitsumfeld für Ärztinnen und Ärzte zu schaffen “, so Ramminger abschließend.
Bürgermeister Stefan Reichold: Blaupause für ländlichen Raum in ganz Bayern
Heiligenstadts Bürgermeister Stefan Reichold sieht seine Kommune mit dem MGZ für die Zukunft gerüstet. „Von Beginn an haben uns Frau Ramminger, Malteser Bezirksgeschäftsführer Dr. Christian Stock sowie der Geschäftsführer des Waldkrankenhauses Erlangen, Dr. Carsten Haeckel, mit ihrem Konzept, das über die medizinische Versorgung hinausgeht, überzeugt. So danke ich auch den Mitgliedern des Marktgemeinderates Heiligenstadt in Oberfranken, die das Projekt von der ersten Sekunde an vollends unterstützt haben. Der Markt Heiligenstadt wird für zwei Jahre die Miete als Anschubfinanzierung übernehmen. Ich bin überzeugt, dass dieses integrierte Gesundheitszentrum eine Blaupause für den ländlichen Raum sein kann und unserer Marktgemeinde einen nachhaltig positiven Schub verleihen wird.“