Sieben Jahrzehnte Sanitätsdienst

Vom Trachtenumzug bis zum Rockfestival

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Wolf Lux/Malteser

München 1960: Einsatzkräfte der Malteser ziehen beim Eucharistischen Weltkongress als quasimilitärische „Sanitätsstreife“ abends durch die Stadt, um ihre feiernden Kollegen aus den Bierkellern zu holen. 1959: In vielen Tankstellen im Bundesgebiet werden Unfallhilfsstellen eingerichtet, in denen je eine Sanitätstasche, eine Sanitätskiste K 50 und eine Krankentrage deponiert werden. Der Malteser Sanitätsdienst, dessen erster Einsatz bereits 1954 stattfand, hatte sich in Windeseile etabliert.


Aller Anfang ist ... Improvisation

Wobei die Anfänge von dem, was heute mit Großeinsätzen etwa bei Festivals wie Summer Breeze in Dinkelsbühl, Rockharz Open Air in Ballenstedt oder dem spektakulären Drachenfest in Diemelstadt fortgeführt wird, schon früh zu finden sind. So wird schon 1933 in Berlin ein „Johanniter-Samariter-Bund“ als „Katholischer Sanitätsdienst“ gegründet, der sich 1956 „unter Beibehaltung seines Namens korporativ dem Malteser Hilfsdienst anschließt“, wie die Chronik des Hilfsdienstes weiß.

Zum ersten Sanitätseinsatz des 1953 gegründeten Hilfsdienstes kam es dann beim Sportfest der „Deutschen Jugendkraft“ (DJK) im September 1954 in Münster, bei dem eine Armbinde mit Malteserkreuz die noch nicht vorhandene Einsatzmontur ersetzen musste.

Die ersten elf Dienstbekleidungen konnten dann 1956 beim ersten Großeinsatz auf dem Katholikentag in Köln getragen werden und gehörten schon 1960 beim Eucharistischen Weltkongress in München zum Standard. 1.750 Helferinnen und Helfer der Malteser stellten damals mit allen bundesweit verfügbaren Einsatzfahrzeugen den Sanitätsdienst sicher.

Das Tintenschälchen

Früh zeigten die Malteser ihr sanitätsdienstliches Können auch auf internationaler Bühne, so etwa 1961 mit einem zweiten Platz bei der ersten Teilnahme am internationalen Erste-Hilfe-Wettbewerb der Casualties Union in London oder 1963 mit einem zweiten und dritten Platz der Kölner Malteser beim internationalen Wettbewerb in Gemert/Holland.

Unvergessen die Übung mit Tintenschälchen auf weiß überzogener Trage: Jeder Tintenspritzer gab Minuspunkte. 

Und 1977 startete dann mit dem ersten „Bundeswettbewerb der Sanitätsgruppen“ in Homburg/Saar eine für den Hilfsdienst höchst wertvolle eigene Reihe von Wettbewerbs- und Gemeinschaftsveranstaltungen auf Bundesebene.

Sanitätseinsätze - Meilensteine

  • 1954: DJK-Sportfest in Münster
  • 1960: Eucharistischer Weltkongress in München
  • 1974/75: Erstmals beim Heiligen Jahr auf dem Petersplatz in Rom
  • 1980/87: Papst Johannes Paul II in Deutschland
  • 1991: Erstmals Loveparade Berlin
  • 1998: Erstmals in Medjugorje/Bosnien-Herzegowina (Ostern bis 1. Advent)
  • 2005: Weltjugendtag in Köln
  • 2006/11: Papst Benedikt XVI in Bayern und Deutschland

„Päpstliche Sanitätsgarde“

Dass die Malteser als die katholische Hilfsorganisation in Deutschland von Beginn an bei Wallfahrten und Katholikentagen für den Sanitätsdienst - und meist auch mehr - verantwortlich sind, liegt nahe. Dass sie darüber hinaus auch international gefragt sind, wie etwa seitens des Malteserordens für den Sanitätsdienst auf dem Petersplatz in Rom während der Heiligen Jahre, kommt hinzu. Dass sie sich darüber hinaus zu einer „Päpstlichen Sanitätsgarde“ entwickelten, wie Benedikt XVI schmunzelnd bestätigte, hat nicht nur mit höherer Fügung, sondern auf jeden Fall auch etwas mit ihrer enormen Leistungsfähigkeit im Verbund der Gliederungen zu tun.

So kam es 2005 beim Weltjugendtag mit Papst Benedikt XVI in Deutschland zum bisher größten Einsatz in der Geschichte des Hilfsdienstes. Ehrenamtliche Malteser fuhren im Vorfeld der Veranstaltung das Weltjugendtagskreuz ein Jahr durch die deutschen Diözesen, halfen Menschen mit Behinderung, an den Veranstaltungen teilzunehmen, und sorgten für den Sanitätsdienst bei den Großereignissen – mit 2.800 Einsatzkräften allein in den abschließenden Tagen in Köln.

Erinnerungen an den Sanitätseinsatz auf dem Petersplatz im Heiligen Jahr 1975
Dirk Jochmann/Malteser
Erinnerungen an den Sanitätseinsatz auf dem Petersplatz im Heiligen Jahr 1975
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Papst Johannes Paul II 1980 in Deutschland
Malteser Archiv
Papst Johannes Paul II 1980 in Deutschland
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Bei der Trauerfeier für Johannes Paul II im August 2005 in Rom
Bei der Trauerfeier für Johannes Paul II im August 2005 in Rom
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Beim Weltjugendtag 2005 (hier auf dem Marienfeld nahe Köln) ...
Wolf Lux/Malteser
Beim Weltjugendtag 2005 (hier auf dem Marienfeld nahe Köln) ...
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... kam es zum bislang größten Einsatz des Malteser Hilfsdienstes, ...
Wolf Lux/Malteser
... kam es zum bislang größten Einsatz des Malteser Hilfsdienstes, ...
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... der weit über den Sanitätsdienst hinausreichte.
Wolf Lux/Malteser
... der weit über den Sanitätsdienst hinausreichte.
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Papst Benedikt XVI 2011 in Etzelsbach/Thüringen
Tobias Grosch/Malteser
Papst Benedikt XVI 2011 in Etzelsbach/Thüringen
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Ameland, Nürburgring, Kuwait

Ehrenamtliche Sanitätsdienste bei Sportveranstaltungen, Konzerten, Brauchtumsfesten oder auch im Theater gehören zum guten Alltag der Malteser vor Ort und tragen ihren Teil zur Finanzierung der Gliederungen bei.

Doch immer wieder sind auch besondere Einsätze dabei:

  • So betreuen die Münsteraner Malteser seit Anfang der 60er Jahre zur Hauptferienzeit bis zu 9.000 Kinder sanitätsdienstlich auf der niederländischen Nordseeinsel Ameland,
  • stellen die Mönchengladbacher Malteser mit Unterstützung aus dem Umfeld seit 1975 den Sanitätsdienst im Borussia-Park,
  • waren Malteser ab 1993 auf dem Nürburgring auch bei Formel-1-Rennen für den Sanitätsdienst im Innenraum verantwortlich und
  • beteiligte sich das „Emergency Corps of the Order of Malta“ (ECOM) 1995 mit deutschen Einsatzkräften im Auftrag der Vereinten Nationen am Sanitätsdienst für die UNO-Truppen im kuwaitisch-irakischen Grenzgebiet.

Und die sanitätsdienstliche Fortbewegung findet auch schon mal auf dem Fahrrad, dem Segway, dem Offroader oder dem Pferderücken statt.

Orks mal ganz freundlich

„Ehre den Sanis!“ grüßen auch die sonst so grimmigen Orks die Malteser auf dem Drachenfest, Europas größtem Live Action Role Play im hessischen Diemelstadt. Denn die 60 Einsatzkräfte aus Nordrhein-Westfalen stehen rund um die Uhr bereit, die nicht nur in kriegerischen Auseinandersetzungen erworbenen Blessuren der 4.500 Spielerinnen und Spieler zu versorgen. Und die sieben Jahrzehnte Malteser Sanitätsdienst geben ihnen Recht: „Ehre den Sanis!“