Vielfalt

Das bunte Ehrenamt

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Christian Vierfuß

Es ist ein großes schwäbisch-türkisches Herz, das Kolleginnen und Gäste an ihr schätzen. Handan Reiner vermittelt ihrem Gegenüber das Gefühl, von Herzen willkommen zu sein. Gerade für die Gäste im Café Malta, einem Treffpunkt für Menschen in der Frühphase einer Demenz, ist die offene und zugewandte Art der 48-Jährigen wohltuend. Die ehrenamtliche Demenzbegleiterin engagiert sich seit einem Jahr im Team von Heike Nägelein im baden-württembergischen Kirchheim unter Teck. Wenn sie losschwäbelt, deutet nichts auf ihre Migrationsgeschichte. Mit elf Jahren kam sie aus der Türkei nach Deutschland und musste sich mit allem vertraut machen: der Sprache, den Gepflogenheiten, der deutschen Zurückhaltung, dem Essen und vielem mehr. Aus der Türkei brachte sie Gastfreundschaft mit. Die Beziehung zu den Menschen „ist das A und O“, sagt sie. Das hat sie auch ihrem Mann, „a äschter Schwab“, vermittelt. Er steht heute mehr in Kontakt zu seinen Eltern als früher. Sie wiederum hat „von der deutschen Kultur gelernt, erst einmal für die eigene Gesundheit zu sorgen und sich dann, fit und ausgeruht, dem Nächsten zuzuwenden“.

Beim Kochen und Backen in der großen Küche des Café Malta kommen an manchen Tagen für einige Gäste ungewöhnliche Zutaten zusammen: Kreuzkümmel zum Fleisch, Knoblauch, scharfe Paprika; Hefeteig gefüllt mit Lauch und Käse. Die sechs Damen und Herren der Gruppe an diesem Tag sind offen für Neues. Sie putzen und schneiden Gemüse, formen Teigtaschen - und essen dann gemeinsam am großen Tisch. „Wenn unsere Besucher das Gefühl haben, willkommen zu sein, freuen sie sich und geben so viel zurück“, sagt Handan Reiner. „Ich bin froh, dass ich im Team des Café Malta mitarbeiten kann.“

"Wir nehmen immer Rücksicht aufeinander. Ich meine, jeder sollte den anderen respektieren, egal welchen Glauben jemand hat."

Und wie hält sie es mit der Religion? Sie ist Muslima, ihr Mann ist Christ. „Ich faste zum Beispiel im Ramadan und bete. Und er isst in dieser Zeit auch erst des Abends mit mir. Wir nehmen Rücksicht aufeinander. Ich meine, jeder sollte den anderen respektieren, egal welchen Glauben jemand hat.“ So hält sie es auch im Café Malta beim christlichen Tischgebet. Oder bei Gottesdienstbesuchen.

Geschäftsführerin Heike Nägelein will sich auf die Veränderungen der zunehmend älteren und heterogenen Gesellschaft einstellen und im kommenden Jahr Gruppen im Café Malta anbieten, in denen Menschen mit Migrationshintergrund eine für sie passende Betreuung finden. Kenntnisse von anderen Sprachen, Religionen und Gepflogenheiten sind da sehr nützlich, sagt sie. Entscheidend sei aber die Empathie.


Bereichernde Kulturen

  • Moussa Toure, 27 Jahre alt und seit letztem Herbst in Deutschland, sagt: „Helfen ist meine Leidenschaft“. In seiner Heimat, der Elfenbeinküste, hat er seine mittlerweile verstorbenen Großeltern betreut. Im Besuchsdienst der Malteser in Würzburg haben sie sein Talent im Umgang mit älteren Menschen schätzen gelernt: Er besuchte eine 102-Jährige in einem Seniorenheim bis zu ihrem Tod. Aus der Leidenschaft wird nun ein Beruf: Zum 1. April hat er in genau diesem Seniorenheim eine Ausbildung zum Altenhilfepfleger begonnen.
  • In der Stuttgarter Praxis der Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung (MMM) ist Silvia Corbella Poblet bereits seit 2019 das Herz der Praxis. Die Krankenschwester aus Katalonien ergänzt das Team mit fachlicher Kompetenz, Humor, guter Laune und großer Motivation. „Ich brauche Anschluss an die Deutschen, und im Ehrenamt mitzumachen ist einfach ein gutes Gefühl.“ Natürlich profitieren die Patienten und Patientinnen mit spanischen oder italienischen Wurzeln von ihren Sprachkenntnissen und fühlen sich so in der Praxis besonders verstanden.
  • Sie kennen Ehrenamtliche, deren Migrationshintergrund ihre Arbeit vor Ort bereichert? Schreiben Sie uns an malteser.magazin@malteser.org. Wir stellen sie gerne vor.
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