Junges Kind, alter Körper
„Ich hab größtenteils geraten“, sagt Maxi. Als der Zehnjährige dem Kassierer die Münzen passend hinlegen sollte, hatte er Probleme, das Geld zu greifen – und zu erkennen, was er da in der Hand hält. „Beim Zahlen musste ich mir jeden Cent ganz genau anschauen“, erklärt er. Kein Wunder, denn Kassierer Lukas war auch etwas ungeduldig: „Sowas hab ich auch noch nicht erlebt. Sechs Cents noch, ham’s die? Rausgeben tu i net“, sagte der Zwölfjährige laut. Anna probierte den „AgeSuit“, den Alterssimulationsanzug, ebenfalls aus. „Es war nicht toll“, zieht die Dreizehnjährige ihr Fazit. Zuerst half ihr Malteser Jugendkoordinatorin Katharina Strigl, die Schuhe, die das Gehen erschweren, anzuziehen. Dann kam der Rest: Gewichte für Fuß- und Armgelenke, Bandagen für Knie und Armbeugen, Handschuhe, eine Halskrause und die Gewichtsweste. All das wiegt zusammen über zwanzig Kilo und erschwert Bewegungen nicht nur durch die Last, sondern auch weil Gelenke sowie Kopf und Hals sich nicht mehr so gut bewegen lassen.
Alter erfahrbar machen
„Ich habe mal in der Altenhilfe gearbeitet, daher kenne ich den AgeSuit“, berichtet Christina Derr. Sie ist Referentin für Soziales Ehrenamt in Eichstätt und hat das Projekt angestoßen. Sie findet wichtig, dass schon junge Menschen etwas über Alter lernen und Vorurteile überwinden. Und einen Blick dafür bekommen, was ältere Menschen brauchen. Seit Anfang des Jahres gab es jetzt schon ein paar „Alter! So fühlt sich das an?“-Workshops, bei denen Kinder und Jugendliche an Schulen sich in das Altsein hineinfühlen konnten. Zuerst spricht Christina Derr mit den Kindern über Vorstellungen zum Alter, über Altersbilder. Dann wird es praktisch. Wer will, kann den Zwanzig-Kilo-Anzug anziehen und die Alltagsaufgaben erledigen: Schuhe binden, einkaufen gehen, an der Kasse bezahlen, Treppen steigen. Anna ist jetzt mit allen Gewichten und Bandagen ausgestattet, trägt noch eine Brille, die die Sicht beeinträchtigt, und Ohrschützer, die das Hören erschweren. Damit geht es dann die Treppe hinunter in den Supermarkt.
Alltag unter erschwerten Bedingungen
„Du siehst aus wie Bernd das Brot“, sagt Valentin. Der Elfjährige lacht – noch – über seinen Freund Maxi, der auch zum Supermarkt watschelt. Der „Supermarkt“ ist ein Aufenthaltsraum der Malteser Jugend in Preith bei Eichstätt, in dem Daniel Zintl, Diözesanjugendreferent in Eichstätt, einige Supermarktartikel aus Plastik im Regal verteilt hatte. Dort gehen die Kinder in den AgeSuits einkaufen: Bananen aus dem oberen Regalfach nehmen, Äpfel und Kirschen einsammeln, Milch einpacken. „Der Apfel ist leider schlecht, den müssen Sie zurücklegen“, sagt Daniel Zintl bei der Übung. Unter den Obstattrappen sind auch „faule“ dabei. Wenn man das durch diese Brille nur erkennen könnte. Also müssen sie sich wieder hinunterbeugen und es zurücklegen. Gar nicht so einfach mit steifen Gelenken und Gewichten am Körper, oder? „Ich hätte es mir noch schwerer vorgestellt“, meint Maxi, als er die Treppe wieder hoch geht und fertig mit seiner Runde ist. „Aber wenn du dich den ganzen Tag so fühlst?“, fragt Christina Derr. Als Maxi von allen Teilen des AgeSuits befreit ist, entwischt ihm doch ein „Puh…“ und er rennt zu den anderen.