Mantrailing

Herzog von Croÿ unterwegs: Die Rettungshundestaffel

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Michaela Boland

Stolberg. Dass der Hund des Menschen bester Freund ist, hat mit Sicherheit viele Gründe. Unerschütterliche Loyalität, Beschützerinstinkt, Treue und womöglich auch das Hormon Oxytocin. Dieses soll nämlich laut wissenschaftlicher Beobachtungen bei Hunden durch positive Interaktion mit Menschen ausgeschüttet werden. Ein Gefühl von enger Verbundenheit zu seinem jeweiligen Menschen spielt bei den Fellnasen der Malteser in der Gliederung Monschauer Land jedoch gewiss ebenfalls eine ganz besondere Rolle: Im Rahmen ihrer Rettungshundestaffel ist das individuelle Vertrauensverhältnis zwischen Vier- und Zweibeinern dort nämlich oft von entscheidender Bedeutung. Wie die ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen gemeinsam mit ihren speziell ausgebildeten Dogs im Bereich Mantrailing und Flächensuche arbeiten und was sie leisten, wollte sich der Landes- und Regionalbeauftragte der Malteser NRW, Rudolph Herzog von Croÿ, jetzt unbedingt einmal aus nächster Nähe anschauen. Daher verabredete er sich kurzerhand mit dem Team in dessen Trainingsrefugium in Stolberg.  

Dauerregen

Das Wetter lässt an diesem Mittwochnachmittag nichts Gutes erahnen, als die Rettungshundestaffelmannschaft nacheinander am verabredeten, ein wenig einsam und abseits gelegenen Treffpunkt am Westwall, auf dem Parkplatz des alten Forsthauses Hürtgenwald eintrifft. Es ist erst kurz nach 15 Uhr und so gruppieren sich die ankommenden ehrenamtlichen Frauen und Männer, die ihre Vierbeiner zunächst noch in den Autos gelassen haben, kurzentschlossen am kleinen Unterstand, ganz dicht am Wald. Immerhin wird das düstere Wolkenszenario am Firmament inzwischen durch mittelgroße Regentropfen ergänzt und so bieten die kleine offene Hütte, die irgendwie einer Bushaltestelle mitten in der Wildnis gleicht, und das Laub der Bäume oberhalb des Unterstands zumindest ein wenig Schutz. Es ist frisch draußen und niemand möchte sich gerne vom kühlen Nass durchweichen lassen, noch bevor der Termin in rund einer halben Stunde überhaupt startet. Der guten Stimmung der durch die Bank äußerst sympathischen Hundestaffelmitglieder kann die ungünstige Witterung jedoch zum Glück in keiner Weise Abbruch tun.

Vorfreude

Rudolph Herzog von Croÿ trifft auf dem Parkplatz ein. Der Malteser NRW-Landesbeauftragte hatte eine nicht gerade kurze Anreise, denn der Dülmener kommt direkt aus seinem Büro in der Stadt im Kreis Coesfeld zwischen Ruhrgebiet und Münster, doch freut sich bereits seit Tagen auf den heutigen Termin. Sicherheitshalber hat er zusätzlich zur Jacke auch eine Einsatzhose im Gepäck, denn er möchte es sich keinesfalls nehmen lassen, die ganze Zeit über möglichst dicht an den Hundeführern und ihren Vierbeinern zu bleiben. 

Zeit für Demonstration genommen

Daniel Roeffen, stellvertretender Leiter der Rettungshundestaffel Monschauer Land, hat organisiert, dass sich sechs weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus dem eigentlich aus 24 Personen bestehenden Team eigens schon nachmittags Zeit genommen haben, um dem Besuch heute zu demonstrieren, wie die Arbeit mit Rettungshunden funktioniert. Nach der Begrüßung, bei der sich auch die Hundebesitzerinnen und Besitzer Günter Brammertz, Gloria Genreith, Ute Scobel-Mommer, Nadine Feuchter, Birgit Heinen und Rebecca Thelen, vorstellen, erläutert Daniel, dass zu Ehren des besonderen Gastes auch der Ortbeauftragte Yannick Melms vorbeikommen werde. Besonderer Grund zur Freude: Ebenso Einsatzdienste-Leiter Oliver Steffny ist anwesend, um an diesem Tag zu unterstützen und das, obwohl den jungen Mann jetzt jede Minute die Nachricht erreichen könnte, dass sich sein noch ungeborenes Kind auf den Weg in die Welt macht.

Standortwechsel

Schnell wird beschlossen, sich vom Parkplatz aus noch weiter ins Innere des Waldes zu begeben. Die Umgebung eigne sich wesentlich mehr für das Training mit den Hunden, die sich im riesigen Areal besser bewegen könnten als rund um den Parkplatz mit angrenzender Landstraße. Während sich Hundeführerinnen und Hundeführer zurück in ihre Autos begeben, um den abgesprochenen Platz im Wald anzusteuern, der ein ganzes Stück entfernt scheint, wird der Herzog von Oliver Steffny und Hundestaffel-Leitungsmitglied Daniel Roeffen mitgenommen. Unterwegs erfährt der Landesbeauftragte schon mal, dass die Staffel im April 2021 gegründet wurde und das Leistungsportfolio neben der Flächen- und Trümmersuche auch den Bereich Mantrailing umfasse. Immer mit nur einem Ziel: Vermisste Personen zu finden und zu retten.

Keine Hunde aus Qualzucht

Die Malteser Hundestaffel Monschauer Land verfügt im Bereich Mantrailing (Personensuche unter Einsatz von Gebrauchshunden) augenblicklich über fünf geprüfte Hundeteams sowie weitere drei in Ausbildung. Im Rahmen der Flächensuche (Vermisstensuche in Wald und Flur) hat die Abteilung drei geprüfte Hundeteams und sogar sechs weitere in der Ausbildung befindliche. Interessierte, die sich vorstellen können, der Hundestaffel beizutreten, sollten wissen, dass das Mindesteintrittsalter bei 18 Jahren liegt und nach oben offen ist, solange man körperlich sowie psychisch fähig ist und sich fit genug fühlt. Hunde sind jedoch nur dann geeignet, wenn sie eine ausgebildete Nase, also keine platte Schnauze aufweisen oder einer Qualzucht entstammen.  Rassen, wie beispielsweise französische Bulldoggen oder Pekinesen, falle es schwer, durch die Nase zu atmen. Einsätze dieser Art könnten daher für sie sogar gefährlich sein, weiß Daniel Roeffen.

Zwei Jahre reine Ausbildungszeit

Die Größe eines Vierbeiners sei jedoch im Prinzip nicht vorgegeben. Wenn ein Yorkshire-Terrier oder Chihuahua aufgenommen werden solle, würde sich allerdings die Frage stellen, ob diese auch durch hohes Dickicht gelangten, wenn dies einmal erforderlich sei. Für künftige Hundeführer dürfte überdies aber vor allem eine Information von großem Interesse sein: Die Dauer der Ausbildung liegt bei ungefähr zwei Jahren. Neben dem Hund werde nämlich auch der Hundeführer oder die Hundeführerin entsprechend geschult. Abgesehen von den regulären Trainingszeiten, zehn bis zwölf Stunden pro Woche, erfahre man dann die allgemeine Malteser-Helfer- sowie eine sanitätsdienstliche Ausbildung. Außerdem die Fachdienstausbildung Rettungshund mit Inhalten wie Kynologie (Lehre von Rassen, Zucht, Pflege und Verhalten von Hunden) sowie Kartenarbeit und Erster Hilfe am Hund. Im Anschluss ist dann noch eine Prüfung zu absolvieren.

Ankunft

Am anvisierten Ziel im Wald angekommen, stellt man schnell fest, dass der Regen immer heftiger zu werden scheint. Das macht aber nichts. Im Ernstfall müssen Hund und Mensch schließlich auch ran, wenn es gilt, Menschenleben zu retten. Und genau darum geht es. So erzählt Daniel Roeffen, dass kürzlich erst ein bewaffneter Suizident gesucht wurde. Doch auch nach verschwundenen Kindern und Demenzkranken werde immer wieder Ausschau gehalten. Auf die Frage, ob es einem kein mulmiges Gefühl vermittle, wenn es um das Auffinden von Leuten gehe, die eine Gefahr darstellen, antwortet Roeffen: „Das kann man schon sagen, denn es war durchaus komisch als es neulich hieß, dass die Suchmaßnahmen eingestellt werden, da die gesuchte Person bewaffnet ist.“

Flächensuche

Malteserin Gloria Genreith, kündigt jetzt an, dass Herzog von Croÿ zuerst einmal Zeuge einer Flächensuche werden wird. Ihr Hund Toni, ein wunderschön anzuschauender, siebenjähriger Hoverwart, groß, kräftig und mit klarem zielstrebigem Blick, soll eine sogenannte Kurzanzeige durchführen. Doch fürs Erste muss der Vierbeiner noch ein wenig in seiner Hundebox im Kofferraum von Glorias Auto verharren. Während der Regen weiterhin auf alle Anwesenden prasselt, werden nämlich schnell noch Vorbereitungen für diese erste Demonstration getroffen.

Nicht zimperlich sein

Kollegin Nadine Feuchter schnappt sich zunächst eine zusammengerollte grün-blaue Isomatte aus einem der mitgebrachten Einsatzfahrzeuge. Gleich wird sie eine Person darstellen, die bewusstlos im Wald liegt. Aus diesem Grund wird die Isomatte in Kürze auf dem mittlerweile recht feuchten Waldboden ausgebreitet, bevor sich Nadine, völlig schmerzfrei, darauflegt. Schon jetzt wird deutlich: In diesem ehrenamtlichen Dienst sollte man robust und keineswegs zimperlich sein. Bevor Toni das Auto verlassen darf, legt Besitzerin Gloria eine Hunderampe an den Kofferraum an, nachdem sie die Heckklappe ihres Wagens geöffnet hat. Diese, zum Schutz der Gelenke dienliche, stufenlose Ein- und Ausstiegshilfe macht es Toni kinderleicht, aus dem Fahrzeug herauszukommen.

Gleich geht’s los

Während Nadine sich zu ihrem späteren Auffinde-Ort begibt, läuft Hundeführerin Gloria mit Fellnase Tony noch ein bisschen durch den Wald. Nach wenigen Minuten kehrt sie zurück und positioniert sich mit dem Vierbeiner in einiger Entfernung vom vereinbarten Auffinde-Ort, an dem ihre Kollegin sich selbst bereits liegender Weise drapiert hat. Zusätzlich zu Leine und Halsband, mit welchen Tony längst versehen ist, erhält er nun von seinem Frauchen noch das Rettungshundestaffel-Geschirr umgeschnallt. Im Hintergrund nähern sich die übrigen Kollegen gemeinsam mit Herzog Croÿ, um die Übung aus nächster Nähe mitverfolgen zu können, und die Spannung steigt.

Person ausgemacht

Jetzt leint Gloria ihren Hund ab und gibt ihm das Kommando zu starten. Sofort läuft Toni in zügigem Tempo in die Richtung, in der er augenscheinlich etwas Ungewöhnliches am Boden ausgemacht hat. Als er losspringt, umgibt ihn ein kontinuierliches Glöckchen-Klingeln, was dem Zubehör an seinem Geschirr geschuldet ist. Das Geräusch kann im Ernstfall zusätzliche Aufmerksamkeit bei Vermissten erregen. Abrupt bleibt der Rettungshund mit einem Mal vor der reglos bäuchlings am Boden liegenden Nadine stehen und beginnt aufgeregt zu bellen. Hiermit zeigt er sehr deutlich an, dass sich an dieser Stelle eine Person in Not befindet und macht sein Frauchen Gloria lautstark darauf aufmerksam. Diese folgt ihm nun und könnte aufgrund Tonis gelungener Anzeige im realen Fall der am Boden liegenden Person schnell Hilfe leisten. Als die Hundeführerin die Fundstelle erreicht, hat sich Toni vor die gefundene Nadine gelegt, ohne aufzuhören zu bellen. Dann erhebt sich der Vierbeiner wieder, immer noch bellend und seinen Kopf abwechselnd in Richtung der gefundenen Person und zu seinem Frauchen wendend, so als wolle er sagen, „nun sieh doch mal, was ich hier gefunden habe“. Erst als Gloria einen Hunde-Clicker, eine handliche Geräusche-erzeugende Gerätschaft, mit der man auf positive Weise seinen Vierbeiner darauf konditioniert, ein Klicken mit einer folgenden Belohnung zu verbinden, betätigt, verstummt der Hund unverzüglich.

Belohnung fällig

Nach dieser gelungenen Anzeige erhält der siebenjährige Hund, der bereits trainiert, seit er ein Welpe gewesen ist, direkt eine fressbare Belohnung aus einer Tüte, die Nadine, mittlerweile wieder aufgestanden, aus ihrer Jacke zieht. Aufgrund eines solchen Erfolgserlebnisses bereitet die Arbeit dem schwanzwedelnden Vierbeiner natürlich besonders viel Vergnügen. „Alle zwei Jahre muss Toni die Prüfung zur Einsatztauglichkeit wiederholen“, erzählt Frauchen Gloria, nicht ohne den Rüden mit ein paar Streicheleinheiten und lobenden Worten zu versehen. Nach getaner Arbeit wird der Hund dann wieder zurück ins Auto gebracht. 

So funktioniert Mantrailing

Als nächstes soll ein Mantrailing-Einsatz gezeigt werden. Hierbei wird ein Rettungshund auf die Spur einer vermissten Person angesetzt. Dies erfolgt über den ausgeprägten Geruchssinn des Tieres. Um die Witterung des vermissten Menschen aufnehmen zu können, ist es ausreichend, den Vierbeiner mittels einer einzigen Geruchsprobe auf einen sogenannten Scent (Duft) zu eichen. Entscheidend für die Witterungsaufnahme und den Verlauf einer solchen Suche ist oftmals die Qualität des Geruchträgers. Der Hund sondiert auf dem Trail (Pfad) jene Duftpartikel seiner Umgebung, die mit dem Scent übereinstimmen und interpretiert sie hinsichtlich Alter, Richtung sowie Intensität.

Sterile Kompressen

„Im Einsatz arbeiten wir mit sterilen Kompressen“, erläutert Hundeführerin Ute Scobel-Mommer dem Herzog. Hiermit werde zunächst der Geruch einer vermissten Person durch einen ihrer Gegenstände dupliziert, fügt die Malteserin hinzu. Ablauf: Man nimmt eine Kompresse, die man ausschließlich mit sterilen Handschuhen berührt, und legt sie in eine ebenfalls sterile Tüte, die dann verschlossen wird. Mit der Tüte und dem Hund wird sich dann zum Ansatzort begeben. Zu Anschauungszwecken werde der Vorgang heute ein wenig variiert, sagt Ute. Bevor Hund Nr. 2, Rebecca Thelens Labrador, Milo, zum Trainingseinsatz gelangt, kommt Helfer Günter Brammertz ins Spiel. Er trägt ein Taschentuch bei sich am Körper, welches der Malteser jetzt in eine Tüte befördert. Wenn Rebecca die Tüte erhält, um ihrem Milo den Inhalt später nicht länger als wenige Sekunden vor die Nase zu halten, wird Kollege Günter schon längst verschwunden sein und sich irgendwo, weit weg, im Wald versteckt haben. Wird der Hund eine solche Herausforderung meistern?

Hund muss sich zuerst orientieren

Als Rebecca sich zu Kollegin Ute und Rudolf Herzog von Croÿ gesellt und Milo mit seinem Rettungshundestaffelgeschirr samt Malteser-Branding ausgestattet, im Schlepptau hat, beschreibt Ute den nun bevorstehenden Ablauf: „Ich zeige Rebecca jetzt, wo die vermisste Person zuletzt gesehen worden ist.“  An dieser Stelle werde die Malteserin dann zunächst mit Milo einen kleinen Perimeter (Umfang) ablaufen. Dies diene zur Orientierung des Hundes sowie der Erlangung eines Gesamteindrucks im Hinblick auf Gerüche der Umgebung. Milo scheint schon aufgeregt zu sein und jault, offenbar vor lauter Vorfreude auf seinen Einsatz, während er an seiner Trailing-Leine zieht, die man als Hundeführer benutzt, weil sie auch als eine Art Telefonleitung zum Hund dient, über die Informationen in beide Richtungen ausgetauscht werden.

Suchbereich ist abzusichern

Inzwischen gießt es in Strömen und das Rettungshundestaffelteam hat seine Kapuzen weit über die Köpfe gezogen, was sich bei den herunterkommenden Wassermassen augenblicklich jedoch als nur wenig hilfreich erweist. Rebecca und Milo machen sich startklar. „Wir arbeiten immer mit Helfern zusammen“, erläutert Ute Strobel weiter. Zu den Aufgaben des Helfers zählten dann Dinge wie, den Suchbereich des Hundes abzusichern. So müsse beispielsweise darauf geachtet werden, dass keine entgegenkommenden Fahrräder, kleine Kinder oder andere freilaufende Hunde sowie Autos die Suche behindern würden. Verantwortlich für diesen Job zeichne jetzt Kollegin Birgit Heinen. Sie bleibt während des Perimeters dicht hinter Rebecca und Milo, der noch am Halsband geführt wird. „Erst zum Ansatz für den Trail wird der Hund dann auf das Geschirr umgeleint“, erklärt Malteserin Ute Scobel-Mommer dem interessierten Herzog Croÿ.

Nur wenige Sekunden am Geruchsträger schnuppern

Jetzt kann es losgehen. Nachdem Rebecca den Karabiner der Trailing-Leine von Milos Halsband gelöst und am Geschirr des Hundes befestigt hat, hält sie um 15.57 Uhr die geöffnete Tüte rund drei Sekunden vor Milos Riechorgan. Kollege Günter, den es zu finden gilt, hatte zuvor das von ihm am Körper getragene Taschentuch darin verstaut. Nun gibt die Malteserin ihrem Hund das Startkommando, und Milo beginnt die Suche nach dem Vermissten. Kann die Aktion nach nur so kurzer Geruchsaufnahme gelingen?

Milo auf Finde-Mission

Die Spur führt den Vierbeiner, seine Hundeführerin, deren Helferin Birgit sowie die heute aus mehreren Kollegen und dem Besuch bestehende Entourage zunächst über Pfützen-reiche Waldwege, immer geradeaus. Milo ist konzentriert und man spürt, dass er etwas aufgenommen zu haben scheint, denn er bewegt sich selbstsicher und zielorientiert nach vorne. Nach rund vier Minuten des Geradeauslaufens biegt der schwarze Labrador, gefolgt von seiner Begleitergruppe, mit einem Mal in eine schmale Wegabzweigung nach links ein.

Milo wird schneller, was zu bedeuten scheint, dass die aufgenommene Witterung sich dem Hund intensiver offenbart. Nur wenige Sekunden später wird ersichtlich, dass Kollege Günter sich kauernder Weise in wenigen Metern Entfernung hinter einem dunkelbraunen Holzzaun mit Gatter verbirgt. Sofort hat Milo den menschlichen Kollegen erkannt und spurtet schwanzwedelnder Weise auf ihn zu, bevor er sich seine Belohnung in Form von offenbar ausgesprochen schmackhaften Hundeleckerchen bei Günter abholt. „Gut gemacht, fein“, lobt Besitzerin Rebecca ihren Hund und streicht ihm für die ausgezeichnete Leistung über das Fell.

Sherlock kann's auch ohne Watson

Herzog von Croÿ, der auch selbst einige Hunde hat, zeigt sich fasziniert über die gelungene Demonstration und ist nicht abgeneigt, sich heute auch einmal selbst von einem Rettungsstaffelhund suchen zu lassen. Doch bevor es soweit ist, soll erst noch ein weiteres Vermissten-Rätsel durch einen Vierbeiner gelöst werden. Seinem Namen nach zu urteilen könnten ihm eventuell besondere entdeckerische Fähigkeiten zuzutrauen sein. Mit Maintrailer-Dog Sherlock wird Besitzerin Ute Scobel-Mommer sich nämlich jetzt aufmachen und eine Spur verfolgen. Erneut ist es Kollege Günter Brammertz, der sich als vermisste Person zu Verfügung gestellt und längst versteckt hat. Sherlock nimmt schnell die Fährte auf und sofort geht es über eine hölzerne Brücke direkt über den Bach. Dann führt der tierische Namensvetter von Conan Doyles berühmter Romanfigur seine Besitzerin und die heutige Gefolgschaft eine Waldtreppe hinauf und scheint sich seiner aufgenommenen Spur sicher zu sein. Über einen geteerten Waldweg leitet der Hund die Menschen nah an eine steile Böschung, die weiter hinauf, in einen wesentlich dichter bewachsenen, Bereich des Waldes führt. Hier muss Ute jedoch sprichwörtlich die Reißleine ziehen.

Kobra, übernehmen Sie

Da Mantrailer-Hunde aufgrund ihrer notwendigen Leinenführung ihre Fährte nicht innerhalb des dichten Waldes weiterverfolgen können, wäre der Trailingpart der Suche an dieser Stelle beendet, soweit die versteckte Person sich in schwieriger durchdringbaren Gefilden oder einer Steigung befände. Nachdem die durchschnittlich sieben bis acht Meter lange Leine, durch die der Vierbeiner seinem Hundeführer zeigt, wo er lang muss, sich im Wald leicht verheddern könnte, muss der Einsatz dann anderweitig fortgeführt werden. Weil Sherlock seine Sache jedoch ausgesprochen gut gemacht hat und Günters Witterung perfekt aufgenommen hat, wird der Rüde angemessen belohnt, bevor er völlig durchnässt von Ute zurück in den Wagen gebracht wird. Übernehmen kann jetzt einer, der zwar nicht Kobra heißt, jedoch auf den wohlklingenden Namen Spike hört und Daniel Roeffen sowie Lebensgefährtin Nadine Feuchter gehört. Die hübsche Australian Sheperd-Golden Retriver-Mischung ist ein Flächenhund und löst nun quasi Sherlock ab. Dies verdeutlicht, wie problemlos das Hand-in-Hand-Arbeiten der unterschiedlichen Bereiche funktioniert.

Spikes Suche geht steil

Nachdem der vorangegangene Trail an einer Böschung am geteerten Waldweg in Höhe einer Holzbank geendet hat, die Suche aber noch weitergeht, verändert sich das Einsatzgebiet. Der stellvertretende Hundestaffelleiter, Daniel Roeffen, zeigt auf eine steile Böschung und teilt seinen an dieser Suche beteiligten Teammitgliedern, Nadine, der Hundeführerin, und ihrer Helferin Gloria mit, dass es nun gelte, die Spur über den Berg weiterzuverfolgen. „Es geht jetzt hier hinauf“, sagt er. Jeweils 50 Meter nach rechts sowie nach links sind oben zu durchkämmen.

Pulverresierter Talk als Windrichtungsmesser

Genau an der Stelle, an der die Suche nun abseits des geteerten Waldwegs, über die Böschung aufwärts weitergeführt werden soll, versprüht Hundeführerin Nadine zu Orientierungszwecken ein wenig Talkum. „Es geht darum, auszumachen, aus welcher Richtung der Wind weht, weil man den Hund sinnvoller Weise gegen den Luftstrom laufen lässt“, verrät Daniel. Hintergrund: Die Hautschüppchen, die Menschen ständig verlören, würden dann wesentlich leichter in die Nase des Hundes getragen. Kurzerhand wird Spike abgeleint und erhält an einer Stelle entgegen der Windrichtung das Kommando zu starten. Als der Vierbeiner losrennt, durch Farne und Büsche springt, um den waldigen Berg zu erklimmen, folgen ihm Nadine und ihre Helferin so schnell sie können. Schon kurze Zeit später ist das lautstarke Bellen Spikes, der gefunden hat, was er suchte, zu hören. Versteckperson Günter wurde glücklicherweise weit oben im Wald hinter einem Baum vom Vierbeiner ausfindig gemacht.

Landesbeauftragter im Wald ausgesetzt

Dann ist es soweit: Rudolph Herzog von Croÿ darf sich von Mantrailer-Hundedame Blümchen, einem Stafford-Terrier-Mix, suchen lassen. Dafür muss der Malteser Landesbeauftrage zunächst einen Geruchsträger produzieren. Genauso, wie die Kolleginnen und Kollegen es im Vorfeld erklärt hatten, wischt sich der Herzog mit einem Taschentuch über die Stirn und durch das Gesicht. Das Tempo kommt anschließend sogleich in eine sterile verschließbare Plastiktüte und wird Hundeführerin Birgit Heinen überreicht. Dann wird der Landesbeauftragte schließlich von Kollegin Ute im Wald „ausgesetzt“. Als nächstes läuft Birgit das Perimeter mit Blümchen ab. „Man geht mit dem Hund meistens ein Viereck oder im Kreis und läuft alle Entscheidungen einmal ab, damit der Hund sich orientieren und schauen kann, wo die Spur der vermissten Person liegt“, erläutert Rebecca Thelen, die jetzt als Helferin fungiert und genau wie in einer realen Situation mit Notfallrucksack ausgestattet ist. 

Herzog-Suche

Um Punkt 17.02 Uhr wird Blümchen von ihrem Halsband ab- und an ihrem Geschirr wieder angeleint. Der große Vorteil gegenüber einem Halsband, liege darin, dass es den Druck gleichmäßig verteile und dabei den Hals ausspare. Dann erhält das Hundeblümchen ganze zwei Sekunden lang das Taschentuch mit dem Duft des Herzogs vor ihre Nase gehalten und setzt sich nach dem Go in Bewegung. Umsichtig läuft die Hündin voran. „Wichtig ist immer, dass man dem Hund als Hundeführer genug Leine und auch Zeit gibt“, erklärt Helferin Rebecca. Man dürfe ihn nicht drücken, indem man zu nah auflaufe. Lieber solle man sich ein bisschen mehr Zeit lassen, damit der Hund frei entscheiden könne, bevor man ihn vorandränge und dann womöglich etwas überlaufe.

Blümchen hält inne

Es geht weiter gerade aus. Doch dann bleibt Blümchen unvermittelt stehen. Ist der Herzog etwa hier? Mitten im Nirgends? „Wenn der Hund stehen bleibt, bleibt man auch direkt immer mit stehen“, weiß Rebecca. Vielleicht bleibe er nämlich nur deshalb stehen, um kurz etwas auszuschließen, um dann womöglich wieder zurückzugehen. Sorgfältig schnüffelt Blümchen an verschiedenen Blättern. Hat sie vielleicht tatsächlich schon eine heiße Spur?

Verlass auf Hundenase

Die Pfützen entlang der Strecke sind mittlerweile zu kleinen Seen herangewachsen, doch Wetter- oder Umgebungsbedingungen lassen Vierbeiner Blümchen unbeeindruckt auf ihrer Mission. Mit einem Mal erhöht der Hund sein Lauftempo deutlich. „Man merkt, dass Blümchen in ein Endpoolverhalten kommt, also kurz vor der vermissten Person ist“, erläutert Rebecca die Beschleunigung des Tieres. Die gewitterte Geruchsspur identifiziert der Hund jetzt nämlich als ganz frisch. Blümchen biegt nun vom Weg nach links auf eine Abzweigung ab und entdeckt um 17.07 Uhr am stark rauschenden Bach den Herzog sitzen. Aufgabe erfüllt! Auf Blümchens Nase scheint Verlass. Jetzt kann sich die Hündin neben jeder Menge Lob auch auf ein wohlschmeckendes und vor allem verdientes Leckerli, das Herzog von Croÿ ihr besonders gerne höchstpersönlich austeilt, freuen.

Nass bis auf die Haut, aber begeistert

Langsam endet der feuchte, aber ausgesprochen schöne Nachmittag von Rudolph Herzog von Croÿ bei den ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen von der Rettungshundestaffel Monschauer Land, als es langsam aufhört zu regnen. Sogar die Sonne bahnt sich unfassbarer Weise jetzt einen Weg durch die Wolken. Durchnässt bis auf die Haut, so wie mit ziemlicher Sicherheit alle an diesem Tag, aber tief beeindruckt von dem heute Erlebten, informiert sich der NRW Landesbeauftragte noch über ein paar Fakten beim Hundestaffelteam. So erfährt er auch von Ute, dass die Rettungshundestaffel in den vergangenen fünf Monaten bereits 50 Einsätze absolviert habe und eigentlich mit den Mantrailern das ganze Jahr über in den Einsatz gehen könnte. Immerhin seien diese beim Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste gelistet, das für ganz Nordrhein-Westfalen zuständig ist. „Es gibt da auch keine Eingrenzung von Gebieten und so fahren wir unter Umständen auch schon mal zweieinhalb Stunden bis nach Münster in einen Einsatz.“ Wie man sich eine Anreise über diese Entfernung vorstellen muss, dürfte dem Herzog, der sich herzlich für die schönen Einblicke bei den Monschauer Kollegen bedankt, gewissermaßen bekannt vorkommen.